Irreführend: Das Münchener Oktoberfest geht nicht nach Dubai

Das Oktoberfest gehört nach München und nicht nach Dubai urteilte das Landgericht München I. Die Richter erklärten den Werbespruch „Oktoberfest goes Dubai“ für irreführend und damit für rechtlich unzulässig.

Zum zweiten Mal in Folge verhindert die Corona-Pandemie auch in diesem Jahr die nicht nur von der bayerischen Bevölkerung geliebte Münchner Wiesn. Wieder musste das weltweit bekannteste und über 70 Jahre alte Volksfest wegen der Corona-Gefahren abgesagt werden.

Oktoberfest goes Dubai

Zwei findige Veranstalter kamen daher auf die Idee, im Wüstenemirat Dubai ein Ersatzfest zu veranstalten. Oktoberfest im Wüstenemirat bei sengender Hitze - für manchen traditionsbewussten Bayern wohl eine irre Vorstellung, aber vielleicht gerade deshalb vielleicht auch eine verlockende Nummer. Die Veranstalter beschlossen daher, Schausteller und Gastronomen für die von ihnen geplante Veranstaltung im Wüstenstaat anzuwerben. Dies taten sie unter dem als Aufreißer gedachten Heading: „Oktoberfest goes Dubai“. Auf einem mit diesem Werbespruch versehenen bebilderten Plakat warb der Veranstalter darüber hinaus öffentlich für das von ihm geplante Wüstenfest und fügte ergänzend hinzu: „Wenn bayerische Lebensfreude auf die Wüste trifft“.

Antrag auf einstweilige Verfügung

Das Vorhaben rief die Stadt München und auch den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder auf den Plan. Unmöglich, unwürdig, abwegig - das waren die ersten Reaktionen. Reaktionsstufe 2 war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG München. Die Nutzung dieses urbayerischen und traditionsreichen Begriffs des Oktoberfestes für eine Veranstaltung in einem völlig unbayerischen, arabischen Wüstenemirat das ging aus Sicht der Stadtoberen nun wirklich nicht zusammen und musste daher gerichtlich untersagt werden.

Kann das Oktoberfest überall sein?

Die gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommenen Veranstalter bewerteten ihr Vorhaben völlig anders. Nach deren Auffassung ist der Begriff „Oktoberfest“ markenrechtlich und kennzeichenrechtlich nicht schutzfähig, da es sich um einen allgemein gebräuchlichen Allerweltsbegriff handle, der überall auf der Welt für diverse Feste im Oktober verwendet würde. Das Publikum assoziiere mit dem Begriff „Oktoberfest“ nicht allein die Münchner Variante. Auch sei die Formulierung „Oktoberfest goes Dubai“ nicht so zu verstehen, dass das Münchener Oktoberfest quasi nach Dubai umziehe. Der englische Begriff „goes“ beinhalte eine solche enge Auslegung gerade nicht, sondern weise nur allgemein auf den Veranstaltungsort hin.

Veranstalter halten Verfügungsantrag für verfristet

Die in Anspruch genommen Veranstalter bestritten auch das Vorliegen des für das eingeleitete Eilverfahren erforderlichen Verfügungsgrundes. Sie wiesen darauf hin, dass ihr Vorhaben bereits seit Frühjahr 2021 allgemein bekannt sei. Bereits im März habe der Stadtrat in München eine ausführliche Präsentationsmappe über das Vorhaben erhalten. Eine einstweilige Verfügung mit besonderer Eilbedürftigkeit müsse in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kenntnis eines tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsverstoßes beantragt werden, sonst sei mangels Dringlichkeit kein Verfügungsgrund gegeben. Inzwischen seien Monate seit Bekanntwerden des Vorhabens vergangen, eine Eilbedürftigkeit des Antrags sei daher nicht mehr zu erkennen

Werbeplakat suggeriert eine Verlegung des Oktoberfestes nach Dubai

Das LG ließ sich von den Argumenten der Veranstalter nicht beeindrucken.

  • Die Bezeichnung „Oktoberfest goes Dubai“ in verschiedenen Zusammenhängen bedeutet nach Auffassung des LG eine unzulässige Ausbeutung des weltweit untadeligen Rufs des Münchener Oktoberfestes in wettbewerbswidriger Weise sowie
  • eine Irreführung der Verbraucher. Der Begriff Oktoberfest werde fast in der ganzen Welt zuerst mit dem Münchner Oktoberfest assoziiert.
  • Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise werde aus der von den Veranstaltern gewählten Formulierung den unrichtigen Schluss ziehen, das Münchner Oktoberfest werde nach Dubai verlegt oder weiche im Corona-Jahr dorthin aus.

Ist das Oktoberfest in München eine Aufgabe der allgemeinen Daseinsvorsorge?

Die Einwendung der Verfügungsbeklagten, die Stadt sei nicht antragsberechtigt, weil es sich nicht um einen Gegenstand der laufenden Verwaltung handele, beantwortete der Vorsitzende Richter mit dem Hinweis, das Oktoberfest gehöre in München möglicherweise zur allgemeinen Daseinsvorsorge. Endgültig beantwortete das Gericht die Frage allerdings nicht.

Gesamteindruck der Werbung stellt Bezug zum Münchener Oktoberfest her

Das Gericht legte Wert auf die Feststellung, dass Gegenstand des Verfahrens nicht isoliert der Begriff des Oktoberfestes ist. Vielmehr gehe es um den durch die Bewerbung erweckten Gesamteindruck durch Verwendung der Formulierung „Oktoberfest goes Dubaiin Zusammenhang mit der Bebilderung und den weiteren Sprüchen der Werbeplakate. Diese stellten einen eindeutigen Bezug zum Münchener Original-Oktoberfest her, der in Wirklichkeit nicht gegeben sei.

Unterlassungsantrag erfolgreich

Das Unterlassungsbegehren der Stadt München hatte damit im wesentlichen Erfolg. Das vom LG erlassene Verbot der Bewerbung der von den Veranstaltern geplanten Festlichkeit in Dubai unter Verwendung des Begriffs „Oktoberfest goes Dubai“ mit dazugehöriger Abbildung gilt mit Erlass der Verfügung deutschlandweit. Gegen das Urteil können die Veranstalter, ein ehemaliger Münchner Szenewirt sowie der Chefbetreiber des Berliner Weihnachtsmarktes, noch das Rechtsmittel der Berufung einlegen.

(LG München I, Urteil v. 25.6.2021, 17 HKO 7040/21)

Hintergrund:

Juristisch ist die Sache durchaus kompliziert. Weltweit finden jährlich ca. 3.000 Oktoberfeste von den Vereinigten Staaten über Südamerika bis nach China und Japan statt. Der Begriff der „Wiesn“ ist markenrechtlich geschützt, der Begriff „Oktoberfest“ aber nicht. Die Planung der Veranstalter für das Oktoberfest in Dubai ist gigantisch. Die Veranstaltung soll auf einem ähnlich großen Areal wie dem der Theresienwiese in München stattfinden. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ planen die Veranstalter mehr als 30 Bierzelte und eine Dauer des Oktoberfestes von über einem halben Jahr parallel zur Weltausstellung „Expo“. Erwartete Besucherzahl: 26 Millionen Menschen!

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