Im Teilzeitreferendariat zum juristischen Staatsexamen?

Referendariat in Teilzeit (und Examensklausuren künftig elektronisch am eigenen Laptop). Eine Änderung des Richtergesetzes soll diese moderat abgeänderte Variante der Juristenausbildung (- 20%) bei Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen erlauben. Etwas spät, da zum Schutze der Familie gem. Art. 6 GG verfassungsrechtlich zwingend.

Bereits am 18.11.2020 hat die Bundesregierung einem vom Bundesjustizministerium erarbeiteten Gesetzentwurf zur Einführung des Teilzeitreferendariats für Juristinnen und Juristen zugestimmt. Nicht nur die Durchführung der Referendarzeit in Teilzeit, auch die elektronische Klausur am Laptop zu Hause als Ersatz für die schriftlichen Examensklausuren soll Realität werden.

Was soll an der Juristenausbildung geändert werden?

Der Gesetzentwurf sieht eine Ergänzung des § 5b DRiG um einen neuen Abs. 6 vor, der die Länder dazu verpflichtet, das juristische Referendariat auch in Teilzeit zu ermöglichen.

  • Die Reduktion der wöchentlich zu leistenden Ausbildungszeit um 20% ist allerdings sehr maßvoll.
  • Verpflichtend soll die Teilzeitoption für die Länder nur insofern sein, als Referendaren und Referendarinnen, die ein oder mehrere Kinder betreuen oder nahe Familienangehörige pflegen, diese Option zwingend eingeräumt werden muss.
  • Erforderlich seitens der betroffenen Referendare und Referendarinnen ist lediglich ein Antrag, in dem die Erfüllung der Voraussetzungen dargelegt wird.

Welches sind die Folgen für die Ausbildung?

Die juristische Referendarzeit in Teilzeit führt zu einer Reduzierung der wöchentlich zu leisten Ausbildungszeit auf 80 % und korrespondierend damit zu einer Verlängerung der Ausbildung auf 30 Monate. Der Ablauf des juristischen Vorbereitungsdienstes soll dadurch aber nicht geändert werden, d.h. die zu absolvieren Pflichtstationen werden im gleichen Rhythmus wie bisher gewechselt. Erst nachdem die regulären Referendarstationen durchlaufen sind, werden sechs Monate zusätzlich an den Vorbereitungsdienst angehängt. Dies soll in Form einer oder mehrerer ergänzender Ausbildungsstationen erfolgen.

Examensklausuren per Laptop

Der Gesetzesentwurf sieht eine Änderung des § 5 DRiG in einem weiteren Punkt vor. Den Ländern wird die Möglichkeit eingeräumt, die Examensklausuren auf elektronischem Wege zu ermöglichen. Diese Option ist allerdings fakultativ, d.h. den Ländern steht es zunächst frei, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Auch die nähere Ausgestaltung einer solchen elektronischen Abschlussprüfung bleibt den Ländern überlassen. Das elektronische Examen hätte für die Prüfungsämter nicht unerhebliche Vorteile. Es entstünde bei den Examensklausuren ein einheitliches Schriftbild, so dass keine Probleme mehr bei Beurteilung der Länge der Klausur sowie der Größe der Seitenränder bestünden.

Auch der Versand und die Korrektur der Klausuren soll auf rein elektronischem Wege möglich sein. Die in einer Testphase bereits im Jahr 2019 vom Land Sachsen-Anhalt hierzu gesammelten Erfahrungen waren durchweg positiv.

Juristenausbildung hängt anderen Branchen hinterher

Mit der Reform will der Gesetzgeber nachholen, was andernorts längst üblich ist. Im Lehrerreferendariat beispielsweise existiert die Teilzeitoption bereits seit langem. Das Deutsche Richtergesetz (DRiG) sieht demgegenüber bisher keine Möglichkeit vor, den juristischen Vorbereitungsdienst in Teilzeit auszuüben.

§ 5b DRiG sieht zwingend eine zweijährige Referendarzeit in Vollzeit mit anschließendem zweitem juristischen Staatsexamen als Abschluss vor. Dies ist umso erstaunlicher, als das Berufsbildungsgesetz schon seit dem Jahr 2005 die Option der Ableistung von Berufsausbildungen in Teilzeit postuliert. Die Ausübung des Richterberufes ist gemäß § 48 a DRiG bereits seit mehr als 50 Jahren in Teilzeit möglich.

Teilzeitoption ist laut Verfassung geboten

Bereits im Jahr 2017 hatte der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Teilzeitausbildung beschlossen, der wegen anschließend entstandener Unstimmigkeiten zwischen den Ländern dann aber nicht den Weg zum Bundestag fand. Inzwischen besteht Einigkeit, dass die Teilzeitoption aus Gründen der beruflichen Chancengleichheit im Sinne von Art. 12, 3 GG aber auch aus Gründen des Schutzes der Familie gemäß Art. 6 GG verfassungsrechtlich zwingend erforderlich ist.

Teilzeit ist kein Referendariat „light“

Infolge der Verlängerung der Referendarzeit um sechs Monate ist das Teilzeitreferendariat kein reduzierter Vorbereitungsdienst, sondern eine dem regulären juristischen Vorbereitungsdienst in Vollzeit völlig gleichwertige Ausbildung. Auch die Examensanforderungen bleiben exakt gleich.

Die Einführung könnte noch dauern

Erst einmal muss der überfällige Gesetzentwurf den Weg in den Bundesrat und anschließend ins Parlament finden. Darüber hinaus sieht der Entwurf für die erforderlichen organisatorischen Vorbereitungen der Länder einen Vorlauf von 18 Monaten vor. Eine Evaluierung der Erfahrungen mit der neuen Teilzeitoption soll allerdings bereits drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes durchgeführt werden. Nicht zuletzt die Intensität des Engagements der einzelnen Bundesländer für die Umsetzung des Entwurfs dürfte entscheidenden Einfluss darauf haben, ob das Teilzeit-Referendariat in absehbarer Zeit Realität werden kann.

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