Eigenwillige Schmerzensgeldurteile - vorsichtig bissig!

Schmerzensgeldforderungen gehören zu den ältesten juristischen Forderungen. Wiedergutmachungen im germanischen Recht hatten es in sich, doch auch das amerikanische Rechtssystem ist diesbezüglich nicht ohne. Doch Deutschland holt wieder auf: Nachdem sich in in den letzten Jahren die Höhe der hier zuerkannten Schmerzensgeldbeträge moderat nach oben entwickelt hat, wirken zugleich auch bei uns manche Entscheidungen kurios.

Einige bemerkenswerte und ungewöhnliche Fallkonstellationen zeigen die Vielfalt und auch die spezielle Problematik bei der Zuerkennung und der Bemessung von Schmerzensgeldbeträgen.

Das mangelhafte Tattoo

Eine junge Frau aus dem Ruhrgebiet hatte sich im März 2011 ein Tattoo auf ihrem rechten Schulterblatt stechen lassen. Als Motiv hatte sie sich eine farbige Blüte nebst umgebender Blütenranken vorgestellt. Das fertig gestellte Werk war eine einzige Enttäuschung. Die Linien und Farbverläufe waren unregelmäßig, es hatten sich Kanten gebildet. Die Ästhetik, die der Entwurf ausgestrahlt hatte, stellte sich nicht annähernd ein.

Die junge Frau verlangte Schadensersatz für die Entfernung des misslungenen Werks sowie Schmerzensgeld für die hierdurch entstehenden Schmerzen. Das LG sprach der Klägerin den geltend gemachten Schadensersatz sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 750 EUR zu. Das aufgebrachte Tattoo stellte nach Auffassung  des LG eine Körperverletzung der Klägerin dar. Diese sei nicht durch Einwilligung der Klägerin gerechtfertigt gewesen, da die Ausführung nicht annähernd dem von der Klägerin gebilligten Entwurf gesprochen habe. Das OLG bestätigte die Entscheidung. Eine Nacherfüllung sei nicht zumutbar, da deren Duldung mit körperlichen Schmerzen verbunden und aufgrund der wenig professionellen Erstausführung durch die Beklagte das Vertrauen der Klägerin in deren Fähigkeiten verloren gegangen sei (OLG Hamm, Beschluss v. 25.04.2014, 12 U 151/13).

Vom Geldautomaten gebissen

Ein Bankkunde wollte im Raum Düsseldorf bei der Targo-Bank Geld aus dem Geldautomaten ziehen. Er geriet dabei an ein Exemplar, das auch für Einzahlungen genutzt werden kann. Der Ausgabeschaft war dadurch etwas breiter und tiefer als üblich. Als der Bankkunde in das Fach griff, um das Geld herauszuziehen schnappte  plötzlich die Klappe zu. Die Hand wurde gequetscht und blutete stark. Das Personal der Bank musste dem Kunden helfen, seine Hand wieder zu befreien.

Ein Arzt stellte später fest, dass sogar ein Finger gebrochen war. Das Gericht wies den Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch des Betroffenen zurück. Die Richter sahen kein Verschulden der Bank, da der Automat sieben Jahre lang tadellos gearbeitet habe. Eine Verkehrssicherungspflicht habe die Bank nicht verletzt, da sie mit einem solchen „Beißverhalten“ des Automaten nicht rechnen musste (LG Düsseldorf, Urteil v. 06.05.2014, 6 O 330/13).

Von der Katze gebissen

Eine Tierarzthelferin hatte ihren Chef verklagt. Ein Kater, der in der Tierklinik kastriert werden sollte, zeigte sich renitent und versuchte zu entkommen. Der Arbeitgeber wies seine Arzthelferin an, das Tier einzufangen, obwohl er davon ausgehen musste, dass es beim Einfangen eines renitenten Tieres zu Verletzungen kommen könne. Wie befürchtet, so geschah es denn auch.

Die Katze biss der Arzthelferin in die Hand. Diese verlangte vor dem Arbeitsgericht Schmerzensgeld von ihrem Chef. AG und LAG wiesen die Klage ab. Nach Auffassung des LAG tritt bei Arbeitsunfällen grundsätzlich die sozialversicherungsrechtliche Gesamthaftung der Berufsgenossenschaft anstelle der privaten Haftung ein. Dies stelle hinsichtlich eintretender gesundheitlicher Schäden grundsätzlich einen Vorteil für den Betroffenen dar. Allerdings sei ein Schmerzensgeldanspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung ausgeschlossen. Daneben komme eine zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers nur bei Vorsatz in Betracht, der vorliegend aber nicht nachzuweisen sei (LAG Frankfurt, Urteil v. 31.08.2009, 13 Sa 2141/08).


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