eBay: Kölner Gastronomen ersteigern Düsseldorfer Schiff

Das LG Düsseldorf verurteilte die örtliche Rheinschifffahrtsgesellschaft zur Herausgabe der „MS Stadt Düsseldorf“ an vier Kölner Gastronomen – die  hatten das Schiff wirksam bei eBay ersteigert.

Die in Düsseldorf ansässige Rheinschifffahrtsgesellschaft „Weiße Flotte GmbH“ hatte ihr Passagierschiff „MS Stadt Düsseldorf“ über die Internetplattform eBay zum Verkauf angeboten. Vier Kölner Gastronomen haben das Schiff schließlich in einer Auktion für 75.050 Euro ersteigert.

Weiße Flotte hatte deutlich höhere Preisvorstellung

Der auf diese Weise erzielte Kaufpreis lag deutlich unter der wesentlich höheren Preisvorstellung der Verkäuferseite. Die „Weiße Flotte GmbH“ verweigerte gegenüber den Gastronomen die Übereignung und Übergabe des Schiffes mit der Begründung, es sei kein wirksamer Übertragungsvertrag zu Stande gekommen. Das Schiff sei im Binnenschiffsregister eingetragen und könne ebenso wie ein Grundstück nicht ohne Beachtung zwingender Formvorschriften übertragen werden.

Weiße Flotte beanstandet Auktionsablauf

Die Weiße Flotte beanstandete darüber hinaus den nach ihrer Auffassung nicht ordnungsgemäßen Ablauf der Auktion. EBay habe eine spezielle Sicherheitsfunktion bei der Auktion eingesetzt, die dazu geführt habe, dass Bieter oberhalb der Schwelle von 50.000 Euro zu einer Verifizierung aufgefordert worden seien. Dies habe dazu geführt, dass einige potentielle Bieter keine Gebote abgegeben hätten.

Bieter nicht über Schiffshypothek informiert

Schließlich sei die Auktion wegen mangelhafter Information der Bieter anfechtbar. Bei der Beschreibung des Schiffes auf der eBay-Seite sei eine Schiffshypothek über 1,4 Millionen Euro nicht angegeben worden. Die Reederei, zu deren Gunsten die Schiffshypothek besteht, habe die Übertragung daher rechtswirksam angefochten.

Kölner Gastronomen klagen auf Herausgabe

Die vier Kölner Gastronomen wollten sich durch diese Einwendungen nicht ihren eBay-Coup verderben lassen. Sie klagten gegen die Schifffahrtsgesellschaft auf Herausgabe und Übereignung des Schiffes.

Kölner Sieg beim Düsseldorfer LG

Im ewigen Städtezwist zwischen Köln und Düsseldorf erlitt nun das Düsseldorfer Schifffahrtsunternehmen ausgerechnet vor dem LG Düsseldorf eine empfindliche Schlappe. Das LG gab den Kölner Gastronomen recht und verurteilte die „Weiße Flotte GmbH“ zur Herausgabe des Schiffes. Das LG wies die Beklagtenseite darauf hin, dass der Verkauf eines Binnenschiffes unabhängig von der Eintragung in einem Binnenschiffsregister ohne Einhaltung besonderer Formvorschriften möglich ist.

Ebay-Auktion mündete in wirksamem Kaufvertrag

Die über eBay eingeleitete Auktion sei in einem ordnungsgemäß geschlossenen Kaufvertrag mit den Höchstbietenden, also den vier Kölner Gastronomen gemündet. Die Auktion sei auch ordnungsgemäß abgewickelt worden. In der von der Internetplattform eBay eingesetzten Verifizierungsfunktion sah das LG keinen Grund zur Beanstandung. Die Verifizierungsfunktion sei von eBay in dessen Auktionsbedingungen aus Sicherheitsgründen bei Geboten über 50.000 Euro grundsätzlich vorgesehen und keine Besonderheit der konkret durchgeführten Auktion.

Kein Anfechtungsrecht wegen Informationslücke zu Schiffshypothek

Schließlich berechtigt die angeblich vergessene Information über die Schiffshypothek im Wert von 1,4 Millionen Euro nach Auffassung des LG die Schifffahrtsgesellschaft nicht zur Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums. Die Schifffahrtsgesellschaft selbst habe Kenntnis von der Hypothek und damit keine irrige Vorstellung über die rechtliche Beschaffenheit der Kaufsache gehabt.

„MS Stadt Düsseldorf“ liegt künftig vor Köln

Im Ergebnis muss die „Weiße Flotte“ das Schiff an die Kölner Gastronomen herausgeben. Der Werbeeffekt dürfte ebenso groß sein wie der Triumph über den gelungenen Kölner Coup gegen das Düsseldorfer Schifffahrtsunternehmen, wenn die „MS Stadt Düsseldorf“ demnächst vor der Rheinstadt Köln auftaucht. Das Düsseldorfer Schifffahrtsunternehmen kann die Entscheidung allerdings noch mit der Berufung anfechten.


(LG Düsseldorf, Urteil v. 12.4.2022, 8 O 321/20)


Hintergrund

Nach der Rechtsprechung münden eBay-Auktionen regelmäßig im Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags, und zwar nicht nach Versteigerungsregeln gemäß § 156 BGB, sondern nach den allgemeinen Abschlussregeln für Kaufverträge durch Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff BGB (BGH, Urteil v. 24.8.2016, VIII 100/15).

„Schnäppchenpreis“ kein Grund für Verkäuferanfechtung

Die Möglichkeit der Anfechtung ist auch bei einem deutlich unter dem Wert einer Kaufsache liegenden Gebot begrenzt. In einem viel beachteten Grundsatzurteil hat der BGH bereits im Jahr 2014 entschieden, dass über die Internetplattform eBay abgeschlossene Kaufverträge - sei es im Direktverkauf oder über eine Versteigerungsauktion - grundsätzlich einzuhalten sind, selbst wenn der Kaufpreis lächerlich niedrig ist. Nach Auffassung des BGH liegt gerade in der Möglichkeit, im Rahmen einer Auktion einen Gegenstand zum „Schnäppchenpreis“ zu erwerben, der Reiz einer solchen Auktion (BGH Urteil v. 12.11.2014, VIII ZR 42/14).

Anfechtung nur in krassen Ausnahmefällen

Etwas anderes gilt laut BGH nur in Fällen, in denen es sich um gestohlene Ware handelt, die Ware ohne Verschulden des Verkäufers vernichtet wird oder einen Defekt erleidet oder der Verkäufer sich beim Einstellen des Angebots bei der Preisangabe offensichtlich vertippt hat (BGH Urteil v. 8.6.2011, VIII ZR 305/10). Im Fall eines eBay-Direktkaufs eines gebrauchten BMW 318d für 1 Euro mit einem Schätzwert von mindestens 12.000 Euro hat das OLG Frankfurt dem Verkäufer ein Anfechtungsrecht mit der Begründung zugebilligt, dass aus dem Kontext des Angebots für den Käufer hätte ersichtlich sein müssen, dass der Verkäufer das Fahrzeug nicht für 1 Euro zum Kauf anbieten, sondern an den Höchstbietenden habe versteigern wollen (OLG Frankfurt, Beschluss v. 14.5.2020, 6 U 155/19).