Colours of law

Dreiste Überstundenklage kostet LKW-Fahrer den Job


Dreiste Überstundenklage kostet LKW-Fahrer den Job

Wer sich Überstunden schwarz bezahlen lässt und anschließend in betrügerischer Absicht doppelt abkassieren will, muss sich über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wundern – die Kündigung ist wirksam.

Das LAG Rheinland-Pfalz hatte sich in 2 parallel geführten Berufungsverfahren mit der Klage eines Lkw-Fahrers auf Zahlung von Überstunden und dessen Kündigungsschutzklage zu befassen. Der Arbeitnehmer wollte besonders clever sein und die Vergütung für seine Überstunden doppelt kassieren.

Überstundenvergütung „schwarz“ erhalten

Der Lkw-Fahrer leistete in einem familiär geführten Unternehmen regelmäßig eine größere Zahl an Überstunden. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch erfolgte die Bezahlung der Überstunden wie folgt: Er erschien einmal monatlich zum sonntäglichen Treffen der Unternehmerfamilie mit gemeinsamem Essen. Zu diesen Treffen brachte er handschriftlich gefertigte Abrechnungszettel mit. Auf deren Grundlage erhielt er die jeweils angefallenen Überstunden in bar ausgezahlt, allerdings „schwarz“, d.h. ohne Lohnabrechnung und ohne dass er den Erhalt der jeweiligen Vergütung quittierte. Insgesamt erhielt er auf diese Weise die Vergütung für über 570 geleistete Überstunden. Die Abrechnungszettel wurden im Anschluss an die Zahlung absprachegemäß vernichtet.

Arbeitnehmer wollte doppelt abkassieren

Nachdem dieses Verfahren eine Weile zur Zufriedenheit aller Beteiligten problemlos funktionierte, hatte der Arbeitnehmer eine - aus seiner Sicht - besonders clevere Idee: Er wollte die Vergütung für die Überstunden von seinen Chefs nochmals kassieren. Da die bisherigen Zahlungen nicht quittiert waren, vermutete er zurecht Beweisschwierigkeiten der Firma für die geleisteten Zahlungen. Außerdem rechnete er damit, dass das Unternehmen die Schwarzzahlungen - schon um leitende Mitarbeiter nicht in strafrechtlich relevanter Weise zu belasten - vor Gericht nicht offenlegen würde.

Überstundenklage beim ArbG erfolgreich

Der Lkw-Fahrer klagte vor dem zuständigen ArbG auf erneute Vergütung der bereits bezahlten Überstunden. Sein Kalkül ging auf. Das ArbG verurteilte das beklagte Unternehmen zur Zahlung von ca. 8.500 EUR für geleistete Überstunden.

Kündigung wegen Betrugsversuchs

Die Reaktion des Unternehmens auf das arbeitsgerichtliche Urteil war eine zweifache: Es legte gegen das Zahlungsurteil des ArbG Berufung beim LAG ein und erklärte dem LKW-Fahrer die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Auch hier zeigte der LKW-Fahrer sofort Initiative und reichte Kündigungsschutzklage ein, die zunächst wiederum zu seinen Gunsten ausging.

In den Berufungsverfahren flog der Betrug auf

In den vor dem LAG parallel geführten Berufungsverfahren über die Zahlungsklage und die Kündigungsschutzklage kam in einer umfangreichen Beweisaufnahme die Wahrheit ans Licht. Insbesondere vom Kläger selbst über WhatsApp versandte verräterische Nachrichten, aber auch handschriftliche Abrechnungszettel und Aussagen von Mitgliedern der Unternehmerfamilie belegten, dass der Kläger die Vergütung für die geleisteten Überstunden bei den sonntäglichen Familientreffen von seinem Vorgesetzten und teilweise auch von dessen Vater in bar erhalten hatte.

LKW-Fahrer verliert Zahlungs- und Kündigungsschutzklage

Im Ergebnis unterlag der LKW-Fahrer damit in 2. Instanz sowohl mit seiner Zahlungsklage als auch im Kündigungsschutzverfahren. Das LAG bewertete die Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG als sozial gerechtfertigt. Der Kläger habe durch die in betrügerischer Absicht eingereichte Zahlungsklage seine arbeitsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Unternehmen gemäß § 241 Abs. 2 BGB in erheblichem Umfang verletzt (BAG, Urteil v. 30.7.2020, 2 AZR 43/20) und damit seiner Arbeitgeberin einen hinreichenden Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung geliefert.

Vertrauensgrundlage nachhaltig zerstört

Durch sein Verhalten hatte der Kläger nach Auffassung des LAG die Vertrauensgrundlage für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unwiederbringlich zerstört (BAG, Urteil v. 23.10.2014, 2 AZR 644/13), sodass die erklärte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung wirksam war. Eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses sei für die Beklagte nicht zumutbar.

Fehlkalkulation auf ganzer Linie

In einem gegen den Kläger eingeleiteten Betrugsstrafverfahren droht ihm darüber hinaus eine Geldstrafe, die auch die schwarz erhaltene, ursprüngliche Überstundenvergütung aufzehren könnte. Cleverness sieht anders aus!


(LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 27.3.2025, 2 SLa 253/24)

0 Kommentare
Das Eingabefeld enthält noch keinen Text oder nicht erlaubte Sonderzeichen. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingabe, um den Kommentar veröffentlichen zu können.
Noch keine Kommentare - teilen Sie Ihre Sicht und starten Sie die Diskussion