Die sehr teure Nachbesserung eines mangelhaften Brautkleids

Sitzt das Brautkleid nicht perfekt und steht der Hochzeitstermin kurz bevor, muss die Braut dem Verkäufer des Kleides dennoch Gelegenheit zur Nachfüllung geben. Lässt die Braut die Anpassung anderweitig vornehmen, bleibt sie auf den Kosten sitzen.

So jedenfalls hat es das LG Nürnberg entschieden. Schon acht Monate vor dem Hochzeitstermin im November 2015 hatte die junge Braut sich für ihr Traumkleid entschieden. Stolze 2.548 Euro rief das Brautmodengeschäft als Preis für das kostbare Stück auf. Für den schönsten Tag in ihrem Leben war es der jungen Braut das wert.

Kurz vor der Hochzeit: Brautkleid sitzt nicht perfekt

Zwei Wochen vor der Hochzeit fiel der Braut der an einigen Stellen nicht ganz perfekte Sitz des Brautkleides auf. Sie wandte sich erneut an das Brautmodengeschäft, ließ das Brautkleid von der dortigen Schneiderin vermessen und gab die Anpassung des Brautkleids im Wege der Nacherfüllung in Auftrag. Als sie das Brautkleid nach einer Woche in Empfang nahm, war der Ärger groß, als das Kleid immer noch nicht richtig saß.

Hektik 5 Tage vor der Hochzeit: Das Kleid passt einfach nicht

Bis zum Hochzeitstermin waren es nun nur noch 5 Tage. Die junge Braut wurde hektisch. Ihr Vertrauen in die Schneiderkünste des Brautbodengeschäfts war erschüttert. Um bei der Hochzeit nicht ohne ein passendes Kleid dazustehen, wandte sie sich an eine als versiert bekannte Schneiderin. Diese schlug eine ganze Reihe von Änderungen vor. Nach Durchführung der Anpassungen standen 450 Euro auf der Rechnung.

War das Brautkleid schon gebraucht?

In der Braut keimte langsam ein fürchterlicher Verdacht auf. Sie mutmaßte, das Brautmodengeschäft habe ihr ein gebrauchtes Kleid zu einem unverschämten Preis angedreht. Sie wandte sich an die Innung. Dort wurde ihr eine Schneidermeisterin als Sachverständige empfohlen. Diese stellte zahlreiche Mängel fest. In ihrem schriftlichen Gutachten kam sie zu dem Ergebnis, dass das Brautkleid nicht der für ein Kleid dieses Kostenrahmens üblichen Beschaffenheit entsprach.

2.000 Euro Sachverständigenkosten

Die Rechnung für die Tätigkeit der sachverständigen Schneiderin war gepfeffert. Glatte 2.000 Euro stellte sie für ihr Gutachten in Rechnung. Die Gutachterkosten und die Kosten für die erfolgten Änderungen wollte die inzwischen erfolgreich verheiratete Ehefrau von dem Brautmodengeschäft ersetzt haben.

Als dieses sich weigerte, schaukelte die Angelegenheit sich weiter hoch. Die Kundin verklagte den Inhaber des Brautmodengeschäfts u.a. auf Ersatz der ihr entstandenen Kosten.

Waren die Mängel nur eingebildet?

Der Inhaber des Brautmodengeschäfts bestritt vor Gericht sowohl die Behauptung der Klägerin, das Brautkleid sei zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits gebraucht gewesen als auch die Richtigkeit der Feststellungen der sachverständigen Schneiderin. Nach Auffassung des Beklagten war das Brautkleid von hoher Qualität und wies keinerlei Mängel auf. Außerdem seien die Ansprüche der frischgebackenen Ehefrau auch deshalb unbegründet, weil sie dem Brautmodenladen nicht hinreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe.

Zweites Gutachten vor Gericht

Das Gericht beauftragte einen zweiten Sachverständigen mit der Begutachtung des Brautkleides. Dieser konnte zwar nicht bestätigen, dass das Brautkleid vor dem Verkauf an die Klägerin bereits eine andere Braut geschmückt hatte, Mängel fand allerdings auch er.

Die Braut hätte dem Beklagten eine zweite Chance einräumen müssen

Auf die Fehlerhaftigkeit des Brautkleides kam es dem LG im Ergebnis aber nicht mehr an. Nach Auffassung des LG hätte die Klägerin nach Durchführung der ersten Anpassung dem Brautmodengeschäft eine weitere Gelegenheit geben müssen, die von ihr gerügten Mängel nochmals zu prüfen und gegebenenfalls zu beheben. Jeder Verkäufer habe das Recht auf eine zweite Chance. Erst wenn ein zweiter Nachbesserungsversuch fehlgeschlagen wäre, wäre nach Auffassung des LG die Nachbesserung endgültig gescheitert gewesen.

Erneuter Nachbesserungsversuch 5 Tage vor dem Hochzeitstermin ist zumutbar

Das LG zeigte kein Verständnis für die bei der Klägerin aufgetretene Hektik kurz vor dem Hochzeitstermin. Zwar habe die Käuferin dem Verkäufer keine Gelegenheit zu einem zweiten Nachbesserungsversuch geben müssen, wenn dies für sie unzumutbar gewesen wäre, eine solche Unzumutbarkeit sei aber auch fünf Tage vor dem Hochzeitstermin nicht gegeben. Schließlich gehöre zu dem Brautmodengeschäft eine Änderungsschneiderei mit einer gelernten Schneiderin, so dass kein objektiver Grund ersichtlich sei, an der Professionalität und Vertrauenswürdigkeit der Beklagten zu zweifeln. 5 Tage vor der Hochzeit sei für eine zweite Nachbesserung noch ausreichend Zeit gewesen.

Klage abgewiesen

Das Gericht wies die Klage daher im Ergebnis ab. Die Klägerin blieb damit auf sämtlichen ihr entstandenen Kosten sitzen. Im Ergebnis haben sich die Kosten für das Brautkleid für sie selbst bei bestehender Rechtsschutzversicherung mehr als verdoppelt.

(LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 27.3. 2020, 10 O 8200/17).

Anmerkung: Es stellt sich allerdings die Frage, warum das Gericht einen Gutachter beauftragte, wenn es auf dessen Einschätzung gar nicht ankam.

Weitere News zum Thema:

Schmerzensgeld vom Friseur

Gewährleistungsrecht am Fall einer liebeshungrigen Zahnarztgattin

Wann ist ein Geschenk zu teuer?