Nachwuchs für die Anwaltskanzlei mit richtigem Employer Branding

Eine starke Arbeitgebermarke und umfassend positive Candidate Experience sind heute für Bewerber essentiell bei der Suche nach dem neuen Job. Viele juristische Arbeitgeber tun sich jedoch mit einem authentischen und konsistenten Auftreten immer noch schwer. Was in global agierenden Unternehmen längst gang und gäbe ist, stellt insbesondere kleinere Kanzleien in Zeiten des “War for Talents” vor große Herausforderungen.

"Jetzt komm ich". So selbstbewusst drängt die Nachwuchsgeneration der Juristen heute auf den Arbeitsmarkt. Die derzeitige Marktsituation und der erhöhte internationale Wettbewerb zwingen Arbeitgeber dazu, allerlei Geschütze aufzufahren, um High Potentials die Bewerbung bei ihnen schmackhaft zu machen.

Im Kampf um Nachwuchstalente machen jetzt vermehrt Schlagworte wie “Candidate Experience” oder “Candidate Journey” die Runde unter Personalfachleuten. Sie sind Teil des seit einigen Jahren heiß diskutierten 'Employer Brandings', das nach aktuellen Erkenntnissen eine immer wichtigere Rolle bei der Mitarbeitergewinnung spielt.

Maßlos unterschätzt: Employer Branding in der Anwaltschaft

Für wie relevant speziell juristische Arbeitgeber Employer Branding und das Stärken der eigenen Arbeitgebermarke halten, hat kürzlich TalentRocket – Karriereplattform für Juristen – untersucht. Im Zuge der Studie wurden Interviews mit rund 50 der wichtigsten juristischen Arbeitgeber in Deutschland geführt. Vor dem Hintergrund des aktuellen Bewerbermarktes sind die Ergebnisse überraschend: Ein Großteil der befragten Personalverantwortlichen juristischer Arbeitgeber – darunter gleichermaßen internationale Großkanzleien wie auch mittelständische Kanzleien und kleinere Einheiten – empfinden Employer Branding tendenziell eher als unwichtiges Mittel bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter.

Warum die Candidate Journey schon lange vor der Bewerbung beginnt

In Zeiten eines unaufhörlichen Stroms an Informationen durch Social Media und der damit rasant ansteigenden Geschwindigkeit im Bewerbungsprozess jedoch, hat das lineare Bewerbungsverfahren auch in der Anwaltschaft längst ausgedient.

Die Bewerbung von der Stellenanzeige bis hin zum Vorstellungsgespräch und der Einstellung funktioniert heute nicht mehr so reibungslos, wie vor einigen Jahren noch. Nicht nur kommen weniger Nachwuchsjuristen auf den Arbeitsmarkt, auch kommunizieren potentielle Bewerber heute anders und erwarten längst ganz unterschiedliche Möglichkeiten, sich zu bewerben.

Juristische Arbeitgeber müssen sich an Veränderungen anpassen

An diese Veränderungen müssen sich auch juristische Arbeitgeber anpassen. Sie müssen sich für neue Wege von der Bewerbung bis zum Vorstellungsgespräch öffnen und dabei um die Ecke denken, potenziellem Nachwuchs eine positive Bewerberreise ermöglichen und vor allem eins: Langfristig die Werbetrommel für sich rühren. Denn wo Bewerber in einem Bewerbermarkt die Qual der Wahl haben, beginnt die gezielte Information schon weit vor der eigentlichen Arbeitgebersuche. Dies bemerkt auch Prof. Dr. Katharina Lugani von der Heinrich Heine Universität Düsseldorf im Interview mit TalentRocket:

“Heute sind die Studierenden potentiellen Arbeitgebern gegenüber deutlich früher und besser informiert.”

Employer Branding muss zur Chefsache werden

Die geringe Wertschätzung von Marketing- und HR-Themen geht in Kanzleien nicht selten von der Führungsetage aus. Um dem sich wandelnden Arbeitsmarkt fortschrittlich zu begegnen, könnte es eine Lösung sein, das Thema Employer Branding höher in der Kanzlei anzusiedeln. Längst ist es an der Zeit, dass entsprechende Fragen in der Partnerrunde an Relevanz gewinnen.

Ganz visionär gedacht müssten Marketing- und HR-Verantwortliche in der Konsequenz nicht einem Partner unterstellt sein, sondern selbst welche sein. In Unternehmen sind CMO und CHRO schließlich auch Teil des Vorstands.

Statt Bauchgefühl: Daten, Zahlen, Fakten.

Neben der fehlenden Wertschätzung der Arbeitgebermarkenbildung in der Führungsriege stehen Kanzleien oft vor einer weiteren Herausforderung: Das digitale Know-How zur Messbarkeit des Erfolgs von Employer Branding Maßnahmen fehlt häufig.

Nicht selten wird viel Zeit und Geld verpufft, obwohl einiges anhand von Kennzahlen eindeutig messbar ist. Diverse Studien zeigen, dass gerade mal 20 bis 30 Prozent der deutschen Unternehmen, welche Employer Branding betreiben, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen auch messen. Im Personalmarketing scheint sich die Erkenntnis zwar durchgesetzt zu haben, dass sich potenzielle Bewerber über digitale Kanäle gut erreichen lassen, eine umfassende Digitalisierungsstrategie ist aber oft fehl am Platz.

Schein und Sein oder alles nur Show?

Modernes Image aber in Wahrheit stockkonservativ. Auf dieses Dilemma stößt man in vielen Kanzleien. Meist entlarven Bewerber dieses Täuschungsmanöver aber noch lange vor der Anstellung – mit oft gravierenden Folgen für den Ruf eines Arbeitgebers.

Auch beim Employer Branding gilt deshalb: Ehrlich währt am längsten. Zum einen ist es zwar wünschenswert, dass juristische Arbeitgeber mit der Zeit gehen und Arbeitsabläufe, die Zusammenarbeit im Team und unbeliebte Gepflogenheiten in der Tat modernisieren. Zum anderen aber wird es Kanzleien nicht helfen, sich ein modernes Image zu verpassen und dann Talente für sich zu begeistern, die eigentlich gar nicht so recht passen. Auch Arbeitgeber mit traditionellen Werten können mit einem authentischen und konsistenten Auftreten jene Kandidaten ansprechen, die zu ihnen passen.

Anwaltskanzlei muss mit Alleinstellungsmerkmalen punkten

Welche Werte vertritt meine Kanzlei oder mein Unternehmen? Was macht mich als Arbeitgeber einzigartig und grenzt meine Marke vom Gros der anderen Arbeitgeber ab? Wie kann ich diese zentralen Werte intern und extern geschickt kommunizieren? Diese Fragen sollten sich juristische Arbeitgeber jetzt dringend stellen, um langfristig auch den Nachwuchs zu finden, der zu ihnen passt. All jene Arbeitgeber, die Employer Branding und das Stärken der eigenen Marke heute verpassen, werden diejenigen sein, die schon morgen im “War for Talents” das Nachsehen haben.

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