Colours of law: Wenn Mönche sich verzocken

Die „Ordensgemeinschaft  der Armen Brüder des heiligen Franziskus“ wäre fast in einem  Spekulationssumpf erstickt. Aus einem Millionenprozess in Düsseldorf gingen sie dann aber als Sieger hervor - manche meinen, nur aufgrund höheren Beistandes.

Die bis vor kurzem in Düsseldorf ansässige, im Jahre 1857 in Aachen gegründete „Ordensgemeinschaft der Armen Brüder des heiligen Franziskus“ war sozial äußerst engagiert und kümmerte sich um wohnungslose Menschen, unterhielt eine Armenküche und sorgte für Obdachlose in und um Düsseldorf. In seiner seit Jahrzehnten dauernden Tätigkeit hatte es der Orden – nicht zuletzt infolge großzügiger Spenden Düsseldorfer Unternehmen und Privatleute –  auf einen jährlichen Umsatz von ca. 28,5 Millionen Euro mit insg. rund 250 Beschäftigten gebracht.

Bruder Matthäus verspekulierte sich

Angesichts der Umsatzzahlen und der zeitweise nicht unerheblich im Plus befindlichen Kontostände befasste sich die Geschäftsleitung zunehmend mit den Möglichkeiten einer  Gewinn bringenden Anlage vorhandener Überschüsse. Der Vorstandsvorsitzende, Bruder Matthäus, war in Düsseldorf für sein Engagement, seine unermüdliche Hilfsbereitschaft und seinen täglichen Einsatz für Obdachlose stadtbekannt. Trotz seiner – oder vielleicht auch wegen – seiner unbestritten hohen sozialen Motivation, ließ er sich spätestens seit 2013 zu hochriskanten Finanzdeals hinreißen. Unter der Vermittlung von Finanzdienstleistern betätigte sich der Orden als Geldverleiher und erzielte so einträgliche Zinsen. An den dubiosen Dresdner Finanzdienstleister „Infinus“ flossen auf diese Weise mehrfach Millionenbeträge. In Höhe von 5,5 Millionen erhielt der Orden Zahlungen zurück, weitere 7,2 Millionen Euro dagegen sind wohl "futsch".

Insolvenzverwalter fordert über 5 Millionen vom Orden

Nachdem der Dresdner Finanzdienstleister Insolvenz anmelden musste, forderte der Insolvenzverwalter von der Ordensgemeinschaft die zurückgezahlten Darlehensvaluta in Höhe von 5,5 Millionen Euro zurück. Der Insolvenzverwalter focht die Rückzahlungsgeschäfte an mit der Begründung,

  • zum Zeitpunkt der Rückzahlung sei das Unternehmen bereits zahlungsunfähig gewesen und hätte daher die Gelder nicht mehr transferieren dürfen.
  • Darüber hinaus verwies der Insolvenzverwalter auf die anlässlich der Darlehenshingabe vereinbarten AGB des Finanzdienstleisters.
  • Diese enthielten eine Regelung, wonach Darlehen als so genannte Nachrangdarlehen im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensnehmerin oder deren Liquidation erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger bedient werden durften. 

Wirksamkeit der AGB für Ausgang des Rechtsstreits entscheidend

Da der Orden nicht zahlte, verklagte der Insolvenzverwalter die Armen Brüder auf Zahlung vor dem Düsseldorfer LG. Dieses folgte den Argumenten des Insolvenzverwalters nicht.

Die Richter ließen es dahinstehen, ob der Finanzdienstleister zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung im September/Oktober 2013 bereits überschuldet im Sinne von § 19 InsO war. Eine zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Überschuldung wäre nach Auffassung des LG nur dann von Bedeutung, wenn der in den AGB enthaltene insolvenzrechtliche Rangrücktritt zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden wäre.

In diesem Fall hätten die Armen Brüder keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens gehabt, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt in der Person des Darlehensnehmers ein Insolvenzgrund vorgelegen hätte (BGH, Urteil v. 5.3.2015, IX ZR 133/14).

AGB zu intransparent formuliert

Die entsprechende AGB des Finanzdienstleistungsunternehmens bewertete das LG als unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

  • Die verwendete AGB-Bestimmung lasse in ihrem ersten Teil darauf schließen, dass den nachrangigen Darlehensgebern selbst die nach § 39 InsO nachrangigen Insolvenzgläubiger vorgehen sollten,
  • während die weitere Formulierung lediglich vom Vorrang der einfachen Insolvenzgläubiger ausgehe.

Dieser offenkundige Widerspruch verstoße gegen das Transparenzgebot und gehe damit zu Lasten des Verwenders, so dass die gesamte Bestimmung gemäß § 307 BGB unwirksam sei.

Anfechtung des Rückzahlungsgeschäfts ging ins Leere

Nach Auffassung des LG konnte der Insolvenzverwalter eine Anfechtung des Rückzahlungsgeschäfts auch nicht auf § 134 Abs. 1 InsO stützen. Nach dieser Vorschrift sind unentgeltliche Leistungen anfechtbar, sofern sie nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind. Nach der Wertung des LG war die Rückzahlung der Darlehenssumme aber nicht unentgeltlich erfolgt, sondern als Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta durch den Darlehensgeber (OLG Düsseldorf, Urteil v. 20.5.2014, 12 U 87/13).

Orden nicht ungerechtfertigt bereichert

Da die Rückzahlung der Darlehen im Rahmen eines Gegenseitigkeitsverhältnisses erfolgte, hat der Orden nach der Wertung des LG die Rückzahlungsvaluta auch nicht rechtsgrundlos im Sinne von § 812 BGB erlangt, so dass auch ein Rückzahlungsanspruch aus dem Rechtsgrund der ungerechtfertigten Bereicherung nicht in Betracht kam. Das LG wies die Klage des Insolvenzverwalters daher in vollem Umfang ab.

(LG Düsseldorf, Urteil v. 24.3.2017, 10 O 308/15)

Infinus-Manager haben Geschäfte auf Kosten der Ärmsten gemacht

Gegen die Infinus-Manager läuft seit Monaten ein Strafprozess vor dem LG Dresden wegen Kapitalanlagebetrugs und  bandenmäßigem Betrugs im besonders schweren Fall. In dem dortigen Prozess geht es um veruntreute Milliardenbeträge einer fast unüberschaubaren Zahl von Anlegern.

Am Schluss nur noch zwei Mönche

Der Orden selbst hat durch den Vorgang einen erheblichen Reputations- und Imageschaden erlitten. Der Vertrauensverlust bei den Spendern führte zu einem kompletten Einbruch der Spendenbereitschaft. Der Orden hat die Stadt Düsseldorf inzwischen verlassen. Altersgründe spielten hierbei eine nicht unwesentliche Rolle; die beiden letzten verbliebenen Mönche sind schon weit über 70 Jahre alt.

Das Engagement für die Obdachlosen geht weiter

Das Sozialwerk des Ordens hat sich inzwischen neu aufgestellt und wurde einschließlich der meisten der 250 Mitarbeiter in die „Franziskanische Stiftung Johannes Höver“ überführt. Die Stiftung erwirtschaftet nach eigener Auskunft bereits wieder Überschüsse. Der neue Vorstandsvorsitzende Dirk Buttler zeigt sich erleichtert darüber, dass es in kurzer Zeit gelungen sei, das verlorene Vertrauen der Spender wieder zurückzugewinnen. Dem Sozialwerk sei es hierdurch wieder möglich, sich auf seine eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, nämlich Obdachlosen zur Seite zu stehen ihnen Unterkunft und Essen zu bieten. Dies sei besonders in der nun anbrechenden kalten Jahreszeit von Nöten, denn in fast allen Großstädten der reichen Bundesrepublik sind am Ende eines jeden Winters unter den Obdachlosen viel zu viele Todesfälle infolge Erfrierens zu beklagen.

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