Colours of law: Rechtsprofessoren für Drogenfreigabe

Jetzt wird's manchem zu bunt werden: „Legalize it“ ist das Motto, unter dem über 100 deutsche Rechtsprofessoren mit Blick auf den Cannabiskonsum die Überprüfung des Betäubungsmittelgesetzes fordern. Sie halten die deutsche Drogenpoltik für komplett verfehlt.

Renommierte Namen sind mit von der Partie: Der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel gehört ebenso dazu wie die bekannten Strafrechtskommentatoren Albin Eser und Lutz Meyer-Goßner sowie Claus Roxin.  Die Einberufung einer Enquete - Kommission durch den Bundestag fordern sie in einer gemeinsamen Petition – ein in der juristischen Professorenschaft singulärer Vorgang. Erklärtes Ziel:  Eine grundlegende Reform des Betäubungsmittelstrafrechts.

Drogenpoltik komplett verfehlt

Die bisherige Drogenpolitik in der Bundesrepublik gilt unter Experten als gescheitert. Mit dem seit dem Jahr 1981 geltenden Betäubungsmittelgesetz wurde das uneingeschränkte Verbot von Drogen lanciert. Für die Professoren ist diese Drogenprohibition sozialschädlich. Professor Dr. Lorenz Böllinger, seines Zeichens Strafrechtsprofessor, Diplompsychologe und Psychoanalytiker, hält die These vom Cannabiskonsum als Einstiegsdroge für einen Mythos, der mit der Realität nichts zu tun hat. Das Strafrecht habe im übrigen zu keinerlei Rückgang des Drogenkonsums geführt. Umgekehrt hätten Länder, in denen der Cannabiskonsum gestattet wurde, danach keinen signifikanten Anstieg des Drogenkonsums zu verzeichnen gehabt.

Die Drogenmafia ist der Nutznießer der bisherigen Politik

Schätzungen nach leben in Deutschland ca. 4 Millionen Cannabiskonsumenten. Diese sind darauf angewiesen, ihren Stoff aus illegalen Kanälen zu beschaffen. Das freut die Drogenmafia und schadet den Konsumenten. Nach Expertenmeinung sind mehr als 90 % des in Deutschland verbrauchten Cannabis mit anderen gefährlichen Substanzen verschnitten. Dies führt zu hohen Gesundheitsrisiken der Konsumenten und belastet letztlich das Krankenversicherungssystem. Durch eine rege Schwarzmarkttätigkeit entstehen riesige Kriminalitätsprobleme. Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden - besonders in Großstädten - sind mit den Aufgaben aus der Bekämpfung der Drogenkriminalität total überfordert. Die Übernahme anderer wichtiger Aufgaben wird hierdurch teilweise blockiert. 

Blick auf das Ausland

Interessant ist ein Blick auf europäische Nachbarstaaten und in die USA. In den Vereinigten Staaten ist bereits in zwei Bundesstaaten der Besitz von Cannabis bis zu einer Menge von 28 g erlaubt. Cannabis wird dort auch zu medizinischen Zwecken (Schmerztherapie) umfangreich eingesetzt. Im Verhältnis zu anderen US - Staaten, in denen der Drogenkonsum streng verboten ist, ist keinerlei Ausweitung des Konsums in den Erlaubnisstaaten eingetreten. Die gleiche Beobachtung gilt für die Niederlande. Sämtliche betroffenen Staaten haben durch eine kontrollierte Legalisierung gute Erfahrungen insbesondere hinsichtlich des Rückgangs der drogenbedingten Kriminalität als auch mit der Zerschlagung mafiöser Strukturen gemacht.

Internationales Recht steht nicht im Weg

Nicht ganz unproblematisch ist die auch von Deutschland unterzeichnete UN–Konvention gegen narkotische Drogen, durch die sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet haben, narkotisierende Drogen auf ihrem Staatsgebiet zurückzudrängen. Professor Dr. Böllinger hält die Charta insoweit aber für auslegungsfähig und verweist im übrigen auf Bolivien, das vor der Freigabe des Anbaus von Koka - Blättern  die Konvention partiell gekündigt hatte und dieser anschließend mit einem entsprechendem Vorbehalt wieder beigetreten ist.

Eine neue Farbe der Justiz

Die Initiative der Rechtsprofessoren in Form einer gemeinsamen Petition zeigt eine neue, ungewohnte Seite der Justiz. In einer bisher nicht da gewesenen Aktion wollen Juristen gemeinsam überzeugen. Unabhängig von ideologischen und politischen Vorgaben soll durch die Bildung einer Enquete-Kommission gewährleistet werden, dass der Drogenmarkt, die Drogenpraxis und die Auswirkung der Gesetzeslage hierauf neutral untersucht und die Konsequenzen einer Drogenprohibition denen der kontrollierten Drogenfreigabe wissenschaftlich gegenübergestellt werden. 106 von insgesamt 240 deutschen Strafrechtsprofessoren streben im Ergebnis eine Änderung des Status quo durch Entkriminalisierung der Cannabiskonsumenten sowie eine von wissenschaftlicher Vernunft geprägte Drogenpolitik an - und die Nichtunterzeichner sin

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