Colours of law: Nonverbale Beleidigungen - nur heiße Luft

Vor Gericht geht es manchmal um Lappalien: Ein Furz oder auch 2 davon führten in Berlin zu einer Gerichtsverhandlung wegen beamtenbeleidigung. Die war aber fast ebenso schnell wieder beendet wie ihr Auslöser. Ein Mann war wegen Beleidigung angeklagt, weil er eine Polizistin Flatulenzen abgesondert haben soll.

Ehrverletzung durch plötzliche Flatulenz

Der Vorgang ereignete sich bei einer Personenkontrolle in Friedrichshain im Februar des Jahres 2016. Die Polizistin war über die Angelegenheit zunächst hinweggegangen, der Gruppenleiter ihrer Polizeieinheit bewertete das Verhalten des Mannes aber als schwere Beleidigung gegenüber seiner Kollegin. Er erstattete Strafanzeige und erwirkte den Erlass eines Strafbefehls über 900 Euro, den der Beschuldigte aber erst ein Jahr nach dem Vorfall erhielt.

Angeklagter bestreitet Tatherrschaft

Der Beschuldigte fühlte sich nicht schuldig, da er sich des in seinem Inneren entstandenen plötzlichen Luftdrucks (Flatulenz) nicht habe erwehren können. Er habe nicht die Gewalt über das Geschehen gehabt. Daher hatte er nach seiner Auffassung weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt. Nach seiner Schilderung gegenüber der taz erfolgte die polizeiliche Personenkontrolle in klirrender Kälte, begleitet von ständigen Videoaufnahmen und umfangreichen Taschenkontrollen. Es sei auch zu einem längeren verbalen Schlagabtausch gekommen, weil man die Kontrolle als unverhältnismäßig empfunden habe. Die beteiligten Personen seien insgesamt sehr erregt gewesen, so dass auch gelegentlich unvermittelt und unbewusst der ein oder andere Darmwind habe austreten können.

Anklage wegen Flatulenz zugelassen

Die Tatsache, dass die StA Anklage erhoben und das Gericht die Anklage zugelassen hatte, bewertete der Verteidiger des Beschuldigten gegenüber der taz als einen klaren Fall von behördlichem Versagen

Fälle ungehöriger Flatulenz landen häufiger vor Gericht

Fürze vor Gericht gehören durchaus zur deutschen Rechtswirklichkeit. Im Januar des Jahres 2013 rastete der aus Japan stammende Bundesliga- und Nationalspieler Takashi Inui auf dem Flughafen Frankfurt anlässlich einer Zollkontrolle aus.

Beamte beschlagnahmten dort seine Uhr, was dem Bundesligastar gar nicht gefiel. Zeugen berichteten später, dass er mehrfach  „Fuck, Fuck“ gerufen habe. Wie die Beamten später angaben, habe Inui dabei in provozierender Weise absichtlich einen gut vernehmlichen Furz gelassen. Nach Aussagen eines Beamten hatte der Fußballstar absichtlich in die Amtsstube „flatulenziert“. Takashi Inui erhielt eine Anzeige wegen Beleidigung und daraufhin unter dem Aktenzeichen 736 Js 17497/13 einen Strafbefehl. Durch die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 250 Euro an den Kinderschutzbund konnte der Fußballspieler sich schließlich einer Bestrafung entziehen.

Ein für die Polizei pikantes Detail

Nach dem Bericht der taz gehörte die Polizistin zu einer Polizeieinheit, die beim kürzlichen G20-Gipfel in Hamburg dadurch auffiel, dass sie heftig feierte und einige Mitglieder der Einheit im öffentlichen Raum urinierten. Die Einheit war vom G20-Gipfel deshalb abgezogen worden.

40 Zuschauer hatten auf unterhaltsamer Gerichts-Comedy gehofft

Die Hauptverhandlung war nach dem Bericht der taz gut besucht. Die zuständige Richterin stellte das Verfahren wenige Minuten nach Eröffnung der Hauptverhandlung ein, ohne Auflagen und ohne die Auferlegung der Verfahrenskosten auf den Angeklagten.

Ca. 40 Prozessbesucher sind laut Presseberichten enttäuscht vom Gerichtssaal abgezogen, weil sie auf eine Stunde unterhaltsames Kabarettprogramm gehofft hätten.

Das wollte die Richterin den Zuschauern offensichtlich nicht bieten. Und das ist auch gut so, denn bei allem Verständnis für den notwendigen Schutz von Beleidigungsopfern – die Aufarbeitung eines Furzes im Gerichtssaal wäre allzu leicht zu einer Justizposse verkommen, bei der die Grenze zur Lächerlichkeit ganz schnell überschritten gewesen wäre. Die Richterin war klug beraten, in diesem Fall die Notbremse zu ziehen.

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