Colours of law: Keine Gleichheit vor der Discotür

Vor dem Gesetz sind alle gleich, nicht aber vor dem gestrengen Türsteher am Eingang einer Disco. Nicht erst seit der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof und den Vorfällen in einer Freiburger Disco bleiben dunkelhäutige Menschen beim abendlichen Tanzvergnügen oft außen vor.

In der als liberal und weltoffen geltenden baden-württembergischen Studentenstadt Freiburg erhitzt zur Zeit eine gar nicht weltoffen erscheinende Debatte die Gemüter. Darf Flüchtlingen und sonstigen Personen mit nordafrikanischem Erscheinungsbild der Eintritt in Diskotheken und Clubs verwehrt werden? Anlass dieser Debatte sind angeblich vermehrt aufgetretene sexuelle Belästigungen und Taschendiebstähle in und um Freiburger Nachtclubs. Der grüne Oberbürgermeister von Freiburg Dieter Salomon fordert ein „hartes Durchgreifen der Polizei“, damit die Menschen „sich in Freiburg auch nachts sicher bewegen können“.

Kein Zutritt in die Disco für Nordafrikaner

Einige Freiburger Clubbesitzer haben zumindest zeitweise Personen nordafrikanische Herkunft den Eintritt zu ihren Clubs ganz verwehrt. Dies kann aber sehr teuer werden, wie ein Blick auf die Praxis der Gerichte zeigt.

Disco wegen Diskriminierung verklagt

Das AG Hannover hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Am 14.1.2012 wollte ein Deutscher kurdischer Herkunft um 23:30 Uhr eine Diskothek besuchen. Der Zutritt wurde ihm jedoch vom Türsteher verwehrt mit der Begründung, der Laden sei schon voll. Gleichzeitig wurden andere Besucher problemlos hineingelassen. Dies ließ der Betroffene nicht auf sich beruhen und klagte vor dem AG wegen Verstoßes gegen die Diskriminierungsverbote des AGG.

Beweislastumkehr bei Indizien für Diskriminierung

Gastwirte berufen sich in solchen Fällen in der Regel auf ihr Hausrecht. Hiernach kann grundsätzlich jeder Gastwirt selbst bestimmen, wer eine Disco betreten darf oder nicht. Das AGG schränkt das Hausrecht des Gastwirts jedoch bei Massengeschäften ein. Das AGG trat auf Initiative der letzten rot-grünen Bundesregierung 2006 in Kraft.

Nach §§ 19 ff AGG kann Schmerzensgeld verlangen, wer wegen seiner ethnischen Herkunft, seinem Geschlecht, seiner Religion, einer Behinderung, wegen Alters oder seiner sexuellen Identität benachteiligt wird.

Hierbei muss der Betroffene lediglich plausible Indizien für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot darlegen und beweisen. In diesem Fall kehrt sich die Beweislast im übrigen gemäß § 22 AGG um und der der Diskriminierung Beschuldigte muss nachweisen, dass ein Verstoß nicht gegeben ist.

Einlass für die Zukunft quasi garantiert

Auf dieser Grundlage kam das AG Hannover im entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass eine ethnische Diskriminierung gemäß § 21 AGG gegeben war und verurteilte den Club zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro. Daneben wurde dem Diskothekenbetreiber ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro angedroht für den Fall, dass er den Zutritt des Betroffenen ohne zwingende Gründe nochmals ablehnen sollte

(AG Hannover, Urteil v. 14.8.2013, 462 C 10744/12).

Diskriminierung eines dunkelhäutigen Rechtsanwalts

Ähnlich verfuhr das AG Hannover im Fall eines dunkelhäutigen Rechtsanwalts. Eine Diskothek hatte dem Anwalt am Abend des 13. Juli 2014 nach dem Finalsieg der deutschen Fußballnationalmannschaft den Einlass verwehrt, während der Türsteher seinen hellhäutigen Begleitern den Zutritt gestattete. Das Gericht kam nach Vernehmung von mehreren Zeugen zu dem Ergebnis, dass die Hautfarbe Grund für die Abweisung des Klägers war und verurteilte den Clubbesitzer zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von ebenfalls 1.000 Euro. Gleichzeitig wurde der Nachtclubbesitzer verpflichtet, solche Diskriminierungen in Zukunft zu unterlassen (AG Hannover, Urteil v. 25.11.2015, 549 C12993/14).

In München ticken die Uhren manchmal anders

In München beurteilen die Richter solche Fälle schon mal anders. Als ein Türsteher einem dunkelhäutigen Besucher den Zutritt verweigerte mit der Begründung „Nur für Studenten“ und gleichzeitig eine größere Zahl von hellhäutigen Begleitern problemlos hereinließ, zog der Betroffene ebenfalls vor Gericht. Das LG sah jedoch keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung.

Die Abweisung durch den Türsteher könne auf den verschiedensten Gründen beruhen, die nichts mit der Hautfarbe des Klägers zu tun haben müssten. Zwar sei dem Gericht das Phänomen der Diskriminierung wegen der Hautfarbe vor Nachtclubs nicht unbekannt, jedoch müsse im Einzelfall nachgewiesen werden, dass die Gründe für den Nichteinlass diskriminierender Natur seien. Nachweislich unsachliche Argumente, wie die Begründung „Nur für Studenten“ reichten dafür nicht aus (LG München, Urteil v. 23.7. 2014, 27853/13).

In einem ähnlich gelagerten Fall beurteilte das AG München anlässlich der Abweisung eines Mannes aus Burkina Faso vor einem Club allerdings entgegengesetzt und sah eine Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse bzw. ethnischen Herkunft als gegeben an. Der Club musste ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zahlen (AG München, Urteil v. 17.12.2014, 159 C 278/13)..

In Freiburg gibt man sich wieder gelassen

Im baden-württembergischen Freiburg scheint sich die Lage inzwischen wieder zu entspannen. Der im Zentrum der Diskussion stehende Club „White Rabbit“ kritisierte die Berichterstattung als „reißerisch und polemisch“. Der Club ist in der Region als eher alternativ und liberal bekannt. Eine Diskriminierung von Volksgruppen werde es in dem Club auch zukünftig nicht geben, betont der Betreiber. Urteile wegen ungerechtfertigter Diskriminierung wollen sich die Clubbesitzer in Freiburg offensichtlich nicht einfangen. Der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion die Grünen Volker Beck bestätigt, dass Gruppenstrafen nicht zulässig seien, andernfalls wäre der Diskriminierung Tür und Tor geöffnet. Der Gaststättenverband DEHOGA betont, dass es sich bei dem in der Disco aufgetretenen Problem nicht um ein Massenphänomen handle. Die der Organisation bekannten Problemfälle ließen sich an einer Hand abzählen und fielen zahlenmäßig im Verhältnis zu anderen Problemen in Clubs ohne Ausländerbezug nicht ins Gewicht.