Colours of law: Italienischer Wein aus Spanien?

„Italian Rosé“, „Product of Italy“: Diese Etikettierung eines Schaumweines ist auch dann zulässig, wenn der Wein in Italien geerntet und in Spanien nach einer zweiten Gärung endproduziert wurde. Ebenso dürfte er aber auch als spanischer Wein angeboten werden.

Was auf den ersten Blick paradox und als eine Täuschung des Verbrauchers erscheint, wird vom OLG Frankfurt als zulässig angesehen. Unter bestimmten Voraussetzungen können danach Weine alternativ als italienische oder spanische Weine in den Verkehr gebracht werden.

Weinkellerei begehrte Unterlassungsverfügung

In einem Eilverfahren hatte eine große deutsche Weinkellerei gegen die Inhaberin eines Vertriebs von Schaumweinen den Erlass einer Unterlassungsverfügung beantragt. Gegenstand der Streitigkeit war ein von der Antragsgegnerin unter der Bezeichnung „Italian Rosé“ vertriebener Schaumwein, den sie auch als „Product of Italy“ bewarb. Diese Bezeichnung hielt die Antragstellerin für irreführend und daher wettbewerbswidrig.

Ein Wein mit zwei Ursprungssorten

Die Herstellung des beanstandeten Schaumweines erstreckt sich auf zwei EU-Länder. Die Trauben, aus denen der Wein hergestellt wird, werden in Italien geerntet und dort in einem ersten Gärungsprozess auch zu einer Art Grundwein verarbeitet. Anschließend wird das halbfertige Produkt nach Spanien verbracht. Dort wird es unter Zuführung von Zucker und Hefe einem zweiten Gärungsprozess unterzogen und anschließend verkaufsfertig abgefüllt.

Antragstellerin rügt Täuschung der Verbraucher

Die Herstellung des Endproduktes in Spanien führt nach Auffassung der Antragstellerin erst zu den für das Endprodukt Schaumwein charakteristischen Merkmalen. Mit der werbemäßigen Herausstellung der italienischen Herkunft wird nach Auffassung der Antragstellerin beim Verbraucher eine unrichtige Vorstellung über die Herkunft des Weines hervorgerufen. Der Verbraucher werde in wettbewerbswidriger Weise getäuscht.

Herkunftsangabe ist in der gesamten EU obligatorisch

Dies sah das OLG Frankfurt – wie auch die Vorinstanz – nicht so. Der Senat stellte zunächst klar, dass die Angabe der Herkunft eine obligatorische Pflichtangabe für in der EU vermarktete und für aus der EU stammende Weine und Schaumweine darstellt. Üblicherweise lauteten die Angaben: „Wein aus“, „erzeugt in“, „Erzeugnis aus“ oder ähnlich.

Die Herkunftsangabe ist zutreffend

Das OLG replizierte für die Beurteilung der Richtigkeit der Herkunftsangabe maßgeblich auf die Vorschrift des Art. 45 Abs. 1a der EU-VO 2019/33. Nach dieser Bestimmung habe die Herkunftsangabe das Land zu bezeichnen, in denen die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden. Der streitgegenständliche Schaumwein bestehe aus Trauben, die in Italien geerntet und dort in einem ersten Gärungsschritt zu einer Art Grundwein verarbeitet würden. Damit sei die Herkunftsangabe zutreffend.

Keine Irreführung der Verbraucher

Die Herkunftsangabe Italien ist nach Auffassung des Senats für den Verbraucher auch nicht irreführend. Dem durchschnittlich aufgeklärten Verbraucher in Europa sei durchaus bewusst, dass Produkte vor ihrer Endherstellung häufig in ein anderes Land transportiert werden. Er habe daher nicht die Vorstellung, dass Produkte in dem angegebenen Herkunftsland den kompletten Produktionsprozess bis zum Endprodukt vollständig durchlaufen. Eine Fehlvorstellung beim Verbraucher werde also nicht hervorgerufen.

Italian Rosé“ dürfte auch als „Spanish Rosé“ angeboten werden

Schließlich war es nach Auffassung des OLG auch nicht die Intention des Verordnungsgebers, dass ein Schaumwein nur dann als Produkt aus Italien bezeichnet werden dürfe, wenn er den gesamten Verarbeitungsprozess bis zum Endprodukt in Italien durchlaufe. § 45 EU-VO 2019/33 ermögliche in seinen verschiedenen Abschnitten nämlich die Anknüpfung der Herkunftsangabe an weitere Orte der diversen Produktionsschritte eines Weines. Der Schaumwein könne daher, da er zwar aus in Italien geernteten Trauben stamme, aber in Spanien fertiggestellt werde, ebenso gut auch als spanischer Schaumwein angeboten werden.

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolglos

Das OLG bestätigte mit diesen Erwägungen im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz, die den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurückgewiesen hat.

Fazit für den Verbraucher

Wer italienischen, spanischen oder französischen Wein genießt, kann keinesfalls sicher sein, dass es sich um ein rein italienisches, spanisches oder französisches Produkt handelt. Wer hier sicher gehen will, dem hilft nur die Kenntnis des Weinguts.


(OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.9.2020, 6 W 95/20)