Colours of law: Exorzisten vor Gericht

Hexen, böse Geister und Teufelsaustreiber begegnen uns nicht nur als historische  Erinnerung an alte Traditionen alljährlich in der alemannischen Fasnet, auch im realen Leben sind diese Figuren noch präsent und geraten nicht selten in ernsthafte Konflikte mit der Justiz.

Austreibungsrituale in allen Religionen

In sämtlichen Religionen hat die Vorstellung, der Körper und/oder der Geist eines Menschen könne von fremden, bösen Mächten in Besitz genommen werden, eine lange Tradition. Im Judentum heißt die Besessenheit “Dybbuk“, in der islamischen Mythologie ergreifen die „Dschinns“ Besitz vom Menschen, in der christlichen Religion ist es der Teufel. In vielen Religionen wurden Epileptiker und Schizophrene und andere psychisch Erkrankte häufig als besessen eingestuft und alle diese Religionen haben eigene Rituale zur Austreibung des Bösen entwickelt.

Exorzismus ist noch immer Bestandteil der katholischen Lehre

Für den aufgeklärten Menschen ist es mitunter erstaunlich, dass auch der Vatikan Exorzismen immer noch offiziell anerkennt.

Erst im Jahr 2014 hat der Vatikan die „Aie“ (Internationale Vereinigung der Exorzisten) offiziell als Verein anerkannt.

Unter Papst Benedikt XVI. hat die katholische Kirche einer ganzen Reihe von Exorzisten offiziell die Zulassung erteilt. In der katholischen Kirche existieren für die Zulassung feste Regeln.

  • Exorzisten sind speziell ausgebildete Geistliche, die nur im Auftrag des Bischofs handeln dürfen und einen Exorzismus nach ganz speziellen Riten durchführen müssen.
  • Nach offizieller Lesart ist diese Praxis vor allem den katholischen Diözesen in Südeuropa und Südamerika geschuldet, in denen die Gläubigen noch stark von traditionellen Vorstellungen geprägt seien und denen Exorzismen häufig eine wichtige Hilfestellung geben könnten. 

Ein Exorzismus mit tödlichem Ausgang

Tatsächlich fanden Exorzismen in der Vergangenheit aber nicht nur in Südeuropa und Südamerika statt, sondern einige Male auch in Deutschland und in benachbarten Ländern, wobei die katholische Kirche allerdings nur in einem bekannt gewordenen Fall eine unrühmliche Rolle spielte. 

In fürchterlicher Erinnerung bleibt der Tod der Studentin der Religionspädagogik Anneliese Michel im Jahre 1976, die nach mehreren, von ihr selbst gewünschten großen Exorzismen am 1.Juli 1976 in Würzburg mit einem Gewicht von 31 kg an Unterernährung starb. Die katholischen Priester, die die Exorzismen durchgeführt hatten, wurden in einem hoch umstrittenen Prozess wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu sechsmonatigen Haftstrafen verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden (LG Aschaffenburg, Urteil v. 21.4.1978, Kls 4 Js  6880/76). Zu Gunsten der Angeklagten war das Gericht davon ausgegangen, dass die katholischen Priester an die personale Existenz des Teufels glaubten. Damit hatte das Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit der Angeklagten gemäß § 21 StGB begründet.

Immer wieder stehen Exorzisten vor Gericht

Die Motive der Exorzisten sind nicht immer klar auszumachen. Neben dem Glauben an den Erfolg eines Exorzismus dürften in einigen Fällen auch andere Beweggründe, psychische Abnormitäten und sadistische Neigungen eine Rolle gespielt haben.

  • 2004 ist in Belgien eine Frau gestorben, nachdem sie von Exorzisten stundenlang gewürgt, unter Wasser getaucht und geschlagen wurde. Die Täter wurden der vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen.
  • Am 20.2.2017 fand der bisher letzte bekannt gewordene Exorzismusprozess in Deutschland statt. 5 Koreaner und Koreanerinnen hatten in einem Frankfurter Hotel eine Verwandte einem Exorzismus unterzogen, bei dem diese zu Tode kam. Das LG Frankfurt verurteilte nach einem 4 Monate dauernden Prozess aber nur eine der Angeklagten  zu 6 Jahren Haft ohne Bewährung, die anderen erhielten Bewährungsstrafen. Das Gericht nahm bei keinem der Angeklagten einen Tötungsvorsatz an und sah die Täter getrieben von einer nicht näher aufzuklärenden Mischung aus christlichen, schamanischen und buddhistischen Vorstellungen (LG Frankfurt, Urteil v. 20.2.2017, Aktenzeichen nicht veröffentlicht).

Exorzismus kann auch Betrug sein

In einem vom LG Mannheim entschiedenen Fall hatte das Gericht einen Vertrag, der auf die Vornahme einer Teufelsaustreibung und auf Wahrsagerei gerichtet war, wegen offenkundiger Unmöglichkeit der Leistung als nichtig bezeichnet und der Teufelsaustreiberin das Entgelt versagt. Das Gericht verurteilte die Exorzistin wegen Betrugs (LG Mannheim, Urteil v. 30.4.1992, 4 Ns 80/91).

Vielfältige Exorzismusangebote im Internet

Wer nach entsprechenden Angeboten im Internet sucht, findet auch heute noch problemlos jede Menge Angebote von Hexen, Exorzisten und Schamanen, die gegen Entgelt anbieten, böse Geister zu vertreiben. Nach einem Urteil des BGH kann ein solcher Vertrag im Einzelfall durchaus wirksam sein,

  • wenn der Besteller in Kenntnis der aus naturwissenschaftlicher Sicht bestehenden Unmöglichkeit der Vertragserfüllung eine solche Dienstleistung dennoch in Anspruch nimmt, weil es ihm gerade auf den mystischen Ritus als Dienstleistung ankommt.
  • Dies ist nach Auffassung des BGH eine notwendige Folge der in Deutschland geltenden Vertragsfreiheit, wonach jeder die Leistung bestellen könne, die er sich wünsche,
  • solange die Leistung als solche nicht gegen die guten Sitten verstößt, was bei einer Teufelsaustreibung mit möglichen ernsthaften gesundheitlichen oder gar lebensbedrohlichen Folgen allerdings der Fall wäre (BGH, Urteil v. 12.1.2011, III ZR 87/10). 

Übergriffige Geister gibt es auch in der alemannischen Fasnet

Mystische Riten aus alter Zeit sind immer noch auf eine vielfältige Weise Bestandteil auch der modernen gesellschaftlichen Wirklichkeit. Auch die Justiz wird immer wieder mit dieser Rechtswirklichkeit konfrontiert. Wenn in der alemannischen Fasnet die alten Geister immer wieder zu sichtbarem Leben erweckt werden, ist dies kein Problem, solange hierdurch lediglich an alte Traditionen und Bräuche erinnert werden soll. Aber auch in der alemannischen Fasnet beschäftigen gelegentlich übergriffige Verhaltensweisen von Geistern und Hexen die Gerichte.

Weitere News

Wie viel närrisches Treiben ist im Betrieb erlaubt?

Von Wahrsagern, Kartenlegern und Hellsehern

Rosenmontagszug

Schlagworte zum Thema:  Körperverletzung, Rechtsanwalt, Justiz, Juristen, Richter