Juristen rümpfen nicht selten die Nase, wenn sie sich zu Kleidungsfragen äußern sollen. Zu unwichtig, zu kurzlebig, zu unbeständig. Gleichzeitig legt aber gerade die Justiz Wert auf angemessene Kleidung vor Gericht. Die Kleidungsfrage wird durch eine Reihe von Verordnungen teils penibel geregelt und auch ernst genommen.

So sieht das Gesetz zur Ausführung des GVG in Baden-Württemberg vor, dass Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und auch Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in gerichtlichen Verhandlungen eine Amtstracht zu tragen haben. In Nordrhein-Westfalen schreibt die Anordnung über die Amtstracht bei den Gerichten vom 08.08.2006 auch die Farben der Amtstrachten vor den unterschiedlichen Gerichtszweigen vor. Diese ist beim OVG karminrot, bei den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit schwarz, bei den übrigen Gerichten dunkelblau.

Ferner wird Männern das Tragen eines weißen Hemdes mit einem weißen Lang- oder Querbinder vorgeschrieben, Frauen das Tragen einer weißen Bluse, zu der eine weiße Schleife, Damenkrawatte oder ein vergleichbares Kleidungsstück getragen werden kann. Wenn das nicht detailversessenes Modediktat ist!

Die Symbolkraft der Farben

Schon im Mittelalter waren bestimmte Trachten und Farben für gerichtliche Verfahren vorgeschrieben. Ein roter Wimpel zeigte in einer mittelalterlichen Stadt den Gerichtstag an. Todesurteile fertigte der Richter in roter Tinte aus und auch der Henker trug ein Gewand in der Farbe des Blutes. Im Dezember des Jahres 1726 verfügte König Friedrich Wilhelm I in Preußen: „Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advokati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen... zu tragen haben“. Die dort verfügte Tracht wird im Prinzip bis heute getragen und soll in ihrer schlichten und dunklen Gestalt die Würde der die Gerichtsverhandlung maßgeblich lenkenden Personen verkörpern und diese vom bloßen Publikum abgrenzen.

Das Farbspektrum heute

Die Farben der Roben und Besätze sind in der ordentlichen Gerichtsbarkeit bundesweit grundsätzlich schwarz, am Niedersächsischen Staatsgerichtshof und am Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt ist die Farbe der Besätze rot. Der Sächsische Verfassungsgerichtshof tritt komplett in Grün auf, die Richter an den Sozialgerichten tragen häufig violette oder blaue Besätze, viele Verwaltungsrichter tragen Blau. Die Richter am BGH, BAG, BSG und BFH untermauern ihre Autorität durch komplett karmesinrote Roben. Die höchsten Richter des Bundesverfassungsgerichts treten in Scharlachrot auf nach einem Vorbild der Richtertracht in der Stadt Florenz aus dem 15. Jahrhundert.

Andere Länder andere Sitten

Auch unser Nachbarland Österreich schreibt den Richtern das Tragen von Talaren je nach Stellung und Gerichtszweig in unterschiedlichen Farben vor, während man es in den meisten Kantonen der Schweiz nicht für erforderlich hält, das Publikum durch Roben einzuschüchtern. In England wurde vor einigen Jahren die Richtertracht insbesondere im Hinblick auf die Perücken erheblich vereinfacht, allerdings unter lautstarkem Protest eines Großteils der Richterschaft, die einen Angriff auf ihre richterliche Autorität fürchtete. In den Vereinigten Staaten werden bei Gericht in der Regel einfache schwarze Roben getragen, wobei allerdings große Unterschiede von Bundesstaat zu Bundesstaat bestehen.

Auch Europarichter legen Wert auf würdevolle Kleidung

Die Richter am EuGH untermauern ihre übergeordnete Stellung durch rote Roben mit dunklem Samtbesatz sowie plissierten Jabots aus weißem Stoff, die Richter des EGMR ziehen tiefblaue Roben vor, weil Blau nach der Farbpsychologie keine Farbe der Abgrenzung sondern des Vertrauens ist. Etwas schlichter machen es die Richter des IGH in Den Haag sowie des IStGH mit ihren schwarzen Roben.

Mode in der Justiz ist langlebig

Als Resumee ist festzuhalten, dass Kleidung, Farben und damit auch Mode in der Justiz eine durchaus bedeutende Rolle spielen. Sie sollenden Autoritäts- und Wirkungsanspruch der Justiz untermauern. Das Erscheinungsbild der Justiz ist zwar nicht so kurzlebig wie es sonst in der Modewelt üblich ist, das Prinzip, durch das äußere Erscheinungsbild besondere Eigenschaften zu unterstreichen und hierdurch bestimmte Wirkungen zu erzielen, unterscheidet sich von den Prinzipien der übrigen Modewelt nicht. Sogar das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Durchführung von Gerichtsverhandlungen in angemessener Form durch das Tragen von Amtstrachten wesentlich unterstützt wird (BVerfG, Urteil v. 18.02.1970, 1 BvR 226/69). „The colours of law“ vermitteln sich also nicht nur über unterschiedlich gefärbte Inhalte, sondern auch über ihren optischen Auftritt. Wer da nicht mitzieht, etwa als Verteidiger, der wird auch schon Mal vor die Tür gesetzt.

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