Colours of law: Das Schwein in Recht und Politik

Das deutsche Schwein und damit zusammenhängende Fragen waren schon häufig Gegenstand juristischer Entscheidungen. Vom Gesetzgeber über die hohe Politik bis hin zu den Gerichten hatten sich bereits die unterschiedlichsten Institutionen mit dem Schwein zu befassen.

In Dänemark hatte sich im vergangenen Jahr ein Rechtspopulist darüber aufgeregt, dass eine Kita das Schweinefleisch vom Speiseplan gestrichen hatte, nachdem mehr als drei Viertel der Kinder - vorwiegend wegen ihres islamischen Glaubens - kein Schweinefleisch aßen. Die Entscheidung der Kita hatte allerdings keine ideologischen sondern ausschließlich praktische Gründe. Wenn die meisten kein Schweinefleisch essen, weshalb soll man es dann servieren? Die Problematik schwappte dann aber ins benachbarte Schleswig-Holstein.

Schleswig-holsteinische CDU begreift das Schwein als deutsches Kulturgut

Schlagzeilen machte Anfang des Jahres die Forderung der CDU Schleswig-Holsteins, das Schwein und dessen Fleisch zum deutschen Kulturgut und zum Teil des deutschen Wertekanons zu erklären und darauf zu bestehen, dass dieses regelmäßig auf Tellern in Schulen und Kitas auftaucht. Deutschland ohne Schweinefleisch in Schulen und in der Kita, das sei ein Unding, wenn nicht sogar eine Schweinerei.

Dass es ohne Schwein in Deutschland nicht geht, zeigen ja auch Begriffe der Umgangssprache, die mit Schweinen zu tun haben. Neben Beschimpfungen wie “du Schwein“ existieren auch viele Positiv-Begriffe wie zum Beispiel, das ist „schweinisch gut“ oder auch „saugut“. Zudem ähnelt die genetische Ausstattung der Schweine der menschlichen ausgesprochen stark. Die Herzen von Schweinen sollen auch im menschlichen Körper schlagen können. Zu einem Gesetz, das Kitas, Schulen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen das Servieren von Schweinefleisch vorschreibt - wie es dem Initiatoren der CDU-Fraktion vorschwebte - ist es dann doch nicht gekommen, zu ironisch und lakonisch waren die Kommentare in der Presse und in der Öffentlichkeit.

Ein Schwein namens „Schnitzel“

Aber auch private Personen sind dem Schwein gelegentlich sehr zugewandt. Eine Familie in Köpenick hatte nicht vergessen, dass im Mittelalter das Schwein ein beliebtes Haustier war - und zwar weit vor dem Hund stehend. Während der Hund draußen Wache halten musste, war das Schwein in vielen Haushalten ständig anwesend und fraß unter den Tisch die Reste auf. Überliefert ist, dass nicht wenige mittelalterliche Zeitgenossen das Schwein in ihrem Bett übernachten ließen. So auch eine Neuzeit-Familie in Köpenick, die in einem Mietshaus das Hausschwein namens „Schnitzel“ hielt.

Der Vermieter wollte dem Mieter die Schweinehaltung wegen erheblicher Geruchsbelästigung verbieten. Das AG Köpenick zeigte  aber ein Herz für den Tierhalter. Nachdem Zeugen bestätigten, dass in den letzten zwei Monaten vor der Gerichtsverhandlung kein Schweinegeruch mehr im Treppenhaus zu vermelden war, erlaubte das AG dem Mieter die Tierhaltung (AG Köpenick, Urteil v. 13.7. 2000, 17 C 88/00)

Einbrecher sollten keine Schweinewürstchen essen

Einem Serieneinbrecher wurde die Liebe zu Schweinewürstchen zum Verhängnis. Bei jedem Wohnungseinbruch bediente er sich am vorhandenen Kühlschrank und aß mit Vorliebe Schweinewürste. Als er bei einem Wohnungseinbruch im Jahr 2015 geschnappt wurde und sich auch diesmal mit Würstchen aus dem vorhandenen Kühlschrank voll gestopft hatte, konnte er anschließend anhand der an einem angebissenen Würstchen hinterlassen DNA weiterer 38 Einbrüche, bei denen er die gleichen DNA-Spuren hinterlassen hatte, überführt werden.

Darf Schwein ins Wiener Schnitzel?

Eindeutig ja, urteilte das Verwaltungsgericht Arnsberg. Allerdings müsse aus der Gesamtbezeichnung erkenntlich sein, der es sich um ein Schweineschnitzel handele. In den Leitsätzen der Deutschen Lebensmittelkommission ist nämlich festgelegt, dass ein Wiener Schnitzel grundsätzlich aus Kalbfleisch besteht. Der Kreis Soest hatte mit dieser Begründung ein Bußgeld gegen einen Gastronomen festgesetzt, der das Schnitzel auf seiner Karte als „Wiener Schnitzel vom Schwein“ angepriesen hatte.

Diese Bezeichnung ist nach Ansicht des Gerichts eindeutig zulässig. Der Durchschnittsverbraucher gehe in diesem Fall nicht davon aus, dass das Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch hergestellt sei. (VG Arnsberg, Urteil v. 23.4.2009, 3 K 516/08). Der VGH München stellte allerdings klar, dass ein Fleischwarenproduzent, der ein Produkt als “Geflügel-Wiener mit 94 % Joghurt“ in den Handel bringt, angeben muss, wenn in dem Produkt auch Schweinefleisch verwendet wurde. (VGH München, Beschluss v. 28.8.2009, 9 ZB 08.760).

Ein Schweinefall-Urteil in Reimform

Die Krone für schweinische Urteile gebührt aber nach wie vor dem AG Oldenburg (AG Oldenburg, Urteil v. 16.3.1987, 3 C 443/86). Einer Liebhaberin von Schweinebraten hatte ihr Onkel geraten, ein von ihm gehaltenes Ferkel zum Preise von 100 DM zu kaufen.

Er würde das Tier selbst mästen, wenn sie ihm die Kosten hierfür ersetze. Statt der veranschlagten vier Monate Mast dauerte diese dann aber acht Monate. In der Folge konnten sich die Parteien über die Höhe des zu veranschlagenden Mastgeldes nicht einigen. Darauf schlachtete der Onkel unter Protest seiner Nichte das Schwein selbst. Diese verlangte ihr Geld zurück. Der Richter fühlte sich ob des Streites der Parteien bemüßigt, ein Urteil in Reimform zu erlassen und schrieb unter anderem:

 

„ Das Ferkelchen blieb lange klein,

wollt gar nicht gerne schlachtreif sein,

statt nur 4 Monat wie gedacht,

benötigt es beinahe acht...

Die Klägerin nun voller Groll,

beantragt. der Beklagte soll

ihr gutes Geld ihr wiedergeben,

nachdem das Schwein nicht mehr am Leben...

 

Zur Hälfte ist wohl gerade eben

dem Klagantrag hier stattzugeben....

Sie hatte auch ein Recht darauf,

weil er erfolglos blieb, der Kauf (§ 812 BGB)...

Doch dem Beklagten umgekehrt

ist es mit Recht dann nicht verwehrt,

zu rechnen auf mit dem Verluste,

den er dabei hinnehmen musste“

 

Und im Hinblick auf die entstandenen Gerichtskosten ging es weiter:

 

„So wurde aus dem Ferkelchen

für auch nur 100 Märkelchen

- so billig sollt es sein –

ein furchtbar teures Schwein!“

 

Fazit: Politiker täten gut daran, bei der Befassung mit schweinischen Themen etwas mehr Lockerheit an den Tag zu legen, wie es der Oldenburger Richter in humorvoller Weise vorgemacht hat.

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