Bürgermeisterkandidat mit Showtalent und Königsmantel

Ein Bürgermeisterkandidat in Baden-Württemberg, der sich selbst für ein großes Showtalent hielt, trat bei verschiedenen Podiumsdiskussionen im Königsmantel auf. Für die Forderung von 300.000 Euro Gage für seine Auftritte hatten die Gerichte allerdings wenig Verständnis.

Eine etwas kuriose Show spielte sich im baden-württembergischen Rems-Murr-Kreis bei der Bewerbung um das Amt des Bürgermeisters in vier verschiedenen Gemeinden ab. Einer der Kandidaten für das Bürgermeisteramt nahm im Königsmantel an verschiedenen Podiumsdiskussionen teil und verlangte für seine Show anschließend ein ihm aus seiner Sicht zustehendes, seinem Einsatz angemessenes Honorar.

Podiumsdiskussionen im Livestream ins Netz gestellt

An den Podiumsdiskussionen in den verschiedenen Gemeinden hatte der Kandidat auf Einladung eines örtlichen Verlags mit einem regionalen Zeitungsangebot teilgenommen. In den an sämtliche Bürgermeisterkandidaten versandten schriftlichen Einladungsschreiben wies der Verlag darauf hin, dass einige Veranstaltungen per „Livestream“ im Internet übertragen würden. Diese Übertragungen fanden dann auch statt. U.a. wurde im Rahmen einer Livesendung am Wahltag eine Podiumsdiskussion in der Gemeinde Welzheim im Netz öffentlich zugänglich gemacht.

Im Königsmantel bei der „Welzheim-Show“

U.a. an der „Welzheim-Show“ nahm der Kläger im Königsmantel teil. In dieser Rolle war der Kandidat nach seiner Darstellung Lebensberater, Künstler und Unterhalter. Dies gelte aber nicht nur für die „Welzheim-Show“, sondern für eine ganze Reihe weiterer Podiumsdiskussionen, an denen er auf Einladung des beklagten Verlages teilgenommen habe.

Kläger fühlt sich als Person der Zeitgeschichte

Der Kläger stütze seine Forderung auf nach seiner Auffassung jeweils – teils mündlich –zustande gekommene Entertainment-Verträge. Der Verlag habe ihn bewusst als Showtalent engagiert und nicht in seiner Eigenschaft als Bürgermeisterkandidat. Durch seine Auftritte sei er zu einer nicht ganz unbedeutenden Person der Zeitgeschichte geworden und habe dadurch viel öffentliche Aufmerksamkeit generiert. Das müsse der Verlag nun auch angemessen honorieren.

Bescheiden waren die Honoraransprüche nicht

Die Vorstellungen des Kandidaten über ein angemessenes Honorar waren nicht gerade zurückhaltend. 300.000 Euro hielt der Kläger als Entgelt für angemessen. Da der Verlag nicht freiwillig zahlen wollte, reichte der Kandidat Klage ein. Das LG Stuttgart konnte allerdings keinen Rechtsgrund für die geltend gemachte Honorarforderung erkennen und wies die Klage ab.

Kläger pocht auf Abschluss eines Entertainmentvertrages

Auf die Berufung des Klägers bestätigte das OLG die Entscheidung der Vorinstanz. Der Kläger habe keine Beweise für den von ihm behaupteten Abschluss eines Entertainmentvertrages erbracht. Schon die Behauptung, er sei von der Beklagten als Showtalent engagiert worden und nicht als Bürgermeisterkandidat hielt das OLG für nicht plausibel. In vorausgegangenen öffentlichen Äußerungen habe der Kläger mehrfach betont, ernsthaft als Bürgermeisterkandidat und nicht lediglich als „Spasskandidat“ angetreten zu sein.

Humorvolle Auftritte begründen noch keine Honoraransprüche

Der Senat gestand dem Kläger zu, dass sein Auftreten auf den Podiumsdiskussionen humorvoll, teils launig, insbesondere aber sehr auffällig gewesen sei. Er habe den Veranstaltungen hierdurch eine nicht unerhebliche öffentliche Aufmerksamkeit gebracht. Daraus lasse sich aber nicht die Schlussfolgerung ableiten, die Beklagte habe ihn in vergütungspflichtiger Weise engagieren wollen. Eine vertragliche Grundlage für die erhobene Honorarforderung sei unter keinem Gesichtspunkt zu erkennen.

OLG verneint urheberrechtlichen Vergütungsanspruch

Das OLG prüfte auch einen möglichen urheberrechtlichen Vergütungsanspruch gemäß § 32 Abs. 1 und 3 UrhG. Ein solcher Vergütungsanspruch des Urhebers für die Nutzung seines Werkes setzt nach der Entscheidung des OLG eine vertragliche Nutzungsvereinbarung über ein künstlerisches Werk im Sinne des § 2 UrhG voraus. Die Qualität eines künstlerischen Werks, das den Schutz des § 2 UrhG genießt, vermochte der Senat den Auftritten des Bürgermeisterkandidaten aber nicht beizumessen, auch nicht den Showeinlagen mit Königsmantel.

Recht am eigenen Bild durch Livestreams nicht verletzt

Schließlich verneinte der Senat auch einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der besonderen Ausprägung des Rechtes am eigenen Bild. Die Veröffentlichung der Podiumsdiskussionen im Internet sei von der gemäß Art. 5 GG geschützten Pressefreiheit gedeckt. Die Öffentlichkeit habe ein schützenswertes Informationsinteresse an der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten. Der Kläger bezeichne sich selbst als Person der Zeitgeschichte, so dass seine Präsentation als Bürgermeisterkandidat ebenso wie die Präsentation der übrigen Kandidaten der Öffentlichkeit zu Recht zugänglich gemacht worden seien.

Entgeltansprüche unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt

Der Senat kam zu dem Ergebnis, dass weder vertragliche Vereinbarungen noch urheberrechtliche Gesichtspunkte noch schadensrechtliche Erwägungen die geltend gemachten Zahlungsforderungen rechtfertigen. Das OLG bestätigte daher die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz.


OLG Stuttgart, Urteil v. 24.6.2020 (4 U 561/19)