BGH: Verwendung von Doktortiteln im Firmennamen

Scheidet ein promovierter Namensgeber einer Steuerberatungsgesellschaft aus der Partnerschaft aus oder verstirbt er, so sind die verbleibenden Partner zur Fortführung des bisherigen Namens unter Verwendung des Doktortitels berechtigt, sofern der Ausgeschiedene bzw. seine Erben zustimmen.

Einer von drei Partnern einer seit Januar 2006 bestehenden Steuerberatungsgesellschaft, die im Register als Partnerschaft eingetragen war, verstarb im Mai 2015. Die beiden verbliebenen Partner, die nicht promoviert hatten, führten die Steuerberatungsgesellschaft unter Weiterverwendung des Namens des verstorbenen Partners einschließlich des Doktortitels fort.

Registergericht untersagt Fortführung des Doktortitels  

Diese Vorgehensweise missfiel dem zuständigen Registergericht. Unter Androhung eines Ordnungsgeldes verfügte es daher, den weiteren Gebrauch des bisherigen Namens der Partnerschaft zu unterlassen. Die Fortführung des bisherigen Namens unter Verwendung des Doktortitels führe zu einer Irreführung der maßgeblichen Verkehrskreise. Da die verbliebenen Partner Einspruch einlegten und der Anordnung keine Folge leisteten, setzte das Registergericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 Euro fest. Die Beschwerde der verbliebenen Partner hiergegen war zunächst erfolglos.

Grundsatz der Firmenwahrheit mit einer Ausnahme

Die gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts eingelegte Rechtsbeschwerde führte zu einem für die Partner positiveren Ergebnis. Der BGH stellte klar, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 PartGG die Partnerschaft den wahren Namen mindestens eines der Partner enthalten muss. § 2 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 24 Abs. 2 HGB postuliere aber eine Ausnahme für den Fall, dass

  • der namensgebende Partner ausscheidet und
  • er bzw. seine Erben in die Fortführung seines Namens einwilligen.

Damit durchbreche § 24 Abs. 2 HGB für diese Fallkonstellation den Grundsatz der Firmenwahrheit. Dies diene dem rechtlich zulässigen Zweck, den ideellen und materiellen Wert der bisherigen Firma zu erhalten (BGH, Urteil v. 10.11.1969, II ZR 273/67).

Doktortitel ist Bestandteil des Partnerschaftsnamens

Diese Fortführungsbefugnis gilt nach dem Diktum des BGH für die gesamte bisherige Firma einschließlich des Doktortitels. Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Doktortitel entgegen landläufiger Meinung zwar nicht Bestandteil des bürgerlichen Namens einer Person (BGH, Beschluss v. 4.4.2017, II ZB 10/16), er sei als Namenszusatz aber dennoch Bestandteil des Namens der Gesellschaft (BGH, Beschluss v. 9.12.1976, II ZB 6/76).

Das Irreführungsverbot ist immer zu beachten

Allerdings steht auch eine solche Fortführungsbefugnis gemäß § 24 HGB nach der Entscheidung des BGH unter dem Vorbehalt des Irreführungsverbots gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB. Zusätze im Namen, die im Rechtsverkehr unzutreffende Vorstellungen über Umfang und Art des Unternehmens sowie über geschäftlich bedeutsame persönliche Verhältnisse und Eigenschaften der Unternehmensträger hervorrufen, sind hiernach unzulässig. Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH kann der im Namen enthaltene Doktortitel eine solche Irreführung hervorrufen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass ein promovierter Akademiker maßgeblich mitbestimmender Gesellschafter ist und damit die Gesellschaft den Eindruck erweckt, ihren Kunden oder Mandanten besondere wissenschaftliche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Verfügung stellen zu können, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind.

Bisherige Rechtsprechung zu streng?

Auf Basis dieser Grundsätze hatte der BGH bei dem Erwerb einer Maklerfirma durch einen nicht promovierten Erwerber diesem die Weiterführung des Doktortitels im Namen der Maklerfirma untersagt (BGH, Urteil v. 10.11.1969, II 273/67). In seiner jetzigen Entscheidung ließ der BGH ausdrücklich offen, ob er an dieser Rechtsprechung noch festhält.

Akademische Ausbildung bietet Gewähr für Kompetenz

Im vorliegenden Fall bewertete der Senat den Umstand als entscheidend, dass auch die verbliebenen Partner als Steuerberater, Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer über eine akademische Ausbildung verfügten. Eine akademische Ausbildung bzw. eine dieser gleichzusetzenden Ausbildung belege die fachliche Kompetenz der Partner in gleicher Weise wie eine Promotion und biete die Gewähr dafür, dass das Vertrauen des maßgeblichen Verkehrs in die fachlichen und intellektuellen Fähigkeiten der Partner gerechtfertigt ist.

Rechtsbeschwerde im Ergebnis erfolgreich

Im Ergebnis bewirkt die Weiterverwendung des Doktortitels im konkreten Fall nach der Wertung des BGH keine Irreführung des maßgeblichen Verkehrs über die in der Partnergesellschaft vorhandenen fachlichen Kompetenzen. Damit sei die Fortführungsbefugnis des bisherigen Namens gemäß § 2 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 24 Abs. 2 HGB gegeben. Die Rechtsbeschwerde der Partner war damit erfolgreich.

(BGH, Beschluss v. 8.5.2018, II ZB 27/17).

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In den letzten Jahren wurden nicht wenige Träger von Doktortiteln von einer regelrechten Welle von Aberkennungen des beliebten Titels heimgesucht. Auslöser waren häufig Plagiatsvorwürfe, die von speziellen Plattformen im Internet aufgedeckt wurden.

  • So entschied das VG Gießen, dass die Aberkennung des Doktortitels wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens gerechtfertigt ist, wenn ein Mediziner bei Erlangung seines Doktorgrades dadurch täuscht, dass er Schriften zitiert, in denen er als Co-Autor genannt wird, obwohl er dort tatsächlich nicht mitgewirkt hat (VG Gießen, Urteil v. 22.8.2019, 3 K 2499/17).
  • Nach einem Urteil des VG Braunschweig war der Entzug des Doktorgrades gegenüber einem Professor für Mathematik und Informatik zulässig, weil dieser in seiner Doktorarbeit in großem Umfange auf fremde Leistungen zurückgegriffen und Zitate aus Büchern als eigenen Text ausgegeben hat (VG Braunschweig, Urteil v. 12.6. 2018, 6 A 102/16).
  • Ein prominenter Fall war die Aberkennung des Doktortitels gegenüber dem deutsch-griechischen Politiker Georgios Chatzimarkakis. Nach den Feststellungen des zuständigen Gerichts waren die von der Internet-Plattform „VroniPlag“ erhobenen Plagiatsvorwürfe weitgehend berechtigt (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.3. 2015, 19 A 1111/12).
  • Das Schicksal der Aberkennung des Doktortitels wegen berechtigter Plagiatsvorwürfe hatte zuvor bereits die CDU-Politikerin Annette Schavan (VG Düsseldorf, Urteil v. 20.3.2014, 15 K2271/13) und die FDP-Politikerin Koch-Mehrin getroffen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 3.2.2014, 9 S 885/13).
  • Darüber hinaus kann der Doktortitel auch entzogen werden, wenn der Träger sich durch sein Verhalten - u.a. durch Begehung schwerer Straftaten - als zum Führen des Doktortitels unwürdig erwiesen hat (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 10.12.2015, 19 A280/11).
  • Allerdings kommt der Entzug des Doktorgrades wegen Unwürdigkeit grundsätzlich nur bei wissenschaftsbezogenen Verfehlungen in Betracht (BVerfG, Beschluss v. 3.9.2014, 1 BvR 3353/13).

Im Hinblick auf den in diesen Fällen eher strengen Umgang der Gerichte mit den Trägern von Doktortiteln, erscheint die Entscheidung des BGH zur Fortführungsbefugnis bei Partnerschaften als eher großzügig.