BGH bestätigt Untreue-Urteil gegen Homburger OB

Die Verurteilung eines saarländischen Oberbürgermeisters wegen Untreue ist rechtskräftig. Nach Aufhebung der ursprünglichen Verurteilung zu einer Haftstrafe durch den BGH hat dieser nun das zweite, deutlich mildere Urteil des LG bestätigt.


Der infolge eines Strafverfahrens seit 2019 suspendierte Homburger Oberbürgermeister (SPD) ist tief gefallen. Die StA hatte den Oberbürgermeister wegen Untreue angeklagt. Nach der jetzigen Revisionsentscheidung des BGH ist der Untreuevorwurf rechtlich besiegelt.

Oberbürgermeister wollte „Holzmafia“ das Handwerk legen

Anlass der Ermittlungen war die Beauftragung einer Detektei. Unter Hintanstellung erheblicher datenschutzrechtlicher Bedenken hatte der Homburger Oberbürgermeister Ende 2015 die Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofes von einer Düsseldorfer Detektei über Wochen observieren lassen. Hierdurch wollte er rechtswidrige private Holzgeschäfte im städtischen Forst einer im Volksmund als „Homburger Holzmafia“ bekannten Gruppierung aufdecken.

Verfügungsrahmen für die Ermittlungen gesprengt

Die Ermittlungen der beauftragten Detektei brachten keine durchgreifend neuen Erkenntnisse. Der angeblichen Holzmafia kam der Oberbürgermeister hierdurch nicht auf die Schliche. Dafür hatte er den ihm für die Ermittlungen zustehenden Etat deutlich überschritten. Spätestens als am 3.12.2015 eine Rechnung der Düsseldorfer Detektei über 100.000 EUR ins Haus flatterte, war der ihm eingeräumte Verfügungsrahmen von 25.000 EUR gesprengt. Nach diversen Pressemeldungen soll die Stadt am Schluss insgesamt über 300.000 EUR für die Überwachung gezahlt haben.

Freiheitsstrafe wegen Untreue

Dennoch ließ der Oberbürgermeister die Ermittlungen weiterlaufen. Dieses Verhalten und schon die Beauftragung der nach Auffassung der StA überteuerten Detektei bewertete das zunächst mit der Sache befasste LG Saarbrücken als strafbare Untreue gemäß § 266 StGB. Der vom Oberbürgermeister angerichtete Schaden für die Stadt belief sich nach ersten Berechnungen des LG auf über 130.000 EUR. Das LG verurteilte den Oberbürgermeister deshalb zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus.

Oberbürgermeister hat eine Vermögensbetreuungspflicht

Auf die Revision des Angeklagten hob der BGH das Urteil auf. Der BGH stellte in seiner Entscheidung heraus, der Oberbürgermeister habe nach dem saarländischen Kommunalselbstverwaltungsgesetz eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Stadt (BGH, Urteil v. 8.4.2003, 5 StR 550/02, BGH Urteil v. 29.8.2007, 5 5 StR 103/07). Innerhalb dieser Vermögensbetreuungspflicht habe er die Geschäftsordnung des Stadtrates zu beachten. Hiernach habe er eigenständig nur Aufträge bis zu einer Größenordnung von 25.000 EUR vergeben dürfen. Darüberhinaus habe er bei jeder Auftragsvergabe den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten (BGH, Beschluss v. 26.11.2015, 3 StR 17/15)..

Untreue setzt schwerwiegende Pflichtverletzung voraus

Nach Maßgabe des BGH wird dieser Sparsamkeitsgrundsatz aber durch den zu Gunsten des Oberbürgermeisters bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum modifiziert. Der Sparsamkeitsgrundsatz sei nur ein äußerer Begrenzungsrahmen der verhindern soll, dass Maßnahmen ergriffen werden, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind. Der Untreuetatbestand sei bei Ermessensentscheidungen des Oberbürgermeisters nur bei evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstößen erfüllt (BGH, Urteil v. 12.10.2016, 5 StR 103/07).

Auftrag nicht zwingend an den preiswertesten Anbieter

Für den konkreten Fall bedeutet dies nach der Auslegung des BGH, dass der Angeklagte nicht verpflichtet war, angesichts der vorhandenen Verdachtsmomente für unerlaubte Holzgeschäfte eine möglichst preiswerte Detektei zu beauftragen. Vielmehr habe er seine Vergabeentscheidung auch an der Seriosität, dem Auftreten am Markt und dem vorhandenen Ermittlungspotenzial der konkreten Detektei orientieren dürfen. Ein Pflichtverstoß liege nach diesen Kriterien auch dann nicht vor, wenn die Leistung anderweitig deutlich preiswerter angeboten wurde.

BGH hob erstes Urteil wegen Rechtsfehlern auf

Im Ergebnis hob der BGH die erstinstanzliche Entscheidung wegen einer fehlerhaften und überzogenen Auslegung des Untreuetatbestands § 266 StGB auf und verwies das Verfahren zur weiteren Aufklärung und Entscheidung an das LG zurück. Dieses gelangte daraufhin unter Anwendung der Rechtsgrundsätze des BGH zu einem deutlich milderen Urteil.

Verurteilung lediglich zu einer Geldstrafe

Den Untreuetatbestand sah das LG aber nach wie vor als erfüllt an. Spätestens nach Eingang der Rechnung der Detektei am 3.12.2015 über 100.000 EUR hätte der Angeklagte nach Auffassung des LG die weiteren Ermittlungen der Detektei stoppen müssen. Indem er dies unterließ, habe er sich der Untreue durch Unterlassen gemäß §§ 266, 13 StGB strafbar gemacht. Das Gericht verurteilte den Oberbürgermeister nun zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90 EUR.

Erneute Revision vom BGH verworfen

Die hierauf wiederum eingelegte Revision des Angeklagten hat der BGH nun verworfen. Der BGH teilte die Auffassung des LG, dass die unterlassene Kündigung des der Detektei erteilten Auftrags nach dem 3.12.2015 den Tatbestand der Untreue durch Unterlassen erfüllte.


(BGH, Urteil v. 3.3.2022, 5 StR 228/21)


Hintergrund

Der seit dem Jahr 2019 suspendierte Homburger Oberbürgermeister ist offiziell immer noch im Amt. Bei einem vom Homburger Stadtrat zwischenzeitlich eingeleiteten Abwahlverfahren kam nicht das erforderliche Quorum für eine Absetzung des Oberbürgermeisters zusammen. 29 % der Wählerinnen und Wähler nahmen an der Abstimmung teil, erforderlich wäre eine Beteiligung von 30 % gewesen.

CDU fordert Rücktritt des Oberbürgermeisters

Die Beliebtheit des Oberbürgermeisters in der Bevölkerung ist im Laufe des Strafverfahrens erheblich gesunken. Nach Umfragen aus dem Jahr 2021 sprechen sich ca. drei Viertel der Bevölkerung gegen einen Verbleib im Amt aus. Die Homburger CDU fordert nun einen freiwilligen Rücktritt des SPD-Oberbürgermeisters. Ein wegen Untreue rechtskräftig verurteilter Oberbürgermeister sei für die Stadt Homburg untragbar. Die Stadt müsse endlich aus den Negativschlagzeilen heraus.