C. H. Beck Verlag: Umbenennung juristischer Standardwerke

Der C. H. Beck Verlag will NS-Juristen als Namensgeber juristischer Standardwerke endgültig streichen und die Werke nach verdienstvollen Juristen umbenennen. Der "Palandt" heißt deshalb künftig "Grüneberg", der "Schönfelder" wird zum "Habersack".

Eine Reihe Hamburger Doktoranden hat sich zu einer in den letzten Monaten sehr aktiven „Initiative Palandt umbenennen“ zusammengeschlossen. Unter Mitwirkung von verschiedenen Landesministern, dem besonders aktiven bayerischen CSU Landesjustizminister Georg Eisenreich sowie der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht wurde massiv auf den Beck-Verlag als Herausgeber von juristischen Standardwerken eingewirkt mit dem Ziel, die immer noch weit verbreitete Benennung juristischer Standardwerke nach ehemaligen Nazigrößen endgültig zu beenden.

Druck auf Beck-Verlag wuchs kontinuierlich

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich hatte im Mai eine Studie zur Erforschung der NS-Vergangenheit der Namensgeber von juristischen Standardwerken in Auftrag gegeben und nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung den Verleger Hans Dieter Beck auch persönlich zur Aufgabe der bisherigen Praxis der Beibehaltung der Benennung der Standardwerke nach maßgeblichen NS-Juristen gedrängt.

„Palandt“ wird zum „Grüneberg“

Die Bemühungen hatten Erfolg. Der Beck-Verlag hat bekannt gegeben, bei den bevorstehenden Einführungen der Neuauflagen die Namen maßgeblicher Standardwerke zu ändern. So wird der Name des Standardkommentars des BGB, der Palandt, aus den juristischen Bibliotheken und Gerichtssälen verschwinden. Der ehemalige Präsident des nationalsozialistischen Reichsjustizprüfungsamtes Otto Palandt hat als Namensgeber ausgedient. Der Palandt heißt künftig Grüneberg. Namensgeber ist der Richter am BGH Christian Grüneberg, der die Autorenbeiträge im Palandt bereits seit Jahren koordiniert und aufeinander abstimmt.

Aus „Schönfelder“ wird „Habersack“

Auch die bekannteste Gesetzessammlung, der Schönfelder verliert die bisherige Bezeichnung. Die Gesetzessammlung soll künftig nach dem Präsidenten des Deutschen Juristentages, Mathias Habersack, benannt werden. Der bereits 1944 verstorbene bisherige Namensgeber Heinrich Schönfelder war aktives Mitglied der NSDAP und wirkte als Kriegsgerichtsrat in Italien. Auf Schönfelder geht die noch heute gültige Durchnummerierung der Gesetze zurück. Wenigen Juristen ist bewusst, dass die Nummern 1 bis 19 waren während der NS-Zeit dem Parteiprogramm der NSDAP sowie den diversen Rassengesetzen vorbehalten waren.

GG-Kommentar "Maunz/Dürig" wird zu „Dürig/Herzog/Scholz“

Die Umbenennungswelle verschont auch nicht den Standardkommentar zum GG. Der nach dem Mitglied des Verfassungskonvents in Herrenchiemsee Theodor Maunz benannte Kommentar soll ebenfalls umbenannt werden. Der spätere bayerische Kultusminister Maunz war 1964 zum Rücktritt wegen bekannt gewordener Details aus seiner NS-Vergangenheit gezwungen. Zum Erstaunen vieler zeigte der an der Redaktion des Grundgesetzes beteiligte Maunz nach seinem Rücktritt als Kultusminister, dass er aus seiner Vergangenheit wenig gelernt hatte. Nach seinem Rücktritt betätigte sich Maunz als Berater der rechtsradikalen DVU und veröffentlichte unter einem Pseudonym rechtslastige Artikel in einem Presseerzeugnis eines Münchner Verlags. Die neuen Namensgeber des GG-Kommentars sind der 1996 verstorbene Co-Autor Günter Dürig, der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog sowie der ehemalige Verteidigungsminister Rupert Scholz.

Auch Standardkommentar zum Steuerrecht mit neuem Namen

Von der Umbenennungswelle ist auch ein Standardkommentar zum Steuerrecht betroffen, der allen Steuerrechtlern bekannte „Blümich“. Walter Blümich war ab dem Jahr 1933 im Reichsfinanzministerium zuständig für die steuerliche Schikanierung und Diskriminierung von Juden und hat diese maßgeblich mit vorangetrieben. Neue Namensgeber sind die jetzigen Herausgeber des Kommentars Peter Brandis und Bernd Heuermann. Der Kommentar heißt künftig "Brandis/Heuermann".

Die Umbenennungen sind nicht unumstritten

Ganz unumstritten sind die beschlossenen Namensänderungen nicht. Einige Historiker argumentieren, die bisherigen Namen hätten den Vorzug, studierende, angehende Juristen über die nicht immer für die Justiz vorteilhafte Historie stolpern zu lassen. Dies könne eine Anregung sein, sich auch mit den dunklen Seiten der Justiz zu beschäftigen und daraus Lehren zu ziehen. Außerdem seien diese Werke in der Zwischenzeit regelrecht als Marken etabliert, NS-Gedankengut enthielten sie längst nicht mehr.

Wichtiges Zeichen in Zeiten von zunehmendem Antisemitismus

Die Initiatoren, die sich für die Namensänderung eingesetzt haben argumentieren demgegenüber, Standardwerke der Justiz sollten nicht nach NS-Größen, sondern nach verdienten, vorbildhaften Juristen der Neuzeit benannt werden. Auch bei der Benennung von Straßen und Plätzen orientiere man sich ja nicht an Negativbeispielen. Viel näherliegend sei die Benennung nach Beispiel gebenden, verdienten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Dies sieht auch die „Neue Richtervereinigung“ (NRV) so. In einer Pressemitteilung erklärte die Richtervereinigung, dass die Perversion des Rechts in der NS-Zeit Juristen zwar präsent bleiben müsse, sie müsse aber auch nicht im täglichen Handwerkszeug des Juristen allgegenwärtig sein. In Zeiten von zunehmendem Antisemitismus sei die Umbenennung ein wichtiges positives Signal für die Öffentlichkeit aus den Reihen der Jurisprudenz.

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