Angebot an Mitarbeiterin, sich "hochzuschlafen": Bestechlichkeit

Stellt der Dienststellenleiter einer Polizeiinspektion einer LKA-Mitarbeiterin die Förderung ihrer Karriere gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht, so erfüllt dies den Tatbestand der Bestechlichkeit, selbst wenn die Art der Karriereförderung im Unbestimmten bleibt.

Für den Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Wolfsburg ist das Ergebnis des vor dem BGH verhandelten Fall äußerst unerfreulich. Der BGH hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt, die den Dienststellenleiter wegen Bestechlichkeit zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 95 Euro verurteilt hatte. Hiergegen hatte der Angeklagte Revision eingelegt.

Dienststellenleiter mit Einfluss auf die Stellenvergabe

Der Angeklagte war bis Juni 2016 mehr als fünf Jahre Leiter der Polizeiinspektion Wolfsburg. Damit war er auch Bindeglied zur personalführenden Polizeidirektion, die für die Einstellung von Beamten und Tarifangestellten in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen ausschließlich zuständig ist. Die Polizeidirektion berücksichtigt bei der Stellenvergabe regelmäßig Vorschläge der Dienststellenleiter.

Programm zur Förderung der Berufschancen von Frauen

Im Oktober 2012 hatte eine Mitarbeiterin des Landeskriminalamtes einen Gesprächstermin bei dem Angeklagten, bei dem ein Fragenkatalog zum Leitbild der Polizeiinspektion Wolfsburg durchgesprochen wurde. Die LKA-Mitarbeiterin nahm zu diesem Zeitpunkt an einem internen Mentoringprogramm zur Förderung beruflicher Karrieren für Frauen und insbesondere von Frauen in Führungspositionen teil. Die Erörterung des Leitbildes der Polizeiinspektion Wolfsburg war Teil dieses Programms.

Ein unmoralisches Angebot zur Karriereförderung

Im Anschluss an den Termin mit dem Angeklagten machte dieser der LKA-Mitarbeiterin Komplimente. Sie sei ihm schon vorher positiv ausgefallen. Er könne sich die LKA-Mitarbeiterin gut auf einer gut dotierten Stelle bei der Polizeiinspektion vorstellen. Die Komplimente mündeten in der von der LKA-Mitarbeiterin nicht erwarteten Frage, ob sie sich denn auch vorstellen könne, sich "hoch zu schlafen" also "nach oben zu schlafen".

Die verdutzte LKA Mitarbeiterin fragte irritiert, was er damit meine, worauf der Angeklagte antwortete, er meine damit, ob sie sich "dafür" - also für eine gute berufliche Position - nach oben schlafen würde. Die LKA-Mitarbeiterin wies das Ansinnen zurück.

Karriereförderung gegen Sex

Nach der Bewertung des BGH lag in dem Ansinnen des Leiters der Polizeiinspektion eindeutig das Angebot einer beruflichen Förderung der LKA-Mitarbeiterin gegen die Erbringung von sexuellen Gefälligkeiten.

Bestechlichkeit oder bloße Vorteilsannahme

Rechtlich lag das Problem der Einordnung dieses Angebots als eine Form der Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB in der Frage, ob der Angeklagte der LKA-Mitarbeiterin damit eine unrechtmäßige Diensthandlung oder lediglich eine Dienstausübung im Sinne einer einfachen Vorteilsannahme nach § 331 StGB in Aussicht gestellt hatte.

Der Angeklagte vertrat die Auffassung, eine Diensthandlung im Sinne des § 332 StGB habe er schon deswegen nicht anbieten können, weil er für die Stellenbesetzung nicht zuständig war, sondern lediglich gegenüber der Polizeidirektion hierzu Vorschläge machen konnte. Solche Vorschläge seien aber keine Diensthandlungen im technischen Sinne, sondern lediglich Äußerungen im Rahmen der Dienstausübung und fielen damit nicht unter den Straftatbestand der Bestechlichkeit.

Missbrauch der Amtsstellung ist entscheidend

Dieser Auffassung folgte der BGH nicht. Nach der Entscheidung des BGH liegt eine Diensthandlung bereits dann vor, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird (BGH, Urteil v. 22.6. 2000, 5 StR 566/17).

Eine pflichtwidrige Diensthandlung begehe ein Dienstinhaber, wenn er seine amtliche Stellung dazu missbraucht, eine verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm durch seine amtliche Stellung ermöglicht wird (BGH, Urteil v.  28.10.1986, 5 StR 244/86). Hierfür reiche es aus, wenn er aufgrund seiner Kompetenz in die Entscheidungsfindung einer anderen Dienststelle einbezogen sei und er auf die Entscheidung in der Praxis Einfluss habe (BGH, Beschluss v. 3.4.2019, 5 StR 20/19).

Dienststellenleiter hat sich als käuflich erwiesen

Nach dem Urteil des BGH hat der Angeklagte der LKA-Mitarbeiterin eine Förderung ihres beruflichen Fortkommens in Aussicht gestellt und dies mit der Erbringung sexueller Dienste verknüpft. Auch wenn die avisierte Art der Karriereförderung eher allgemein gehalten und noch wenig konkret gewesen sei, habe der Angeklagte sich mit seinem Angebot gegenüber der LKA-Mitarbeiterin als käuflich erwiesen. Konkret habe sein Ansinnen den Inhalt gehabt, der LKA-Mitarbeiterin berufliche Vorteile gegen Gewährung von Geschlechtsverkehr zu verschaffen und im Gegenzug bei künftigen Stellenbesetzungen zugunsten der LKA-Mitarbeiterin mitzuwirken.

Geschlechtsverkehr als persönlicher Vorteil

Die intendierte „sexuelle Gunstgewährung“ ist nach der Bewertung des BGH ein Vorteil im Sinne des § 332 StGB. Zwar sei höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen immaterielle Zuwendungen dem Vorteilsbegriff der Bestechungsdelikte unterfallen, jedoch herrsche in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass unter Vorteil jede Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen oder auch persönlichen Lage des Straftäters zu verstehen ist (BGH Urteil v. 10.3.1983, 4 StR 375/82).

Der Senat hatte keine Schwierigkeiten damit, die Gewährung von Geschlechtsverkehr als einen Vorteil in diesem Sinne zu werten. Die vom Angeklagten intendierte Gewährung von Geschlechtsverkehr sei eine dessen persönliche Lage verbessernde Leistung.

Revision des Angeklagten verworfen

Im Ergebnis war nach Auffassung des BGH damit der Tatbestand der Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB erfüllt. Die Verurteilung des Angeklagten durch die Vorinstanz erfolgte damit zurecht. Die vom Angeklagten eingelegte Revision hat der BGH als unbegründet verworfen.

(BGH, Urteil v. 7.4.2020, 6 StR 52/20).