Einweisung in ein Pflegeheim als grober Undank

Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks setzt objektiv eine schwere Verfehlung des Beschenkten gegenüber dem Schenker und subjektiv eine Gesinnung voraus, welche die zu erwartende Dankbarkeit vermissen lässt. Reicht dafür eine unangekündigte Einweisung der Mutter in ein Pflegeheim?

In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte eine Mutter ihrem Sohn im Jahre 2004 ein bebautes Grundstück geschenkt, auf dem sie sich ein lebenslanges Wohnrecht einräumen ließ. Im Jahr 2000 erteilte die Mutter ihrem Sohn eine Vorsorgevollmacht, im Jahr 2007 eine Kontovollmacht und im Januar 2009 eine notariell beurkundete der General-Betreuungsvollmacht. Im gleichen Jahr stürzte die Mutter.

Kurzzeitpflege in unbefristeten Heimaufenthalt umgewandelt

Sie kam zunächst zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Ursprünglich war vorgesehen, die Mutter anschließend zunächst in einer Kurzzeitpflege versorgen zu lassen. Entgegen dem Willen der Mutter veranlasste der Sohn, dass seine Mutter in eine Pflegeeinrichtung für demenzkranke Menschen aufgenommen wurde. Mit dieser Einrichtung schloss der Sohn einen unbefristeten Heimvertrag ab.

Mutter macht alles rückgängig

Die Mutter fühlte sich von ihrem Sohn durch diese Maßnahmen unangemessen behandelt. Mit Hilfe ihrer Nachbarn verfasste sie diverse Schreiben, mit denen sie die ihrem Sohn erteilte Vorsorge-Betreuungsvollmacht widerrief und den von ihrem Sohn abgeschlossenen Langzeitpflegevertrag kündigte. Sie beantragte eine Kurzzeitpflege, bis die von ihr gewollte häusliche Pflege organisiert sei.

Sohn und Mutter gehen rechtlich in den Clinch

Darauf teilte der Sohn dem Pflegeheim mit, seine Mutter sei geschäftsunfähig; der Langzeitpflegevertrag könne nur von ihm gekündigt werden. Er untersagte dem Pflegeheim, andere Familienmitglieder oder die Nachbarn zu seiner Mutter vor zu lassen.

Dieses Verhalten ihres Sohnes wiederum nahm die Mutter zum Anlass, den Widerruf der Schenkung des Hausgrundstücks wegen groben Undanks zu erklären.

Mutter verklagt ihren Sohn

Logisch folgerichtig verlangte die Mutter von ihrem Sohn die Rückgabe und Rückübereignung des geschenkten Hausgrundstücks. Da dieser sich weigerte, nahm die Mutter gerichtliche Hilfe in Anspruch. Während des Rechtsstreits verstarb sie. Ihre anderen Erben nahm den Rechtsstreit auf und hatten zunächst vor dem LG Erfolg.

Unterbringung im Pflegeheim = grober Undank?

Das LG wertete die Verhaltensweisen des Sohnes als groben Undank im Sinne von § 530 BGB, der die Mutter zum Widerruf der Schenkung berechtigt habe. Das OLG wies demgegenüber die Klage ab. Nach Auffassung des OLG war durch verschiedene Gutachten belegt, dass der schlechte Gesundheitszustand der Mutter erhebliche geistige und psychische Auswirkungen hatte, die letztlich zur Geschäftsunfähigkeit der Mutter geführt hätten. Aufgrund dieser Geschäftsunfähigkeit habe der Sohn zu Recht annehmen dürfen, im aus seiner Sicht wohlverstandenen Interesse seiner Mutter diese in einer Vollzeitpflege einweisen lassen zu dürfen.

BGH: OLG hat nicht alle Aspekte geprüft

Der BGH stellte auf die Revision des Sohnes klar, dass der Widerruf einer Schenkung von objektiven und subjektiven Voraussetzungen abhängig sei, die unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls konkret abzuklären seien.

Hierbei sei die vom OLG angenommene Geschäftsunfähigkeit der Mutter des Beklagten ein Aspekt unter anderen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Mutter tatsächlich geschäftsunfähig war, so habe der Sohn doch nicht einfach deren Willen übergehen dürfen.

Die Mutter als Schenkerin habe erwarten dürfen, dass auch bei fehlender Geschäftsunfähigkeit ihr Sohn ihren Willen in einer so wichtigen Frage nicht ohne Gespräch übergehen würde.

Personelle Autonomie des Schenkers ist zu achten

Die Mutter hat nach Auffassung des Senats als Schenkerin von ihrem Sohn erwarten dürfen, dass dieser ihren Willen respektiert und ist dies dadurch zeige, dass er sie

1. nach ihrem Willen befrage und

2. gegebenenfalls diesem Willen entgegenstehende Argumente mit ihr erörtere.

Dies sei eine Frage des Respekts vor den Bedürfnissen des Schenkers, jedenfalls dann, wenn die Mutter geistig in der Lage gewesen sei, ein solches Gespräch mit ihrem Sohn zu führen. Der BGH monierte, dass es das Berufungsgericht unterlassen habe, der Frage nachzugehen, aus welchen Gründen eine solche Rücksprache mit der Mutter unterblieben sei. Hierzu seien weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich. Zur weiteren Sachaufklärung verwies der BGH daher den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück.

(BGH, Urteil v. 25.03.2014, X ZR 94/12).

Vgl. auch: Scheidung des beschenkten Nachwuchs’ nach elterlicher Grundstücksschenkung

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