Zusammenfassung

 
Begriff

Wohnungseigentümern steht es grundsätzlich frei, einen durch Beschluss geregelten Gegenstand durch erneute Beschlussfassung abzuändern oder zu ergänzen. Freilich ist zu beachten, dass der Zweitbeschluss nicht unzulässig aufgrund des Erstbeschlusses entstandene und schützenswerte Interessen einzelner Wohnungseigentümer beschneidet oder aufhebt.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Hinsichtlich eines Zweitbeschlusses gelten grundsätzlich sämtliche Bestimmungen über die Beschlussfassung entsprechend. Insoweit regelt § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG, dass auch Zweitbeschlüsse zur Wirkung gegen Rechtsnachfolger von Wohnungseigentümern nicht der Eintragung ins Grundbuch bedürfen. Gemäß § 23 Abs. 1 WEG werden auch Zweitbeschlüsse in der Regel auf einer Wohnungseigentümerversammlung gefasst, wobei gemäß Abs. 3 auch eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren möglich ist. Die Ungültigkeit eines Beschlusses – also auch eines Zweitbeschlusses – kann nur durch gerichtliche Entscheidung festgestellt werden (§ 23 Abs. 4 WEG). Die Anfechtung auch eines Zweitbeschlusses erfolgt gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG durch Erhebung einer Anfechtungsklage.

  • LG Frankfurt a. M., Urteil v. 13.2.2020, 2-13 S 103/19: Ein bestandskräftiger Beschluss schließt einen Anspruch auf einen abändernden Zweitbeschluss aus. Dies gilt nicht, wenn schwerwiegende Umstände das Festhalten an der bestehenden Regelung als unbillig erscheinen lassen. Dabei sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die bei der Beschlussfassung noch nicht berücksichtigt wurden und auch durch ein Anfechtungsverfahren nicht geltend gemacht werden konnten.
  • LG Hamburg, Urteil v. 22.2.2017, 318 S 46/15: Auch nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung kann der ihr zugrunde liegende Wirtschaftsplan durch Zweitbeschluss geändert werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen. (Anmerkung: Gilt sinngemäß auch für neue Rechtslage.)
  • LG Hamburg, Urteil v. 28.10.2015, 318 S 9/15: Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft eine erneute Beschlussfassung für angebracht hält. Von Bedeutung ist nur, ob der neue Beschluss aus sich heraus einwandfrei ist.
  • BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 168/13: Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans. (Anmerkung: Gilt sinngemäß auch für neue Rechtslage.)
  • LG München I, Urteil v. 27.2.2012, 1 S 2839/11WEG: Ein inhaltsgleicher bestandskräftiger Zweitbeschluss führt dazu, dass für die Klage auf Ungültigerklärung des nicht bestandskräftigen Erstbeschlusses in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ausnahmsweise ein rechtliches Interesse an der Ungültigerklärung des Erstbeschlusses für die Zeit bis zum Wirksamwerden des inhaltsgleichen Zweitbeschlusses besteht.
  • LG Itzehoe, Urteil v. 16.8.2011, 11 S 42/10: Ohne sachlichen Grund darf nicht im Wege des abändernden Zweitbeschlusses die Kostenverteilung für eine bestandskräftig beschlossene Sanierungsmaßnahme geändert werden. Die Anfechtungsfrist liefe sonst faktisch leer.
  • OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 24.2.2006, 20 W 229/2003: Ein sachlicher Grund, die Aufhebung eines früheren Beschlusses zu beschließen, liegt vor, wenn dieser im Widerspruch zur Teilungserklärung steht.
  • BGH, Beschluss v. 20.12.1990, V ZB 8/90: Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist befugt, über eine schon geregelte Angelegenheit erneut zu beschließen. Der neue Beschluss muss jedoch schutzwürdige Belange eines Wohnungseigentümers aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses beachten.

1 Inhaltsgleicher Zweitbeschluss

Ist der Erstbeschluss fehlerhaft zustande gekommen, z. B. weil er auf der Tagesordnung in der Einladung nicht hinreichend angekündigt war, so kann es sinnvoll sein, den Beschluss gleichen Inhalts auf der nächsten Eigentümerversammlung noch einmal zu fassen, sodass der Beschluss nunmehr rechtsfehlerfrei zustande kommen kann. Wird der inhaltsgleiche Zweitbeschluss sodann bestandskräftig, weil keine fristgerechte Anfechtung erfolgt, so ersetzt der Zweitbeschluss den Erstbeschluss. Eine entsprechende Anfechtungsklage des Erstbeschlusses erledigt sich in der Hauptsache.[1] Der Zweitbeschluss muss im Übrigen mit dem Erstbeschluss nicht wörtlich übereinstimmen. Ein inhaltsgleicher Zweitbeschluss liegt vielmehr auch dann vor, wenn die Eigentümer bei einem abweichenden Wortlaut klar zum Ausdruck bringen, die im Erstbeschluss getroffene Regelung erneut zu wollen und diesen dadurch bestätigen.

[1] LG München I, Urteil v. 27.2.2012, 1 S 2839/11 WEG.

2 Der ergänzende bzw. abändernde Zweitbeschluss

Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneu...

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