Zusammenfassung

 
Überblick

Zweckentfremdung liegt vor, wenn Wohnraum anderen als Wohnzwecken zugeführt wird. Der Wohnraum muss subjektiv bestimmt und objektiv geeignet sein, auf Dauer bewohnt zu werden. Das Zweckentfremdungsrecht dient der Erhaltung des Gesamtwohnraumangebots in Gebieten, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und in denen dem Wohnraummangel mit anderen Mitteln nicht abgeholfen werden kann. In einigen Bundesländern darf Wohnraum in bestimmten Fällen nur mit Genehmigung der Behörde zu anderen als Wohnzwecken genutzt werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Grundlegend wurde die Zweckentfremdung durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts definiert.[1]

Seit 1.9.2006 dürfen die Bundesländer unter Ausübung ihrer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit[2] bei entsprechendem Bedarf eigene Vorschriften zur Zweckentfremdung erlassen. In diesen Landesgesetzen ist auch die Ermächtigung zum Erlass gemeindlicher Satzungen bzw. Verordnungen vorgesehen. Das bedeutet, dass Gemeinden mit Wohnraummangel eigene Satzungen zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen dürfen.

[1] BVerwG, Urteil v. 18.5.1977, VIII C 44.76, NJW 1977 S. 2280.
[2] Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, Föderalismusreform I.

1 Örtlicher Geltungsbereich

Verschiedene Bundesländer haben von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht.

  • In Baden-Württemberg gibt es ein Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum.[1]

    Das Gesetz erlaubt es Gemeinden, Satzungen zu erlassen, nach denen Wohnraum nur mit einer Genehmigung zu anderen als Wohnzwecken genutzt werden darf. Für nicht nur vorübergehende gewerblich oder gewerblich veranlasster Fremdenbeherbergung wird eine Genehmigung benötigt. Gelegentliche Vermietungen sind nicht genehmigungspflichtig. Entsprechende Regelungen gibt es mittlerweile in Stuttgart, Freiburg und in Heidelberg. In Konstanz gilt ebenfalls eine Zweckentfremdungssatzung, diese ist aber lockerer als in den 3 anderen Städten: Hier liegt im Fall einer Nutzung als Ferienwohnung keine Zweckentfremdung vor, wenn der Wohnraum weniger als 6 Monate im Jahr für Ferienzwecke genutzt und ansonsten dauerhaft als Wohnraum verwendet wird. Und in Tübingen gilt eine Zweckentfremdungssatzung, bei der nur bei Leerstand oder dem Unbrauchbarmachen von Wohnraum eine Genehmigung nötig ist. Vermietungen an Feriengäste sind dort keine Zweckentfremdung.

  • In Bayern gibt es bereits seit 2007 ein Zweckentfremdungsgesetz.[2]

    Die Regelungen wurden 2017 noch einmal deutlich verschärft und die Verordnung gilt zeitlich unbegrenzt. Bei Verstößen ist nun ein Bußgeld von bis zu 500.000 EUR möglich. Allerdings liegt bei Fremdenbeherbergungen erst dann eine Zweckentfremdung vor, wenn der Eigentümer insgesamt mehr als 8 Wochen pro Jahr Gäste aufnimmt. Für gelegentliche Vermietungen ist keine Genehmigung erforderlich. Bisher haben München, Nürnberg, Regensburg, Bamberg, Erlangen und Puchheim von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Zweckentfremdungssatzungen zu erlassen.

  • Seit 12.12.2013 gilt in Berlin ein Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum.[3] Die erforderlichen Verwaltungsvorschriften sind in der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung[4] ausgeführt und seit 1.5.2014 anzuwenden.

    Hier ist eine Genehmigung u. a. nötig, wenn Wohnraum zum Zweck der wiederholten, nach Tagen oder Wochen bemessenen Vermietung als Ferienwohnung oder einer Fremdenbeherbergung verwendet wird.

  • In Hamburg gilt das Gesetz über den Schutz und die Erhaltung von Wohnraum[5], das zuletzt durch Gesetz vom 23.10.2018[6] geändert wurde.

    In Hamburg muss die Überlassung von Wohnraum an wechselnde Nutzer genehmigt werden. Wenn die Wohnung nicht mehr als 8 Wochen im Kalenderjahr vermietet wird, ist das genehmigungsfrei. Seit 1.4.2019 gibt es aber eine Registrierungspflicht für Anbieter von Ferienwohnungen in Wohnraum sowie eine Registrierungspflicht für Anbieter von Räumen auf Ferienwohnungsplattformen (z. B. Airbnb) und vergleichbaren Medien. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Höhe bis zu 500.000 EUR.

  • Zur Regelung der Zweckentfremdung von freifinanziertem Wohnraum wurde 2014 in Nordrhein-Westfalen das Wohnungsaufsichtsgesetz verabschiedet.[7]

    Hier gilt ein Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum, das die Zweckentfremdung regelt. Kommunen können durch Satzung Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf festlegen. In diesen Gebieten wird unter Umständen eine Genehmigung benötigt, wenn eine Wohnung zu anderen Zwecken als dem Wohnen genutzt werden soll. Derartige Satzungen gibt es z. B. in Köln, Bonn, Münster und in Dortmund. Für vom Eigentümer selbst zum Wohnen genutzte Eigentumswohnungen gelten die Satzungen dieser Städte jedoch ausdrücklich nicht.[8]

  • In Bremen wurde eine Verbotsverordnung mit Wirkung ab 29.6.2018 erlassen.[9]
  • In Brandenburg ist seit 6.6.2019 das Brandenburgische Zweckentfremdungsverbotsgesetz in Kraft.[10]
  • In Niedersachsen gilt seit 2.4.2019 ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz.[11]
  • In Rheinland-Pfalz ist seit dem 20.2.2020 ein Zweckentfremdungsverbotsge...

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