Leitsatz

  1. Bei der Zwangsverwaltung ist eine Mietvorauszahlung grundsätzlich nur in den Grenzen des § 1124 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen.
  2. Eine Ausnahme gilt, wenn der Mieter einen abwohnbaren Baukostenzuschuss geleistet hat.
  3. Die Berücksichtigung eines abwohnbaren Baukostenzuschusses als Mietvorauszahlung setzt voraus, dass der Mieter den Baukostenzuschuss oder eine entsprechende Bauleistung mit Rücksicht auf das Mietverhältnis erbringt; dass der Baukostenzuschuss aus dem Vermögen des Mieters stammt und dass der Baukostenzuschuss oder eine entsprechende Bauleistung tatsächlich zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstücks verwendet wird.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB §§ 1124 Abs. 2; ZVG §§ 20, 146

 

Kommentar

Die Parteien schlossen im Jahr 2001 einen Mietvertrag über ein Hausgrundstück zu einer monatlichen Miete von 1.480 EUR. In einer Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag vereinbarten die Parteien, dass der Mieter bis zum Jahresende 2005 umfangreiche – in einer Liste im Einzelnen beschriebene – Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten am Gebäude und an den Außenanlagen erbringen sollte. Wegen der Vergütung ist in der Zusatzvereinbarung geregelt, dass "die Verrechnung des Wertes (der Arbeiten) ... unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % mit der monatlichen Miete" erfolgen soll. In der Folgezeit hat der Mieter die Arbeiten durch Eigenleistungen, teilweise unter Mithilfe von Familienangehörigen und Freunden, durchgeführt. Im Spätjahr 2005 erfolgte eine Schlussabnahme durch den Vermieter. Bei dieser Gelegenheit unterzeichneten die Parteien eine Erklärung mit folgendem Wortlaut:

– festgestellte Baukosten: 320.500 EUR

– bereits abgewohnt 2 Jahre

– Mietzeit 18 Jahre und 3 Jahre wegen Nichtbenutzbarkeit wegen der Bauzeit

– Das Abwohnen der Baukosten nach Anhang beginnt am 1.1.2004 und endet am 31.12.2023.

Im Mai 2006 wurde über das Grundstück die Zwangsverwaltung angeordnet. Der Zwangsverwalter hat den Mieter zur Mietzahlung aufgefordert. Dies hat der Mieter unter Berufung auf die Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag und die Verrechnungsregelung abgelehnt. Daraufhin hat der Zwangsverwalter das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs gekündigt und den Mieter auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks in Anspruch genommen. Das Berufungsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben.

Der BGH hat das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen: Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Mieter zur Mietzahlung verpflichtet war. Das Problem folgt aus den Regelungen in den §§ 1124 Abs. 2 BGB, 20, 146 Abs. 1 ZVG. Der Beschluss, durch welchen die Zwangsverwaltung angeordnet wird, gilt als Beschlagnahme des Grundstücks. Die Beschlagnahme umfasst auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt (§§ 20, 146 Abs. 1 ZVG). Eine Verfügung über künftige Mietforderungen ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf die Miete oder Pacht für eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht; erfolgt die Beschlagnahme nach dem 15. Tag des Monats, so ist die Verfügung jedoch insoweit wirksam, als sie sich auf die Miete oder Pacht für den folgenden Kalendermonat bezieht (§ 1124 Abs. 2 BGB).

Von diesem Grundsatz besteht eine wichtige Ausnahme: Hat der Mieter einen abwohnbaren Baukostenzuschuss geleistet, so müssen der Hypothekengläubiger und wegen der Regelung in §§ 20, 146 ZVG auch ein Erwerber in der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwalter die Verrechnung dieser Leistung als Mietzahlung akzeptieren. Diese Rechtsfolge wird aus § 242 BGB abgeleitet. Sie beruht auf der Erwägung, dass der Eigentümer mit der bestimmungsgemäßen Verwendung des Baukostenzuschusses einen Sachwert schafft, der auch dem Grundpfandgläubiger in Form einer Wertsteigerung des Grundstücks zugutekommt. Bei dieser Rechtslage kommt es maßgeblich darauf an, wie der abwohnbare Baukostenzuschuss von den sonstigen Mietvorauszahlungen abzugrenzen ist.

Nach der Rechtsprechung setzt die Berücksichtigung eines abwohnbaren Baukostenzuschusses als Mietvorauszahlung voraus,

  1. dass der Mieter den Baukostenzuschuss oder eine entsprechende Bauleistung mit Rücksicht auf das Mietverhältnis erbringt,
  2. dass der Baukostenzuschuss aus dem Vermögen des Mieters stammt und
  3. dass der Baukostenzuschuss oder eine entsprechende Bauleistung tatsächlich zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstücks verwendet wird.

Die unter der Ziff. 1. genannte Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn der Mieter dem Vermieter ein vom Mietvertrag unabhängiges Darlehen gewährt, das durch Verrechnung mit der Miete getilgt werden soll. Ebenso fehlt es an dieser Voraussetzung, wenn der Mieter die Kosten für eine Baumaßnahme übernimmt, die beim Vertragsschluss bereits abgeschlossen war. Gleiches gilt, wenn der Mieter die Leistungen vor Abschluss des Mietvertrags erbringt.

Ob der Mieter den Baukostenzuschuss in Geld oder in Form von Arbeitsleistungen erbringt, spielt keine Rolle. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge