Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 155 Abs. 1 ZVG

 

Kommentar

In der Zwangsverwaltung eines Wohnungseigentums hat der Zwangsverwalter den vollen Nachzahlungsbetrag aufgrund einer während der Beschlagnahme von den Wohnungseigentümern beschlossenen Jahresabrechnung auch dann vorweg zu bestreiten, wenn vor der Beschlagnahme aufgrund des Wirtschaftsplans fällig gewordene Vorschüsse nicht bezahlt wurden. Insoweit handelt es sich um Ausgaben der Verwaltung, die aus den Nutzungen des Wohnungseigentums vom Zwangsverwalter vorweg zu bestreiten sind ( § 155 Abs. 1 ZVG). Zu den Ausgaben der Verwaltung im Sinne vorgenannter Bestimmung gehören die während einer Beschlagnahme fällig werdenden Beiträge zu den Kosten und Lasten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG. Der Senat folgt damit der Entscheidung des OLG Karlsruhe ZMR 1990, 189 sowie des OLG Düsseldorf, RPfl. 91, 18.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ergibt sich eine endgültige Wohngeldforderung für ein Wirtschaftsjahr aus der beschlossenen Jahresabrechnung (Gesamt- und Einzelabrechnung) als Anspruchsgrundlage; der Wirtschaftsplan ist, sobald die Jahresabrechnung beschlossen ist, keine ausreichende Grundlage mehr für Zahlungsansprüche jedenfalls gegen den Wohnungseigentümer, der zur Zeit der Beschlussfassung im Grundbuch eingetragen ist (vgl. BayObLG Z 1986, 128/131 und NJW-RR 1988, 1170/1171, ebenso OLG Frankfurt RPfl. 1978, 383 und OLG Stuttgart OLG Z 1990, 175/178). Daraus folgt, dass der gesamte sich aus der Jahresabrechnung ergebende Nachzahlungsbetrag mit der Billigung der Jahresabrechnung durch einen Eigentümerbeschluss fällig wird, unbeschadet der früher eingetretenen Fälligkeit von Vorschüssen, die aufgrund des Wirtschaftsplans zu bezahlen waren. Dieses Ergebnis ist auch dadurch begründet, dass allein der Zwangsverwalter bei der Feststellung des Einzelabrechnungssaldos mitwirkt (er besitzt insoweit das Stimmrecht in der abrechnungsbeschlussfassenden Versammlung und auch das wohnungseigentumsgerichtliche Antrags- und Anfechtungsrecht). Ob daneben auch der Eigentümer den übrigen Wohnungseigentümern zur Zahlung verpflichtet ist (so OLG Köln, DWE 1989, 30), muss vorliegend nicht entschieden werden.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 14.02.1991, BReg 2 Z 4/91= BayObLG Z 1991 Nr. 16)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Mit dieser Entscheidung hat sich das BayObLG der derzeit h.R.M. angeschlossen (vgl. u. a. Müller, WE 1990, 190/192; Palandt/Bassenge, BGB 50. Aufl. § 16 WEG Rn. 9 sowie Henkes/Niedenführ/Schulze, WEG, § 28 Rn. 12, sowie AG Gelsenkirchen WuM 1989, 354, bestätigt auch durch das LG Essen, WuM 1990, 48). Abgelehnt wurde insoweit die Meinung von Hauger (Festschrift für Bärmann und Weitnauer, 1990, S. 353/366) und Schnauder (WE 1991, 7/11). Anspruchsmöglichkeiten zumindest für nicht gezahlte Vorauszahlungen nach altem Wirtschaftsplan gegenüber einem Voreigentümer nach rechtsgeschäftlichem Eigentumswechsel hat allerdings das BayObLG (1. Zivilsenat) in seiner Entscheidung vom 19. 4. 1990 ( BayObLG, Entscheidung v. 19. 4. 1990, Az.: BReg 1 b Z 19/89; vgl. auch BayObLG, Entscheidung v. 13. 6. 1990, Az.: 2 Z 62/90) anerkannt (m. E. überraschenderweise trotz Wegfalls der Anspruchsgrundlage aus einem Wirtschaftsplan nach "überholender" Jahresabrechnungsbeschlussfassung).

[Diese Rechtsmeinung muss heute als Überholt bezeichnet werden.]

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