Grundsätzlich werden die nachrangig betroffenen Gläubiger durch den Rangvorrang der Wohnungseigentümer nicht unbillig benachteiligt. Denn der Vorrang der Wohnungseigentümer ist bereits in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG doppelt begrenzt:

  • Der Vorrang begrenzt die berücksichtigungsfähigen Ansprüche auf die laufenden sowie die rückständigen Beiträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten beiden Kalenderjahren,
  • die insgesamt nicht mehr als 5 % des nach § 74 a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswerts ausmachen dürfen.
 
Praxis-Beispiel

Vorrangsbegrenzung

Wohnungseigentümer A ist in der laufenden Wirtschaftsperiode 2023 bis August mit der Zahlung der Hausgelder in Höhe von insgesamt 1.800 EUR in Rückstand. Die Eigentümergemeinschaft hat darüber hinaus noch aus den vorangegangenen Wirtschaftsperioden 2020, 2021 und 2022 titulierte Hausgeldansprüche gegen A. Diese belaufen sich für die Wirtschaftsperiode 2020 auf 500 EUR sowie für die beiden folgenden Wirtschaftsperioden 2021 und 2022 jeweils auf 1.500 EUR. Im Rahmen der Zwangsversteigerung über das Wohnungseigentum des A wurde der Verkehrswert seiner Wohnung auf 60.000 EUR festgesetzt. Forderungen der Gläubigerbanken in Höhe von 65.000 EUR sind durch entsprechende Grundpfandrechte gesichert.

Den Idealfall unterstellt, bei der Zwangsversteigerung sei ein Erlös in Höhe des Verkehrswerts erzielt worden, geht die Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft zumindest in Höhe von 4.800 EUR (laufende Wirtschaftsperiode 1.800 EUR + Hausgeldrückstände 2021 und 2022 von jeweils 1.500 EUR) zunächst also derjenigen des grundpfandrechtlich gesicherten Bankinstituts in Höhe von 65.000 EUR vor. Zu beachten ist aber neben der zeitlichen auch die betragsmäßige Begrenzung![1]

4.1 Zeitliche Begrenzung

Der Vorrang der Wohnungseigentümer ist – wie eingangs erwähnt – zeitlich begrenzt auf die laufende sowie die 2 vorangegangenen Wirtschaftsperioden.

Abgrenzung zwischen laufenden und rückständigen Beträgen

Maßgeblich für die Abgrenzung von laufenden und rückständigen Beträgen ist gemäß § 13 ZVG der Zeitpunkt der Beschlagnahme. Laufende Beträge sind demnach der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden. Zeitlich davorliegende Beträge sind rückständige Beträge. Im Vorrang berücksichtigt werden neben den laufenden nur die aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten 2 Kalenderjahren rückständigen Beträge.

 
Hinweis

Wirtschaftsperiode = Kalenderjahr

Bei den Rückständen wird auf das Kalenderjahr abgestellt. Argument: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist gesetzlich verpflichtet, gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG die Jahresabrechnung ebenfalls nach dem Kalenderjahr aufzustellen, und so können die auf Grundlage der Jahresabrechnung festgesetzten Nachschüsse direkt verwendet werden. Selbstverständlich sind die Wohnungseigentümer berechtigt, durch Vereinbarung auch eine vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsperiode zu wählen. Dann aber muss die Abrechnung nach den Entstehungszeitpunkten der Ansprüche neu untergliedert werden, um feststellen zu können, welche Ansprüche nach dem Zeitpunkt entstanden sind und so im Vorrang berücksichtigt werden können.

Im Hinblick auf den Vorrang der Wohnungseigentümergemeinschaft im Beispielsfall können also nur die Forderungen der laufenden Wirtschaftsperiode 2023 in Höhe von 1.800 EUR sowie diejenigen der Wirtschaftsperioden 2021 und 2022 in Höhe von jeweils 1.500 EUR berücksichtigt werden.

4.2 Betragsmäßige Begrenzung

Der Vorrang der Wohnungseigentümergemeinschaft ist des Weiteren auch der Höhe nach begrenzt auf maximal 5 % des Verkehrswerts.

 
Praxis-Beispiel

Begrenzung auf maximal 5 % des Verkehrswerts

5 % des Verkehrswerts von 60.000 EUR sind 3.000 EUR. Die in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigenden Ansprüche der Gemeinschaft belaufen sich insgesamt auf 4.800 EUR. In Höhe von 1.800 EUR genießt also die Eigentümergemeinschaft keinen Vorrang gegenüber dem grundpfandrechtlich gesicherten Bankinstitut.

Restforderung in Rangklasse 5 anmelden

Wegen ihrer Restforderung in Höhe von 1.800 EUR zzgl. der 500 EUR aus dem Jahr 2020 muss die Eigentümergemeinschaft aber nicht per se ausfallen. Dieser Betrag ist vielmehr in der Rangklasse 5 anzumelden.

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