Leitsatz

1. "Begleitschäden", die darauf beruhen, dass die Zwangsvollstreckung nicht in der gehörigen Weise durchgeführt worden ist, werden vom Schutzzweck der Haftungsnorm für die Vollstreckung bloß vollstreckbarer, später aufgehobener oder geänderter Titel nicht erfasst.

2. Bei pflichtwidrigem Handeln des Gerichtsvollziehers als Vollstreckungsorgan tritt die Amtshaftung ein. Daneben ist kein Raum für eine Haftung des Gerichtsvollziehers als Verrichtungsgehilfe des Gläubigers.

(amtliche Leitsätze des BGH)

 

Normenkette

ZPO § 717 Abs. 2; BGB §§ 831, 839

 

Kommentar

Der Vermieter hatte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs gekündigt und Räumungsklage erhoben. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt. Aufgrund dieses Urteils wurde die Wohnung zwangsgeräumt. Einen Teil des Räumungsguts hat die Gerichtsvollzieherin entsorgt. Auf die Berufung des Mieters hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der BGH hatte u. a. zu entscheiden, ob der Vermieter wegen der von der Gerichtsvollzieherin vernichteten Einrichtungsgegenstände zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Dies wird vom BGH verneint: Als Anspruchsgrundlage kommt zunächst § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist der Kläger im Fall der Aufhebung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils "zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist". Der BGH führt hierzu aus, dass dieser Anspruch nur solche Schäden umfasst, die infolge der Vollstreckung entstanden sind.

Praxis-Beispiel

Vollstreckungsschäden bei Räumungsurteil

Bei der Vollstreckung eines Räumungsurteils zählen hierzu insbesondere eventuelle Umzugskosten, Kosten für die Anmietung von Ersatzräumen oder Hotelkosten.

Schäden, die infolge einer unsachgemäßen Durchführung der Vollstreckung entstanden sind (sog. Begleitschäden), werden vom Schutzzweck der Vorschrift nicht umfasst. Hierzu gehört auch ein Schaden, der infolge einer unrechtmäßigen Beschädigung oder Vernichtung des Räumungsguts entsteht.

Der Vermieter haftet in einem solchen Fall auch nicht nach § 831 BGB. Diese Vorschrift regelt u. a. die Haftung des Vermieters für solche Personen, die in seinem Auftrag tätig werden und hierbei den Mieter schädigen. Voraussetzung ist dabei, dass zwischen dem Vermieter und dem sog. Verrichtungsgehilfen ein privatrechtliches Verhältnis besteht. Demgegenüber wird der Gerichtsvollzieher aufgrund öffentlichen Rechts tätig. Dies hat zur Folge, dass bei Pflichtverletzungen des Gerichtsvollziehers grundsätzlich das Land haftet, bei dem der Gerichtsvollzieher angestellt ist (Art. 34 GG, § 839 BGB).

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 05.02.2009, IX ZR 36/08, NJW-RR 2009, 658

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