Leitsatz

  1. Die unterbliebene Beteiligung der Wohnungseigentümer im amtsgerichtlichen Verfahren kann im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden und der Verfahrensmangel somit geheilt werden. Es bedarf in diesem Rechtszug keiner förmlichen Genehmigung der bisherigen Verfahrensführung durch sämtliche Wohnungseigentümer.
  2. Möchte der Erwerber eines Wohnungseigentums dem wegen nachhaltigen Störungen des Gemeinschaftsfriedens zur Veräußerung verurteilten früheren Wohnungseigentümer weiter dieses Wohnungseigentum zur Nutzung überlassen, kann die Verwalterzustimmung zur Veräußerung aus wichtigem Grund versagt werden.
 

Sachverhalt

In den Wohnungsgrundbüchern einer Wohnungseigentumsanlage ist als Inhalt des Sondereigentums eingetragen, daß die übertragung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf. Die Eigentümer einer Wohnung, ein Ehepaar, übertrugen ihr Wohnungseigentum in Form einer Schenkung unter der Auflage auf ihren Sohn, ihnen auf Lebensdauer einen Nießbrauch einzuräumen. Der Verwalter verweigerte seine Zustimmung mit der Begründung die schenkweise übertragung solle allein dazu dienen, ein gegen das Ehepaar laufendes Verfahren auf Entziehung ihres Wohnungseigentums zu umgehen.

Das Ehepaar wurde schließlich im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens, an dem nicht sämtliche Wohnungseigentümer teilnahmen, zur Veräußerung verurteilt. Ihre Beschwerde vor dem Landgericht blieb erfolglos, woraufhin sie den übertragungsvertrag dahingehend abänderten, daß der Nießbrauch aufgehoben wurde. Der Verwalter jedoch verweigert immer noch seine Zustimmung mit der Maßgabe eine solche dann zu erteilen, sobald das Ehepaar einen Mietvertrag über eine außerhalb der Anlage liegende Wohnung vorlegen und aus der Wohnung endlich ausziehen würde, ihr Sohn solle an Eides statt versichern, daß die Eltern auch nicht besuchsweise die Wohnanlage betreten würden. Das Ehepaar indes machte gegenüber dem Verwalter deutlich, nicht aus der Wohnung ausziehen zu wollen.

 

Entscheidung

Die Verweigerung der Zustimmung zur übertragung des Wohnungseigentums auf den Sohn war nicht zu beanstanden. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 WEG darf die zur übertragung eines Wohnungseigentums erforderliche Zustimmung des Verwalters nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Ein derart wichtiger Grund liegt dabei immer dann vor, wenn die übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber für die übrigen Wohnungseigentümer eine sog. "gemeinschaftswidrige" Gefahr mit sich bringt, die in der Person des Erwerbers liegt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß jeder Wohnungseigentümer in der Verfügung über sein Eigentum eigentlich frei ist und eine Versagung der Zustimmung zu einer geplanten Veräußerung einen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellt. Liegen aber gewichtige Gründe dafür vor, der Erwerber würde die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer nicht beachten, ist eine Versagung der Zustimmung nicht zu beanstanden. So lagen die Dinge hier - die übertragung der Wohnung auf den Sohn würde die schutzwürdigen Gemeinschaftsinteressen der übrigen Wohnungseigentümer in so schwerwiegendem Maß beeinträchtigen, daß ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung gegeben ist.

Dieser Grund jedoch liegt nicht direkt in der Person des Sohnes, sondern vielmehr in der des Vaters. Dieser ist mehrfach gegenüber dem Verwalter und anderen Wohnungseigentümern tätlich geworden und hat diese darüber hinaus öfter beleidigt. Wegen dieser Taten ist er auch rechtskräftig verurteilt. Da nun aber Eltern und Sohn in der Eigentumswohnung zusammen leben und die Eltern deutlich machten, aus der Wohnung nicht ausziehen zu wollen, wären die übrigen Wohnungseigentümer gezwungen, die Hausgemeinschaft auch mit dem Vater fortzuführen, was ihnen aber wegen der übergriffe nicht zugemutet werden kann.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 04.06.1998, 2Z BR 19/98

Fazit:

Im Zusammenhang mit der Entziehung des Wohnungseigentums ist weiter zu beachten, daß die Vermietung an den früheren Wohnungseigentümer eine Entziehungsklage gegen den Erwerber gemäß § 18 WEG dann rechtfertigen kann, wenn dem früheren Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum nicht nur lediglich wegen Zahlungsverzugs entzogen worden war. Diesem Fall kann man durchaus den vorliegenden gleichsetzen, in dem der Erwerber des Wohnungseigentums dieses dem wegen nachhaltigen Störungen des Gemeinschaftslebens ausgeschlossenen früheren Wohnungseigentümer zur weiteren Mitbenutzung überläßt.

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