Leitsatz

Macht die Gemeinschaftsordnung jede bauliche Änderung von der Zustimmung des Verwalters abhängig, kommt es beim Fehlen der Zustimmung auf einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht an.

 

Normenkette

WEG §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B die Entfernung einer Holzterrasse. Er trägt hierzu im Wesentlichen vor, dass B im Jahr 2015 den vorhandenen Steinplattenbelag mit einer ca. 10 cm bis 15 cm hohen Holzterrasse "beplankt" habe. Es handele sich hierbei seines Erachtens um eine unzulässige bauliche Veränderung und einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsordnung, nach der der Verwalter baulichen Veränderungen zustimmen müsse. Die erforderliche Verwalterzustimmung sei aber nicht vorhanden. Durch das Holz werde die Wohnungseigentumsanlage optisch nachteilig verändert. Auch bestehe eine Gefährdung der Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, da Schlagregen jetzt sofort auf die Holzstütze und den Mauerputz spritzen würde. Für die Beurteilung, ob es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung handle, komme es nicht darauf an, ob die Holzterrasse mit dem Untergrund fest verbunden sei.
  2. B führt im Wesentlichen aus, nach der Gemeinschaftsordnung seien die 5 Häuser der Wohnungseigentumsanlage getrennt zu behandeln. K sei damit schon nicht Anspruchsinhaber. Im Übrigen liege keine bauliche Veränderung vor, da kein Substanzeingriff beim Auflegen der Holzterrasse erfolgt sei. Sein Sondernutzungsbereich sei im Übrigen auch nicht einsehbar, lediglich von der Gartentür aus und von oben. Es bestehe auch kein Gesamtzusammenhang der Terrassen. Im Übrigen seien die vorhandenen Steinplatten ca. 25 Jahre alt.
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat Erfolg! K habe einen Anspruch aus §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB analog auf Entfernung/Beseitigung der Holzterrasse. Dabei sei nicht entscheidungserheblich, ob die Holzterrasse fest mit dem Untergrund verbunden sei oder nicht. Entscheidend sei, dass durch die Verwendung eines anderen Materials (Holz- statt Steinplatten), anderer Farbe und Erhöhung von ca. 10-15 cm eine optische Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnungseigentumsanlage einhergehe. Die übrigen Terrassenbereiche seien jeweils mit Steinplatten belegt. Dabei sei es auch nicht entscheidungserheblich, in welchem Zustand sich diese Steinplatten befänden. Nach der Gemeinschaftsordnung bedürfe in zulässiger Abänderung von § 22 Abs. 1 WEG jede Änderung an den Terrassen der Verwalterzustimmung, sodass es auf einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht ankomme.
  2. K sei auch aktivlegitimiert. Es handele sich um einen Individualanspruch, den jeder Wohnungseigentümer geltend machen könne. Die weitgehende Trennung der 5 Häuser beinhalte nicht, dass jeder Wohnungseigentümer Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum eigenmächtig vornehmen dürfe.
 

Kommentar

Anmerkung

Wenn man so die Münchener Entscheidungen durchsieht, könnte einem manchmal angst und bange werden. Im Fall ist jedenfalls erst einmal zu fragen, ob eine bauliche Veränderung vorliegt – denn nur dieser muss der Verwalter zustimmen. Dies lässt sich nicht abschließend beurteilen, da die Entscheidung die Frage gar nicht erst prüft. Läge eine bauliche Veränderung vor, ist es richtig, zu fragen, ob der Verwalter dieser zugestimmt hat. Fehlt es daran, ist die bauliche Veränderung formell nicht legitimiert. Da die Zustimmung nachgeholt werden kann, hätte man den beklagten Wohnungseigentümer darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben müssen, die Zustimmung noch beizubringen. Dann wäre es auf die Frage eines Nachteils angekommen. Ob es diesen gab, lässt sich naturgemäß nicht als Anmerkender bejahen oder verneinen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass der Verwalter einer baulichen Veränderung zustimmen muss, muss der Verwalter diese Pflicht erfüllen. Sie gehört zu seinem Amt in der konkreten Wohnungseigentumsanlage und kann als Pflicht nicht verweigert werden. Da es so ist, sollte jede Person, die sich bei einer konkreten Wohnungseigentumsanlage zum Verwalter bestellen lassen will, vorher gründlich die Gemeinschaftsordnung sichten und die entsprechenden (weiteren) Amtspflichten mit im Verwaltervertrag zu spiegelnden Sondervergütungen unterfüttern. Wird das übersehen, kann sich der Verwalter sehr unangenehmen Pflichten gegenüber sehen, die pauschal vergütet werden.

Checkliste: Weitere Pflichten

Als weitere gewillkürte Pflichten kommen unter anderem die folgenden in den Blick:

  • Nach einer Vereinbarung die Bestimmung des Inhalts von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, etwa ein anderer Umlageschlüssel.
  • Nach einer Vereinbarung Bestimmung einer Vereinbarung.
  • Nach einer Vereinbarung die Zustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG für eine Veräußerung.
  • Nach einer Vereinbarung die Zustimmung für einen abweichenden Gebrauch.
  • Nach einer Vereinbarung die Überwachung von Gebrauchsbestimmungen.
  • Nach einer Vereinbarung die Verteilung der Gebrauchsrechte an Kellern oder die Zuweisung von Stellplätzen.
  • N...

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