BMF, 1.9.1994, IV B 3 - S 2253 a - 15/94

Bezug: Sitzung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom 4. bis 6. Mai 1994 (ESt III/94 - TOP 19 -)

Mit o. a. Urteil hat der BFH entschieden, daß einem Treugeber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, wenn für ihn ein Treuhänder den Mietvertrag im eigenen Namen abschließt, der Treuhänder dabei ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt und der Treugeber nach der Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses und nach den sonstigen Umständen gegenüber dem Treuhänder eine derart beherrschende Stellung einnimmt, daß er wirtschaftlich die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis trägt. Zu der Frage, was eine Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beim Treugeber danach im einzelnen voraussetzt, nehme ich nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

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Nachstehende Grundsätze gelten, soweit sie im einzelnen nicht auf bestimmte Fälle beschränkt sind, für alle Treuhandgestaltungen, gleichgültig ob die Anleger sich zu einer Gesellschaft zusammenschließen und die Gesellschaft (Treugeber) ein Treuhandverhältnis mit einem Dritten (Treuhänder) eingeht oder ob die Anleger jeder für sich ein Treuhandverhältnis mit einem Dritten (Treuhänder) begründen. Dabei kann Treugut sowohl ein Grundstück oder Erbbaurecht (Fall der sog. vorgeschalteten Treuhand) als auch ein Gesellschaftsanteil (Fall des Treuhandkommanditisten oder Beteiligungstreuhänders) sein.

 

1. Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung des Treuhandverhältnisses

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Das Treuhandverhältnis ist steuerrechtlich anzuerkennen, wenn

  • dem Treugeber im Innenverhältnis die Rechte an und aus dem Treugut zustehen und
  • der Treugeber das Marktgeschehen jederzeit beherrscht und wirtschaftlich die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis trägt.

Bei einer treuhänderischen Gesellschaftsbeteiligung ist das der Fall, wenn der Treugeber durch das Treuhandverhältnis so gestellt ist wie ein unmittelbar beteiligter Gesellschafter.

 

1.1 Bestimmung des Treuguts

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Ist Gegenstand des Treuhandverhältnisses ein Grundstück oder ein Erbbaurecht, muß der Treugeber das Treugut dem Treuhänder übertragen oder die Auswahl des Treuguts mitbestimmen können. Hat der Treuhänder bereits bei Begründung des Treuhandverhältnisses das Grundstück oder Erbbaurecht erworben, ist diese Voraussetzung dadurch erfüllt, daß der Treugeber mit dem Abschluß des Treuhandvertrags seine Zustimmung zur Auswahl des Treuguts erklärt. Ist Gegenstand des Treuhandverhältnisses die Beteiligung an einer KG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wird das Treugut mit Begründung des Treuhandverhältnisses bestimmt.

 

1.2 Einfluß auf die Gestaltung des Treuhandvertrags

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Hat der Treuhänder den Treuhandvertrag vorformuliert, schließt dieser Umstand die Rechte des Treugebers an und aus dem Treugut und seine wirtschaftliche Stellung als Vermieter nicht aus. Ein Treuhandverhältnis ist hingegen steuerlich nicht oder nicht mehr anzuerkennen, wenn der Treugeber bereits mit Abschluß des Treuhandvertrags oder zu einem späteren Zeitpunkt seine Weisungs- und Mitwirkungsrechte - ganz oder teilweise - unwiderruflich überträgt. Derartige Einschränkungen der Rechte des Treugebers zugunsten des Treuhänders können sich aus dem Treuhandvertrag selbst und aus den den Vertrag ergänzenden Vereinbarungen ergeben und sind auch anzunehmen, wenn die Rechte unter Ausschluß des Treugebers, z. B. durch einen Beirat, ausgeübt werden sollen, der nicht seinen Weisungen unterliegt. Verpflichtungen der Treugeber-Gesellschafter untereinander, die ohne Zustimmung des Treuhänders geändert werden können, berühren das Treuhandverhältnis grundsätzlich nicht.

Stimmt der Treugeber bereits abgeschlossenen Verträgen, z. B. über die Bebauung eines Grundstücks, zu, bewirkt dies allein keinen Verzicht auf die Treugeberrechte. Entsprechendes gilt für die unwiderrufliche Ermächtigung zu Rechtshandlungen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks unabdingbar sind (z. B. wenn zu erwarten ist, daß die Baugenehmigung für das zu errichtende Gebäude nur mit der Maßgabe erteilt wird, daß ein bestimmter Grundstücksteil zur öffentlichen Nutzung abgetreten wird, und der Treugeber schon mit Abschluß des Treuhandvertrages den Treuhänder unwiderruflich zu einer entsprechenden Abtretung ermächtigt).

 

1.3 Kündbarkeit des Treuhandvertrags

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Der steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses steht es nicht entgegen, wenn die Kündbarkeit des Treuhandvertrags für nicht länger als ein Jahr vertraglich ausgeschlossen ist und die Kündigungsfrist ebenfalls nicht länger als ein Jahr beträgt. Dagegen sind Vereinbarungen schädlich, nach denen

  • bei Kündigung des Treuhandverhältnisses die Pflicht zur Bestellung eines neuen Treuhänders besteht oder
  • im Fall der vorgeschalteten Treuhand die Kündigung nur bei Auflösung der Fondsgesellschaft möglich ist oder
  • die mögliche Kündigung des Treuhandverhältnisses die Auflösung der Fondsgesellschaft zur Folge hat.

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