Leitsatz

Mit Urteil vom 12.02.2007 erteilte der BGH der Klage eines Insolvenzverwalters auf erneute Leistung der von der Einlagenschuldnerin übernommenen Bareinlage an die von ihm vertretene insolvente GmbH eine Absage. Der Insolvenzverwalter hatte seine Klage damit begründet, die Bareinlage sei von der insolventen GmbH auf Initiative der Einlagenschuldnerin und der Konzernmutter zum Erwerb eines Gießereibetriebs von einer Schwestergesellschaft verwendet worden und daher als verdeckte Sacheinlage zu werten.

 

Hinweis

Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn zwar formell im Rahmen der Gründung oder Kapitalerhöhung einer Gesellschaft eine Bareinlage geschuldet ist, die Gesellschaft aber materiell - unter Umgehung der Sachgründungsvorschriften - andere Gegenstände als Geld (z.B. Betriebsmittel) erhalten soll. Liegt eine solche verdeckte Sacheinlage vor, so gilt die bestehende Bareinlageverpflichtung als nicht erfüllt.

Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage setzt voraus, dass die übernommene Bareinlage aufgrund einer Verrechnungsabsprache als Vergütung für eine erbrachte oder zu erbringende Leistung unmittelbar oder mittelbar an den zur Einlage verpflichteten Gesellschafter (Inferent) zurückfließt. Eine absprachegemäße Weiterleitung der Einlagemittel an einen Dritten genügt, wenn der Inferent durch sie in gleicher Weise begünstigt wird wie durch eine Leistung der Einlagemittel an ihn selbst (z.B. Leistung an ein vom Inferenten beherrschtes Unternehmen oder Leistung an ein Unternehmen, von dem der Inferent abhängig ist). Sonstige Absprachen zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft, insbesondere Verwendungsabsprachen, sind unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung unschädlich. Der zur Bareinlage verpflichtete Gesellschafter ist also berechtigt, mit der Gesellschaft Vereinbarungen über die Verwendung der von ihm eingebrachten Gelder (z.B. zum Erwerb bestimmter Betriebsmittel) zu treffen. Der Zulässigkeit solcher Verwendungsabsprachen steht nicht entgegen, dass die Einlage in diesen Fällen regelmäßig auch im Wege der Sacheinlage erbracht werden könnte. Derartige Alternativerwägungen dürfen nach Auffassung des BGH nicht berücksichtigt werden, weil sie zu sehr in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit eingreifen und zu einem Zwang zur Wahl der Sachkapitalerhöhung führten.

Die vorstehenden allgemeinen Kapitalaufbringungsregeln finden auch im Konzernverbund uneingeschränkt Anwendung. Der BGH verweist insoweit auf das sogenannte Trennungsprinzip, wonach juristische Personen getrennt von ihren Gesellschaftern beurteilt werden müssen. Eine Verschärfung der Anforderungen an die Kapitalaufbringung und eine weitergehende Berücksichtigung von Alternativerwägungen im Konzern ist daher nicht zulässig.

Damit ist eine Bareinlage unter Beachtung der allgemeinen Kapitalaufbringungsregeln auch dann zulässig, wenn das von der Gesellschaft mit der Bareinlage abzuwickelnde Geschäft mit einer Schwestergesellschaft abgeschlossen wird und das Geschäft zwischen der Gesellschaft, dem Inferenten und der Konzernmutter, z.B. im Rahmen einer Konzernumstrukturierung, abgesprochen wurde. Zwar betonte der BGH im konkreten Fall, dass das Schwesterunternehmen eine Aktiengesellschaft und die Konzernmutter damit gegenüber der Geschäftsleitung des Schwesterunternehmens nicht weisungsbefugt war (§ 76 Abs. 1 AktG). Das Gleiche gilt jedoch bei Anwendung der allgemeinen Kapitalaufbringungsregeln auch für den Fall einer Schwester-GmbH, solange nicht die Konzernmutter zugleich Inferentin ist. Folglich hat der BGH in seinen Urteilsleitsätzen die Rechtsform des Schwesterunternehmens offen gelassen. Ist die Konzernmutter zugleich Inferentin und fließt die von ihr erbrachte Bareinlage mittelbar über das an dem Geschäft beteiligte Schwesterunternehmen an sie zurück, so liegt eine verdeckte Sacheinlage vor. Das Gleiche gilt, wenn die Konzernmutter als Inferentin selbst an dem Austauschgeschäft beteiligt ist.

Fazit: Im Konzern bestehen keine verschärften Anforderungen an die Kapitalaufbringung. Dennoch sollten Neustrukturierungen im Konzern besonders sorgfältig dokumentiert werden. Unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Beteiligungsverhältnisse im Konzern ist dabei insbesondere herauszustellen, dass etwaige als Bareinlage einzubringende Mittel weder unmittelbar noch mittelbar an den Einlageschuldner zurückfließen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 12.02.2007, II ZR 272/05

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