Leitsatz

In seinem Urteil vom 19.3.2007 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein freies Herauskündigungsrecht eines Gesellschafters jedenfalls dann sachlich gerechtfertigt ist, wenn es auf der Testierfreiheit des Erblassers beruht, von dem der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung geerbt hat.

 

Hinweis

Klauseln in Gesellschaftsverträgen, die einem Gesellschafter die Herauskündigung eines anderen Gesellschafters ohne Grund gestatten oder die einem Gesellschafter im Falle einer an keine Gründe geknüpften Eigenkündigung das Recht zur Übernahme des Gesellschaftsvermögens einräumen, sind normalerweise unwirksam. Die Rechtsprechung geht grundsätzlich davon aus, dass einem Gesellschafter nicht das Recht eingeräumt werden kann, Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesellschaft oder einer GmbH auszuschließen (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 8.3.2004, II ZR 165/02). Dieser Grundsatz soll Gesellschafter davor schützen, dass sie ihre Gesellschafterrechte und -pflichten deshalb nicht nach ihrem wirklichen Interesse und dem Interesse der Gesellschaft wahrnehmen, weil sie jederzeit damit rechnen müssen, herausgekündigt zu werden, wenn ihr Verhalten dem Mitgesellschafter, der das Herauskündigungsrecht hat, nicht passt. Allerdings hat die Rechtsprechung hiervon Ausnahmen gemacht, wenn berechtigte Interessen für eine solche Gestaltung vorliegen, so z.B. bei Freiberuflerpraxen, wenn den aufnehmenden Gesellschaftern binnen einer angemessenen Frist das Recht zur Herauskündigung verbleibt, falls sie sich bei der Aufnahme des Partners hinsichtlich der Prognose einer langfristigen guten Zusammenarbeit geirrt haben. Auch kann ein solches Hinauskündigungsrecht zulässigerweise vereinbart werden, wenn die Gesellschafterstellung an die Mitarbeit in der Gesellschaft geknüpft werden soll.

Aufgrund dieser Rechtsprechung ist auch der BGH davon ausgegangen, dass der Erwerb einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung im Erbgang für sich allein genommen eine freie Hinauskündigung des neu eintretenden Gesellschafters nicht rechtfertigen kann. Entsprechende Klauseln in Gesellschaftsverträgen sind deshalb normalerweise unwirksam. Im entschiedenen Fall beriefen sich die Kinder einer Nacherbin auf diese Rechtsprechung. Der weitere Nacherbe, der das Unternehmen zunächst mit der Mutter der Kläger geführt hatte, hatte die Gesellschaft entsprechend dem Gesellschaftsvertrag gekündigt und den Geschäftsbetrieb übernommen.

Im vorliegenden Fall hielt der BGH dies für zulässig, weil die gesellschaftsrechtliche Klausel auf einer testamentarischen Anordnung des ursprünglichen Geschäftsinhabers beruhte. Dieser hatte angeordnet, dass zunächst seine Ehefrau das Geschäft fortführen und nach deren Versterben das Geschäft an die beiden Kinder als Nacherben fallen sollte. Diese waren jedoch nach dem Testament verpflichtet, einen Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, nachdem die Gesellschaft für 10 Jahre unkündbar war, dann aber der Sohn berechtigt sein sollte, die Gesellschaft zu kündigen und den Geschäftsbetrieb zu übernehmen und damit im Ergebnis seine Schwester (die Mutter der Kläger) aus der Gesellschaft hinauszukündigen. Der BGH hielt in diesem Falle die gesellschaftsvertraglichen Klauseln deshalb für wirksam, weil die Mutter der Kläger von vornherein nach dem Testament nur eine eingeschränkte Gesellschafterstellung erwerben konnte. Sie war damit belastet, möglicherweise nach 10 Jahren auf freien Entschluss des Mitgesellschafters zu enden. Diese Erwägung des BGH ist zutreffend, denn der Erblasser hätte ja auch anordnen können, dass das Geschäft vorn vornherein dem einen Nacherben allein zufällt und hätte den anderen Nacherben insoweit von der Erbfolge ausschließen können. Es stand dem Erblasser frei, dadurch seine Tochter für eine Übergangszeit noch in den Genuss der Einkünfte aus dem Geschäftsbetrieb zu bringen, dass er ihr eine entsprechend eingeschränkte Gesellschafterstellung vermachte.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 19.03.2007, II ZR 300/05

Fazit:

Ein freies Hinauskündigungsrecht eines Gesellschafters durch die Mitgesellschafter besteht jedenfalls dann, wenn es sich lediglich als eine Schmälerung der Erbeinsetzung durch den Erblasser darstellt. Dann findet die Einschränkung der Gesellschafterstellung in der Testierfreiheit ihre sachliche Begründung. Dem kann auch nicht eine etwaige Unbilligkeit des Testaments entgegengehalten werden, wenn wie im entschiedenen Fall, die Erben über einen relativ langen Zeitraum in den Genuss der Gesellschafterstellung gekommen sind.

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