Leitsatz

  1. Beschlussanfechtung und Hauptsacheerledigung nach Vollzug des Beschlusses
  2. Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung bis zum Verzicht des Antragstellers auf Rückgängigmachung einer durchgeführten Maßnahme
  3. Richtige Kosten- und Geschäftswertentscheidung
 

Normenkette

(§§ 25 Abs. 4, 47 und 48 WEG; § 91a ZPO)

 

Kommentar

1. Im Jahre 2000 wurde in einer Eigentümerversammlung mehrheitlich eine Teilerneuerung der Heizungsanlage (Fernwärmeversorgung) mit einem Kostenaufwand von ca. 240.000,- DM beschlossen und die Maßnahme anschließend durchgeführt. Dieser Beschluss wurde angefochten. In weiterer Eigentümerversammlung 2001 wurde dann der Eigentümerbeschluss aus dem Jahr 2000 bestätigt; dieser Bestätigungs-Folgebeschluss wurde nicht mehr angefochten.

2. Nach übereinstimmend erklärter Hauptsacheerledigung in II. Instanz vor dem LG erging Kostenentscheidung nach den Grundsätzen des § 47 WEG und §§ 91 ff. ZPO zulasten der Antragstellerseite, da diese nach Meinung des LG bei streitiger Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre; für die Weiterverfolgung des Antrags hätte nach Durchführung der Maßnahme kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestanden, da sich die Antragstellerin in der Sache mit der durchgeführten Maßnahme abgefunden und jedenfalls ausdrücklich keinen Rückbau verlangt habe; bestätigt werde dies auch durch die Tatsache, dass sie den Folgebeschluss in 2001 nicht (mehr) angefochten hätte. Als Geschäftswert des Verfahrens wurden 200.000,- DM angesetzt (Kosten der Gesamtbaumaßnahme in Höhe von 240.000,- DM und geringfügige Reduzierung dieses Betrags im Hinblick auf das Interesse der Antragstellerseite).

3. Der Senat hat diese Entscheidung aufgehoben, da das LG im Rahmen seiner Kosten-Ermessensentscheidung nach Hauptsacheerledigung zu Unrecht vom fehlenden Rechtsschutzbedürfnis ausgegangen ist. Ein solches Rechtsschutzbedürfnis bei einer Beschlussanfechtung fällt erst weg, wenn sich ein Antragsteller mit der beschlossenen und durchgeführten Maßnahme abgefunden hat (BayObLG, NJW-RR 1992, 1367). Vorliegend hatte die Antragstellerseite die Rückgängigmachung der durchgeführten Maßnahme schriftsätzlich in der Beschwerdebegründung ausdrücklich gefordert. Dabei musste die Antragstellerseite auch nicht gegenüber der Gemeinschaft während des rechtshängigen Verfahrens konkret einen Rückbau fordern. Solange nämlich ein verfahrensgegenständlicher Beschluss nicht für ungültig erklärt war, hätte die Antragstellerseite mit einem solchen Begehren keinen Erfolg haben können, da ein Beschluss nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG solange gültig ist, bis er rechtskräftig für ungültig erklärt ist. Aus einer bloßen Untätigkeit der Antragstellerseite gegenüber den restlichen Eigentümern kann deshalb nicht geschlossen werden, dass sie sich mit der Maßnahme abgefunden hätte. Dass nun die Antragstellerseite den nachfolgenden Eigentümerbeschluss von 2001 nicht angefochten hat, lässt zwar den Schluss darauf zu, dass sie sich nunmehr mit der Maßnahme abgefunden hat. Dieser Umstand kann jedoch aus Rechtsgründen nicht zum Nachteil der Antragstellerseite herangezogen werden, da dieser Beschluss erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Anfechtung des vorausgegangenen Eigentümerbeschlusses von 2000 gefasst wurde. Die Nichtanfechtung dieses Folgebeschlusses war deshalb auch das erledigende Ereignis, welches dann in zweifacher Weise zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses geführt hat, nämlich einmal deshalb, weil die Ungültigkeit des früheren Beschlusses der Antragstellerseite keinen Nutzen mehr gebracht hätte, und zum anderen auch deshalb, weil sie damit auch zum Ausdruck gebracht hat, dass sie sich mit der durchgeführten Maßnahme abfindet. Die Erstbeschwerde wäre deshalb unter Heranziehung dieses Gesichtspunktes nicht von Vornherein unzulässig gewesen, sondern wäre durch das die Erledigung herbeiführende Ereignis unzulässig geworden. Diesem Umstand wurde aber durch die übereinstimmende Erledigungserklärung Rechnung getragen.

4. Somit musste in Änderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung diese nach billigem Ermessen gequotelt werden, zumal offen bleiben konnte, ob der angefochtene Beschluss tatsächlich ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hat. Dabei musste auch nicht entschieden werden, ob ein von Antragstellerseite gefordertes "Wärme-Contracting", welches sich nach dem Akteninhalt wohl eher als Anlagenleasing darstellen dürfte, überhaupt als (modernisierende) Instandsetzung hätte beschlossen werden können. Bis zum Eintritt der Hauptsacheerledigung konnte deshalb nicht von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis und von einer Unzulässigkeit des gestellten Anfechtungsantrags ausgegangen werden.

5. Auch behauptete Einberufungsmängel und eine evtl. darauf beruhende Beschlussunfähigkeit (aufgrund eines nunmehr gemäß BGH v. 20.9.2000 als nichtig zu bezeichnenden Eventual-Einberufungsbeschlusses) konnten vorliegend dahingestellt bleiben; zum Zeitpunkt der Versammlung im Jahr 2000 war die neuerliche Rechtsprechung des BGH zur Nichtigkeit solche...

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