Leitsatz

  • Veräußert ein Antragsteller sein Wohnungseigentum, führt er das Verfahren in Verfahrensstandschaft für den Erwerber (den neuen Rechtsträger) fort
  • Keine Hauptsacheerledigung im Beschlussanfechtungsverfahren zur Kostentragung und Finanzierung zuvor beschlossener Sanierungs-Sicherungsmaßnahmen selbst bei zwischenzeitlicher Durchführung dieser Maßnahmen
 

Normenkette

§ 21 Abs. 4WEG, § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG; § 265 ZPO, § 325 Abs. 1 ZPO

 

Kommentar

1. In einer Gemeinschaftsordnung war u.a. vereinbart:

"Für die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums und der Sondernutzungsrechten unterliegenden Grundstücksteile kommen die jeweiligen Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten auf. Dies gilt entsprechend für die Außenseite des Balkons im Obergeschoss und die Außenseite aller Fenster. Insbesondere obliegt die Verkehrssicherungspflicht bezüglich des Grundstücks und die Straßenreinigungspflicht allein dem Eigentümer des Miteigentumsanteils zu 6/9.

- Die übrigen Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Betriebskosten ... tragen die Wohnungseigentümer im Verhältnis der Miteigentumsanteile ..."

Vorliegend ging es um die Absicherung eines baufälligen Giebels des Gebäudes und die Beschlussfassung, die Kosten dieser Sicherungsmaßnahmen nach Miteigentumsanteilen auf alle Eigentümer aufzuteilen und auch eine entsprechende Sonderumlage zur Finanzierung zu erheben.

Die Beschlussanfechtung dieser Beschlüsse wurde in allen Instanzen zurückgewiesen.

2. Die Veräußerung des Miteigentumsanteils durch die Antragstellerin hat auf deren Stellung als Verfahrensbeteiligte keinen Einfluss; § 265 ZPO ist entsprechend anzuwenden. Der Veräußerer führt ein Verfahren in Verfahrensstandschaft für den neuen Rechtsträger fort; die rechtskräftig gewordene Entscheidung wirkt für und gegen den Erwerber ( § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG; § 325 Abs. 1 ZPO analog, ständige Rechtsprechung des Senats).

3. Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn sich die Sach- und Rechtslage durch ein Ereignis derart verändert hat, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen ist und die Fortführung des Verfahrens keinen Sinn mehr macht (BayObLG, NJW-RR 1997, 715/717). Vorliegender Anfechtungsstreit hat sich auch noch nicht deshalb erledigt, wenn die Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen zwischenzeitlich durchgeführt worden sind.

4. Dass hier die Kostenaufteilung für die Absicherung der Giebel im Dachgeschoss zu Lasten aller Miteigentümer nach Miteigentumsanteilen erfolgte, stand nicht in Widerspruch zu Vereinbarungen in der Teilungserklärung. In richtiger Auslegung dieser Sonderregelungen ist festzuhalten, dass die Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten nicht mit der Kostentragungspflicht der beschlossenen Maßnahmen gleichgesetzt werden kann. Eine Verkehrssicherungspflicht beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft, Vorkehrungen zu treffen hat, damit anderen (den Wohnungseigentümern und Dritten) kein Schaden daraus entsteht; grundsätzlich obliegt die Verkehrssicherungspflicht den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich; sie kann allerdings auch auf einzelne Eigentümer oder Dritte übertragen werden (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 394). Aus der Verknüpfung der "Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Grundstücks" mit der Straßenreinigungspflicht folgt als nächstliegende Bedeutung der Regelung, dass der jeweilige Eigentümer des betreffenden Wohnungseigentums für den verkehrssicheren Zustand der unbebauten Teile des Grundstücks einschließlich der gemeinschaftlich genutzten Flächen zu sorgen hat, dass ihn insbesondere die Pflicht zur Beleuchtung, zum Schneeräumen und Streuen bei Glätte, zur Beseitigung von Hindernissen oder Unebenheiten auf dem Grundstück und zur Warnung vor solchen trifft und dass er außerdem eine den Wohnungseigentümern aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften obliegende Räum- und Streupflicht wahrzunehmen hat (vgl. auch Weitnauer/Hauger, 8. Aufl. § 27 Rn 43). Eine Abwälzung der Verpflichtung auf den Antragsgegner, das Grundstück und das Gebäude in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten, lässt sich der Teilungserklärung allerdings nur hinsichtlich der unbebauten Grundstücksflächen entnehmen.

5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerde-verfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 3.600,-

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 11.05.2001, 2Z BR 95/00)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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