Leitsatz

Zulässige (auch langfristige) Verpachtung des gemeinschaftlichen Gartens an einen Miteigentümer durch Mehrheitsbeschluss

 

Normenkette

§§ 13, 15, 21 WEG; § 581 BGB

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss auch einem Miteigentümer den gemeinschaftlichen Garten für 30 Jahre verpachten (vorliegend auch mit Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund sowie einem Sonderkündigungsrecht für den Fall einer Wohnungsveräußerung durch den Pächter). Insoweit ging es nicht um die Begründung eines Sondernutzungsrechts; ein solcher Beschluss wäre wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig gewesen (BGH v. 20.9.2000, ZMR 2000, 771). Der Verpachtungsbeschluss führt auch nicht zum Ausschluss der Mitgebrauchsrechte (gem. § 13 Abs. 2 WEG) aller Eigentümer am Gemeinschaftseigentum, sondern setzt einen Mitgebrauch gerade voraus und regelt nur die Art und Weise seiner Ausübung. An die Stelle des unmittelbaren Gebrauchs tritt hier der mittelbare Gebrauch durch das anteilige Partizipieren an den Pachteinnahmen (vgl. auch BGH, ZMR 2000, 845 sowie BayObLG, ZMR 2002, 688, OLG Düsseldorf, ZMR 2002, 985 und Hans. OLG Hamburg, ZMR 2000, 628).
  2. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beurteilt sich auch ausschließlich nach § 15 Abs. 2 WEG und nicht nach § 21 Abs. 3 WEG;§ 15 Abs. 2 WEG ist lex specialis für Gebrauchsregelungen (a.A. offensichtlich Pick in B/P/M, 9. Aufl. § 13 Rz 132). Während § 745 BGB bei einer Gemeinschaft nach Bruchteilen sowohl die Nutzung als auch die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands regelt, beurteilt sich im Wohnungseigentumsrecht der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach den §§ 13 ff. WEG, seine Verwaltung jedoch nach den §§ 20 ff. WEG. Die Verpachtung gemeinschaftlicher Grundstücksflächen richtet sich hier ausschließlich nach § 15 Abs. 2 WEG (vgl. auch BGH, ZMR 2000, 845).
  3. Vorliegend waren auch entsprechende Kündigungsrechte vereinbart, ebenso ein angemessener jährlicher Pachtzins mit Koppelung an den Lebenshaltungsindex. Andere Nachteile waren nicht erkennbar, zumal die Gartenfläche vor der Verpachtungs-Beschlussfassung von den restlichen Eigentümern - wenn überhaupt - nur ganz gelegentlich genutzt wurde. Die meisten Eigentümer hatten auch keinerlei direkten Zugang zur Gartenfläche von den Wohneinheiten aus und waren somit faktisch von einer Nutzung des Gartens ausgeschlossen.
 

Link zur Entscheidung

Hans. OLG Hamburg, Beschluss vom 01.09.2003, 2 Wx 20/03 = ZMR 2003, 957

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