Zusammenfassung

Durch die Ausbreitung des Covid-19-Virus sieht sich die Justiz mit neuen Fragestellungen konfrontiert: Richter arbeiten aus dem Home Office, Gerichte sind für den Publikumsverkehr gesperrt, Termine werden verlegt. Die Gerichte nehmen ihre Verpflichtung als Stütze der Gesellschaft ernst und halten ihre Arbeitsfähigkeit – wenn auch mit Einschränkungen – aufrecht. Dies gilt besonders für Eilrechtsschutzverfahren, d.h. die besonders dringenden Streitigkeiten.

Die Eilrechtsschutzverfahren betreffen die besonders dringenden Streitigkeiten, die eine Rechtsposition vorläufig sichern und Schäden vermeiden sollen, die durch das Abwarten eines Hauptsacheprozesses entstehen würden.

Typische Gegenstände des Eilrechtsschutzes sind Verfahren zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung (z.B. durch die Pfändung beweglichen Vermögens oder die Eintragung einer Sicherungshypothek) – sog. Arrestverfahren – oder zur Sicherung anderer Ansprüche (z.B. von zivil- oder wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen, Herausgabeansprüchen oder Markenrechtstreitigkeiten) – sog. einstweilige Verfügungsverfahren.

Antrag auf Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung: Vor Ort oder elektronisch?

Der Antrag auf Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung kann schriftlich, als elektronisches Dokument oder – trotz der aktuellen Zugangsbeschränkungen zu den Geschäften – bei den meisten Gerichten auch weiterhin zu Protokoll bei der Geschäftsstelle erklärt werden. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts ist nicht zwingend erforderlich.

Verfahrensführung: Mündliche Verhandlungen, Videokonferenzen und schriftliche Stellungnahmen

Wird beim Gericht ein Antrag auf Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung eingereicht, steht es im Ermessen des Gerichts, ob eine mündliche Verhandlung stattfinden soll. Üblicherweise sollen sie dabei auch im Eilrechtsschutzverfahren mündliche Verhandlungen anberaumen, um den Beteiligten damit das rechtliche Gehör zu gewähren. Ausnahmen hiervon gelten nur in Ausnahmefällen, z.B. wenn es dem Antrag offensichtlich an der erforderlichen Eilbedürftigkeit fehlt oder die geltend gemachten Ansprüche nur durch die "Überrumpelung" des Antragsgegners gesichert werden können.

Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte auch in der aktuellen Situation dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs Geltung verschaffen werden. Dazu braucht es allerdings nicht zwingend eine mündliche Verhandlung vor Ort. Das Gericht hat vielmehr auch die Möglichkeit, die mündliche Verhandlung per Videokonferenz durchzuführen (§ 128a ZPO) – häufig fehlt es dazu allerdings an der erforderlichen technischen Ausstattung. Alternativ kann das Gericht dem Antragsgegner auch die Möglichkeit zur schriftlichen oder fernmündlichen Stellungnahme geben. Wenn all diese Möglichkeiten nicht ausreichend oder technisch nicht möglich sind, wird das Gericht – vorausgesetzt, es gelten noch keine umfassenden Ausgangssperrungen / Gerichtsschließungen – um eine zeitnahe mündliche Verhandlung nicht herumkommen (ggf. mit einer Beschränkung der Öffentlichkeit, dem Freihalten von Sitzplätzen zwischen den Beteiligten etc.). Dies gilt insbesondere, wenn die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gesetzlich angeordnet ist und nicht durch eine schriftliche oder fernmündliche Stellungnahme ersetzt werden kann (z.B. bei Entscheidungen über den Widerspruch gegen einen Beschluss zur Anordnung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung nach § 924 ZPO).

Ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, kann das Verfahren beschleunigt werden, wenn der Vorsitzende der zuständigen Kammer über einen Antrag allein entscheidet (§ 944 ZPO). Zulässig ist eine Entscheidung durch den Vorsitzenden allein jedoch nur in engen Ausnahmefällen, nämlich nur, wenn die Entscheidung des Kollegiums dem Antragsteller eine nicht hinnehmbare nachteilige Verzögerung bringen würde. Denkbar ist das insbesondere bei den Kammern für Handelssachen, bei denen die ehrenamtlichen Handelsrichter ggf. nicht rechtzeitig erreicht und in die Entscheidung eingebunden werden können.

Für den (zukünftigen) Antragsgegner kann es unabhängig davon nach wie vor sinnvoll sein, eine Schutzschrift einzureichen, wenn er mit einem Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung rechnen muss. Damit kann er sich bereits vorbeugend gegen einen solchen Antrag wenden und sicherstellen, dass seine Rechtsauffassung – gerade in der aktuellen Situation – gehört wird und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt wird. Schutzschriften können beim zuständigen Gericht oder elektronisch beim zentralen Schutzschriftregister eingereicht werden.

Arrest- und Verfügungsgrund bei Verfahrensverzögerung?

Eine einstweilige Verfügung oder ein Arrest wird nur erlassen, wenn ein sog. Verfügungs- oder Arrestgrund vorliegt. Hierunter versteht man die besondere Dringlichkeit / Gefährdung des geltend gemachten Anspruchs, die die vorläufige Entscheidung in einem abgekürzten summarischen Verfahren und ohne...

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