"Die Rechtsbeschwerde der StA erweist sich gem. § 79 Abs. 1, § 80 Abs. 1 OWiG als unzulässig, da kein Zulassungsgrund besteht. Denn die Rechtsbeschwerde bedarf gem. § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG der Zulassung, da kein Fall von § 79 Abs. 1 S. 1 OWiG vorliegt."

Die Rechtsbeschwerde der StA ist nicht gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG zulässig. § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG erfasst grds. die den Betr. begünstigenden Fälle einer Nichtverurteilung oder des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbotes. Seinem Wortlaut nach ist diese Regelung hier nicht einschlägig, denn das AG hat gerade nicht von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen. Nach den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift könnte jedoch zu erwägen sein, die Vorschrift auch auf den Betr. begünstigende Folgeentscheidungen im Zusammenhang mit der Verhängung eines Fahrverbotes zu beziehen, denn durch die Neufassung von § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG sollte “sichergestellt werden, dass alle auf ein Fahrverbot bezogenen Entscheidungen der AG trotz der Anhebung des Beschwerdewertes weiterhin der Nachprüfung mit der Rechtsbeschwerde unterliegen’ (BT-Drucks 13/8655, S. 13). Allerdings verlangt § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG als kumulative Voraussetzung für die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde der StA beim Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes, dass dieses entweder im Bußgeldbescheid festgesetzt oder von der StA beantragt worden war. Diese kumulative Voraussetzung müsste daher auch bei einer Erstreckung auf begünstigende Folgeentscheidungen vorliegen in dem Sinne, dass das Absehen von der Vergünstigung im Bußgeldbescheid oder in der Hauptverhandlung angeordnet oder beantragt worden ist. Beides ist hier hinsichtlich der Viermonatsfrist jedoch nicht der Fall. Insb. war bereits im Bußgeldbescheid dem Betr. die Viermonatsfrist zugebilligt worden.

Auch ein Fall von § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG, wie von der GenStA angenommen, liegt hier nicht vor. Nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG ist eine Rechtsbeschwerde zulässig, wenn eine – und allein darum geht es hier – Nebenfolge nichtvermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist. Fraglich ist mithin, ob die Zubilligung der Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG als solche Nebenfolge nichtvermögensrechtlicher Art angesehen werden kann. Dies ist zu verneinen: Zwar ist es anerkannt, dass die unterlassene Anordnung einer Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG isoliert mit der Rechtsbeschwerde – vom Betr. – angefochten werden kann (vgl. dazu OLG Düsseldorf NStZ-RR 1999, 61; OLG Jena, VRS 111, 152; Göhler/Seitz, § 79 OWiG, Rn 9; Burmann/Hess/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 25 StVG, Rn 44). Dies gilt jedoch nicht zwangsläufig für den umgekehrten Fall einer isolierten Anfechtung einer unrechtmäßigen Zubilligung dieser Frist durch die StA. Der von der GenStA herangezogene Grundsatz der Waffengleichheit gilt im Bereich der Zulassung der Rechtsbeschwerde nämlich gerade nicht uneingeschränkt. Aus der Systematik des § 79 Abs. 1 OWiG ergibt sich vielmehr, dass für die StA und den Betr. teilweise unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Dies wird insb. deutlich bei den Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art. Diese sind nämlich gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG in dem Fall, in dem sie angeordnet werden, vom Betr. uneingeschränkt anfechtbar. Demgegenüber ist die unterbliebene Anordnung von Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art, wenn es sich dabei nicht um ein Fahrverbot handelt, gerade nicht von der StA anfechtbar, sondern nur dann, wenn dies nach der Höhe der Geldbuße zulässig ist (vgl. dazu Rebmann/Roth/Hermann, § 79 OWiG Rn 5).

Auch die Auslegung des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG nach seinem Wortlaut spricht gegen die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtbarkeit der Gewährung der Viermonatsfrist durch die StA. Bei der Viermonatsfrist handelt es sich nämlich nicht um die Nebenfolge selbst, sondern lediglich um eine Folgeentscheidung hinsichtlich der Nebenfolge “Fahrverbot’. Dies lässt sich vergleichen mit den Zahlungserleichterungen, über die gem. § 18 OWiG zu entscheiden ist, wenn eine Geldbuße gem. § 17 OWiG verhängt wird.

Auch der Sinn und Zweck des § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG spricht gegen eine isolierte Anfechtbarkeit einer zugebilligten Viermonatsfrist gem. § 25 Abs. 2a StVG durch die StA ohne Zulassungsgrund nach § 80 OWiG. Die Beschränkungen der Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde, wie sie heute noch in § 79 OWiG enthalten sind, gehen auf das OWiG v. 24.5.1968 zurück. In der Gesetzesbegründung heißt es dort zu der bereits damals vorgenommenen Differenzierung zwischen Nebenfolgen vermögensrechtlicher und nichtvermögensrechtlicher Art, dass “die Revision’ bei Nebenfolgen nichtvermögensrechtlicher Art (z.B. der Einziehung des Jagdscheins, der Anordnung des Fahrverbotes) stets zulässig sein soll, weil diese Eingriffe für den Betr. meist von erheblicher Bedeutung seien (BT-Drucks V/1269, S. 100). Der uneingeschränkten Anfechtbarkeit angeordneter Nebenfolgen nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG liegt also die Überlegung zugrunde, ...

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