[13] "… 1. Die Auffassung des BG, der Kl. stehe aufgrund erfolgreicher Arglistanfechtung ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu, ist allerdings von Rechtsfehlern beeinflusst. Die Annahme des BG, der Bekl. habe den Kaufvertrag arglistig herbeigeführt, weil er die Kl. nicht über die unterbliebene Fahrzeuguntersuchung aufgeklärt habe, ist bereits im Ansatz verfehlt, weil eine allgemeine Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers – entgegen der Annahme des BG – nicht besteht."

[14] a) Nach st. Rspr. des Senats trifft den Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen (Senatsurt. v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn 24; v. 7.6.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn 15; v. 3.11.1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217 unter II 2 b; v. 21.1.1981 – VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 unter II 3 b aa; v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; v. 16.3.1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a m.w.N.). Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein (Senatsurt. v. 21.1.1981 – VIII ZR 10/80, a.a.O.; v. 3.11.1982 – VIII ZR 282/81, a.a.O.; v. 21.1.1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, a.a.O.), etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu veräußernden Fahrzeugs kennt (Senatsurt. v. 14.4.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn 29 m.w.N.). Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grds. nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung (“Sichtprüfung’) verpflichtet (Senatsurt. v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, a.a.O. m.w.N.).

[15] b) Zudem hat das BG versäumt, Feststellungen zu dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der vermeintlichen arglistigen Täuschung und dem Abschluss des Kaufvertrags zu treffen. Denn angesichts der am Tag des Kaufvertrags durchgeführten, erfolgreichen Vorführung des Fahrzeugs zur Hauptuntersuchung versteht es sich nicht von selbst, dass der vom BG für erforderlich gehaltene Hinweis des Bekl., das Fahrzeug nicht selbst untersucht zu haben, am Kaufentschluss der Kl. etwas geändert hätte.

[16] 2. Soweit das BG – ohne nähere Begründung – dagegen angenommen hat, eine Kenntnis des Bekl. von den massiven Durchrostungen und somit eine arglistige Täuschung durch Verschweigen dieses Mangels sei nicht erwiesen, hat es den Sachverhalt unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht ausgeschöpft. Denn seine weitere Feststellung, wonach die vom Sachverständigen beschriebenen Durchrostungen schon bei Abschluss des Kaufvertrags vorhanden und derart gravierend gewesen seien, dass sie bei einer einfachen Sichtprüfung aufgefallen wären, legt den Schluss nahe, dass der Bekl., der eine solche Sichtprüfung nach eigenem Vorbringen durchgeführt hat, diese Mängel entweder positiv gekannt oder zumindest für möglich gehalten hat. Mit dieser sich aufdrängenden Überlegung hätte sich das BG auseinandersetzen müssen. Denn ein Verkäufer verschweigt einen offenbarungspflichtigen Mangel bereits dann arglistig, wenn er ihn mindestens für möglich hält und gleichzeitig damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Kenntnis den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urt. v. 11.2.2004 – VIII ZR 386/02, NJW 2004, 1032 unter II 1; v. 30.4.2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 unter II 2 b m.w.N.; st. Rspr.).

[17] 3. Die Entscheidung des BG stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn falls die Voraussetzungen einer Arglistanfechtung nicht erfüllt wären, ergibt sich der Anspruch der Kl. auf Rückabwicklung des Kaufvertrags jedenfalls aus § 346 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 440 S. 1, § 323 Abs. 1, § 348 BGB.

[18] a) Das gekaufte Fahrzeug war bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) mangelhaft, weil es sich entgegen der vereinbarten Beschaffenheit nicht in einem Zustand befand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des Kaufvertrags rechtfertigte.

[19] aa) Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung “HU neu’ beinhaltet bei interessengerechter Auslegung – die der Senat, da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, selbst vornehmen kann – die stillschweigende Vereinbarung, dass sich das verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten verkehrssicheren Zustand befinde und die Hauptuntersuchung durchgeführt sei (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Insoweit gilt nichts anderes als für einen in einem Kaufvertrag enthaltenen Zusatz “TÜV neu’ (Senatsurt. v. 24.2.1988 – VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff. m.w.N. [zu § 459 Abs. 2 BGB aF]; vgl. ferner Senatsurt. v. 13.3.2013 – VIII ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn 14, 17 [betr. Untersuchung nach § 21c StVZO aF – Oldtimer]).

[20] bb) Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BG genügte das Fahrzeug dieser Besc...

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