" … 1. Für allen materiellen und immateriellen Schaden, der der Berufungsführerin durch den Unfall entstanden ist oder noch entstehen wird, muss die Rechtsmittelgegnerin schon deshalb nicht aufkommen, weil sie das schädigende Ereignis weder durch Tun noch durch Unterlassen herbeigeführt hat. Bereits dies steht dem Erfolg des Feststellungsbegehrens insgesamt entgegen, weil das erkennende Gericht zu Umformulierungen inhaltlicher Art nicht befugt ist. Doch selbst für Teile der eingetretenen Nachteile besteht kein Ersatzanspruch gegen die Bekl.."

a) Die Kl. hatte nach ihrem eigenen Vorbringen während ihres Urlaubsaufenthalts in P …/Malaysia beim Baden am M … Beach in hüfttiefem Wasser am linken Arm mit einer giftigen Qualle Kontakt. Der Berufungsgegnerin könnte allenfalls anzulasten sein, ihre Pflicht aus § 3 Nr. 1 Teil D VB-E … 2009, den Krankenrücktransport nach Deutschland mit medizinisch adäquaten Transportmitteln zu organisieren, sobald es medizinisch sinnvoll und vertretbar ist, nicht rechtzeitig erfüllt zu haben. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung besteht indes nach deutschem Recht, dessen Geltung die Parteien hier explizit vereinbart haben (Art. 10 Nr. 2 VB-E … 2009), was keinerlei Bedenken begegnet, nur bei Schuldnerverzug (§ 280 i.V.m. § 286 BGB). Hat der Reiseversicherer – wie im Streitfall – entsprechend den vertraglichen Abreden nicht allein die Kosten für die Repatriierung zu tragen (§ 3 lit. c Teil C VB-E … 2009), sondern auch diese selbst zu organisieren (§ 3 Nr. 1 Teil D VB-E … 2009), so bleibt für einen Rückgriff auf den in § 280 Abs. 1 S. 1 BGB enthalten Grundtatbestand unter der Gesichtspunkt der Verletzung rechtsgeschäftlich begründeter Nebenpflichten regelmäßig kein Raum (vgl. Linden, Rechtliche Aspekte weltweiter Krankenrücktransporte [Repatriierung], S. 282). Die Leistungsstörung müsste im Streitfall zudem dafür kausal geworden sein, dass es bei der Rechtsmittelführerin letztlich zur teilweisen Amputation aller Finger der linken Hand mit Versteifung der Gelenke und Aufhebung der Greiffunktion gekommen ist, weil sich – verzugsbedingt – entweder ihr Gesundheitszustand verschlechtert hat oder dieser nicht rechtzeitig mittels allein in Deutschland möglicher medizinischer Maßnahmen in einem geeigneten Krankenhaus, welches dem Wohnort der Kl. am nächsten liegt, verbessert werden konnte. Das lässt sich – wie später noch auszuführen sein wird – nicht feststellen.

b) Auch aus dem Recht der unerlaubten Handlung ergibt sich für die Anspruchsgegnerin keine weitergehende Haftung. Durch Unterlassen kann ein Delikt – speziell eine Verletzung von Körper oder Gesundheit i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB – regelmäßig nur durch einen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten oder bei Bestehen einer sog. Garantenstellung nach dem Verständnis von § 13 Abs. 1 StGB begangen werden (vgl. hierzu BeckOK-BGB/Spindler, Edition 29, § 823 Rn 5 ff.; Schulze/Staudinger, BGB, 7. Aufl., § 823 Rn 56 ff.). Mit der Organisation des Krankenrücktransports unter den Voraussetzungen von § 3 Nr. 1 Teil D VB-E … 2009 hatte die Bekl. lediglich eine Leistung versprochen und sich keineswegs kraft Vertrags in eine rechtliche Position begeben, in der sie verpflichtet war, Körper und Gesundheit der Kl. vor Risiken aus allen Richtungen zu bewahren, was einen sog. Beschützergaranten kennzeichnet (vgl. dazu Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn 8 ff.; ferner Heuchemer, in: BeckOK-StGB, Edition 23, § 13 Rn 36; jeweils m.w.N.). Soweit in der Literatur eine deliktische Einstandspflicht des VR für Organisationsmängel bei der Anspruchsprüfung erwogen worden ist (vgl. Linden, Rechtliche Aspekte weltweiter Krankenrücktransporte [Repatriierung], S. 278 ff. und 282), mag es gewiss um eine Verletzung allgemeiner Verkehrspflichten gehen (vgl. dazu Staudinger/Belling, BGB, Bearb. 2012, § 831 Rn 22). Im Streitfall ist jedoch – insb. unter Berücksichtigung des substanziierten Vortrages der Berufungsgegnerin zu den von ihr veranlassten Maßnahmen – nichts dafür ersichtlich, dass organisatorische Unzulänglichkeiten die seinerzeit gebotenen Reaktionen – in schadensursächlicher Weise – verhindert oder verzögert haben. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt – gem. den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen – die Anspruchstellerin.

2. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Kl. gegen die Bekl. auf Schadensersatz gem. § 280 i.V.m. § 286 BGB wegen einer Verzögerung des Krankenrücktransports von Malaysia nach Deutschland sind nicht gegeben. Dass die schweren Folgen, zu denen es durch die Vernesselung des linken Armes der Rechtsmittelführerin beim Baden im Indischen Ozean gekommen ist, seitens der Berufungsgegnerin hätten verhindert werden können, lässt sich nicht feststellen.

a) Schuldnerverzug kann nicht vor Fälligkeit der versprochenen Leistung eintreten (§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. dazu Kropholler/Jacoby/v. Hinden, StudKomm BGB, 12. Aufl., § 286 Rn 2). Im Streitfall erscheint es bereits sehr fraglich, ob die Bek...

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