1. Die unfallbedingte Beschädigung oder Zerstörung eines Kfz hatte neben dem Substanzschaden auch den Eintritt eines Nutzungsausfallschadens zur Folge. Zur Überbrückung des Nutzungsausfallschadens stand dem Geschädigten grds. – von den Fällen geringen Fahrbedarfs, zur Verfügung stehenden eigenen Zweitfahrzeugs und bei kostengünstigerer Möglichkeit einer Anschaffung eines Interimfahrzeugs abgesehen – ein Nutzungsausfall zu. Rechtfertigung für die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls ist, dass der später Geschädigte mit der Anschaffung des Kfz sich die Nutzungsmöglichkeit erkauft hat (vgl. BGH NJW 2008, 915; OLG Düsseldorf NJW 2008, 1964; eingehend Lange/Schiemann, "Schadensersatzrecht" 3. Auflage, § 6 VII 4).

2. Ein ersatzfähiger Vermögensschaden und keine lediglich als Genussschmälerung zu bewertende Beeinträchtigung liegt nur dann vor, wenn die Nutzung einer Sache betroffen ist, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist (vgl. BGH GSZ NJW 1987, 50; BGH NJW-RR 2008, 198). Mit dieser Festlegung setzte der Große Zivilsenat frühere Entscheidungen fort (vgl. BGH NJW 1964, 542; BGH NJW 1985, 2471; zur nahezu einhelligen Ablehnung der Ersatzfähigkeit des abstrakten Nutzungsausfalls in der Literatur vgl. die Nachweise bei Greger/Zwickel, "Haftungsrecht im Straßenverkehr" 5. Auflage, § 5 Rn 188).

3. Grundvoraussetzung für die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalls sind Nutzungsfähigkeit und Nutzungswille des Geschädigten (vgl. Notthoff, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff. "Praxis des Straßenverkehrs" 6. Aufl. Rn 826 und 827). Zur Begründung des Nutzungsausfallschadens muss der Geschädigte nicht den Nachweis führen, dass das beschädigte Fahrzeug von zentraler Bedeutung für die Lebenshaltung gewesen ist. Vielmehr ging der Große Zivilsenat und die seitherige Rechtsprechung von dem regelhaften Vorliegen dieser Voraussetzung aus (vgl. Greger/Zwickel, a.a.O. § 25 Rn 50).

4. Praxisbedeutsam ist die Frage, ob die Nutzungsbeeinträchtigung sich auf Sachen bezieht, auf deren ständige Verfügbarkeit der Geschädigte angewiesen ist (vgl. BGH GSZ NJW 1987, 50 (52); OLG Jena NZV 2009, 388). Dieses Erfordernis ist dann zu verneinen, wenn der Geschädigte über ein eigenes einsatzfähiges Fahrzeug verfügt (vgl. BGH NZV 2012, 223; BGH VersR 1978, 375). Ist das Zweitfahrzeug einem Familienangehörigen zum Gebrauch überlassen worden, liegt keine Möglichkeit des Gebrauchs dieses Fahrzeugs vor und schließt damit einen Anspruch auf die abstrakte Nutzungsausfallentschädigung nicht aus. Das Gleiche gilt, wenn dem Geschädigten von Dritten (Familienangehörigen, Freunden) ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt wird. Da Leistungen Dritter dem Schädiger nach § 843 Abs. 4 BGB nicht zugute kommen sollen, bleibt der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens erhalten (vgl. OLG Saarbrücken zfs 2018, 205 m. Anm. Diehl).

5. Die Begrenzung der Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfallschadens auf Gegenstände eigenwirtschaftlicher Lebenshaltung will beeinträchtigte Gegenstände ausschließen die eine Genussschmälerung zur Folge haben. Diente ein Kfz lediglich Freizeitzwecken, wie ein Oldtimer-Krad (OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 36), ein luxuriöser Zweitwagen (OLG Koblenz NJW – RR 2004, 747 (748)), ein Wohnwagen (BGH VersR 1983, 298 f.; vgl. auch Grabenhorst, in: Himmelreich/Halm, "Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht", 6. Aufl. Kapitel 5 Rn 67) scheidet eine ersatzfähige Nutzungsausfallentschädigung aus. Allerdings darf nicht die fehlerhafte Schlussfolgerung gezogen werden, da ein Motorrad oder ein Wohnwagen beschädigt worden war, sei schon deshalb kein ersatzfähiger Nutzungsausfallschaden gegeben. Dienten Motorrad und Wohnmobil auch der Mobilität und nicht ausschließlich Freizeitzwecken, lag ein ersatzfähiger wirtschaftlicher Nutzungsausfallschaden vor (vgl. OLG Hamm MDR 1983, 932; Burmann/Heß NJW-sp. 2018, 202 (203)).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 8/2018, S. 438 - 441

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