[4] "… Bereits mit Schreiben vom Vortag, dem 3.2.2016, hatte der Prozessbevollmächtigte bei der Rechtsschutzversicherung des Kl. unter Hinweis auf die ablaufende Berufungsfrist um Erteilung der Deckungszusage für die Durchführung der Berufung gebeten. Diese hat der VR am 19.2.2016 versagt, wobei er darauf hinwies, dass der Kl. eine begründete anwaltliche Stellungnahme veranlassen könne. Nachdem dieses Schreiben nach dem Vortrag des Kl. am 24.2.2016 bei seinem Prozessbevollmächtigten eingegangen war, hat dieser am gleichen Tag eine entsprechende Stellungnahme abgegeben, worauf die Rechtsschutzversicherung am 10.3.2016 eine Deckungszusage erteilt hat."

[5] Am gleichen Tag hat der Kl. Berufung eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat er unter anderem vorgetragen, er sei seit dem schädigenden Ereignis nicht mehr in der Lage gewesen, am ersten Arbeitsmarkt Arbeit aufzunehmen. Er sei fortan zur Sicherung seines Lebensunterhalts von öffentlichen Hilfen abhängig. Den bisherigen Rechtsstreit habe er nur aufgrund der für die erste Instanz erfolgten Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers führen können, weil eine Einzahlung der notwendigen Gerichtskostenvorschüsse ihm aus eigenen Mitteln nicht möglich sei.

[6] Am 30.3.2016 hat das BG den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Mit dem angegriffenen Beschl. v. 20.6.2016 hat das BG den Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Kl. als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde des Kl. führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumten Fristen zur Einlegung der Berufung und ihrer Begründung. …

[9] a) Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Kl. habe nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Fristen zur Einlegung der Berufung und ihrer Begründung einzuhalten. Zur sachgerechten Behandlung dieser Fristen sei es erforderlich gewesen, sogleich nach Zustellung des Urteils den Kl. und dessen Betreuer über das klageabweisende Urteil in Kenntnis zu setzen, das weitere Vorgehen zu klären und die begründete anwaltliche Stellungnahme für den VR früher zu fertigen. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass die Fristen wegen des stationären Aufenthalts oder der wirtschaftlichen Situation des Kl. nicht hätten eingehalten werden können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Bevollmächtigte des Kl. eine begründete anwaltliche Stellungnahme nicht früher gefertigt habe. Die Fristversäumungen beruhten nicht auf der wirtschaftlichen Bedürftigkeit des Kl. oder seinem gesundheitlichen Zustand, sondern auf der schuldhaft verzögerten qualifizierten anwaltlichen Stellungnahme.

[10] b) Das kann die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags nicht rechtfertigen.

[11] aa) Nach der st. Rspr. des BGH ist ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und alles in seinen Kräften Stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann, bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der Einlegung oder Begründung des Rechtmittels verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen muss (BGH v. 26.11.1957 – VIII ZB 14/57, BGHZ 26, 99, 101 = VersR 1958, 31; v. 4.10.1990 – IV ZB 5/90, VersR 1990, 1369 f. = NJW 1991, 109, 110 m.w.N.; Senat v. 16.12.2014 – VI ZA 15/14, VersR 2015, 597 = NJW 2015, 1312 Rn 2). Wer die Kosten eines Rechtsmittels nicht aufbringen kann, darf wie ein anderer die Frist für die Einlegung oder Begründung des Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausnutzen, er darf also noch am letzten Tag der Frist die Entscheidung treffen, ob er das Rechtsmittel einlegen will, und braucht erst dann den allerdings vollständigen Antrag auf Prozesskostenhilfe einzureichen (BGH VersR 1990, 1369 f. = NJW 1991, 109 = juris Rn 10). (Erst) wenn das Hindernis der Bedürftigkeit entfallen ist, muss er mit der Ablehnung seines Antrags auf Prozesskostenhilfe rechnen.

[12] bb) So liegt es hier. Mit der Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers am 10.3.2016 entfiel das Hindernis der Bedürftigkeit, dessen Vorliegen der Kl. am letzten Tag der Berufungsfrist mit seinem Antrag auf Prozesskostenhilfe und den dazu eingereichten Unterlagen dargetan hatte. Soweit die von dem Betreuer des Kl. ausgefüllte Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Lücken im Hinblick auf den behinderungsbedingten Mehrbedarf des Kl. aufweist, durfte der Kl. auch bei der fehlenden Berücksichtigung des Mehrbedarfs angesichts der zu erwartenden Verfahrenskosten darauf vertrauen, ...

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