Es ist immer wieder erstaunlich, wie selbstverständlich Entscheidungen von Obergerichten die Auseinandersetzung mit entgegenstehender Rspr. übergehen und zudem sehenden Auges Dinge postulieren, die dogmatisch unrichtig sind. Zum einen fehlt hier völlig die Abgrenzung zu der jüngeren OLG-Rspr., die für den Fall der Regelgeldbuße über 250 EUR, auch bei Vorsatzverdoppelung, die Entbehrlichkeit von Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen propagiert (Nachweise bei Krenberger, zfs 2015, 65–70).

Zum anderen ist die Verknüpfung von prozessualen Rechten wie dem Anwesenheitsrecht aus § 73 OWiG und der Frage der durch das Gericht von Amts wegen zu treffenden Feststellungen zur Einkommensseite bei entsprechend hohen Geldbußen dogmatisch schlicht nicht möglich und wird weder durch den Hinweis auf die eigene Rspr. noch durch Verweisung auf anderweitige Entscheidungen, die sich nicht im Geringsten mit der Frage des Abwesenheitsverfahrens befassen (KG Berlin), besser (vgl. dazu OLG Frankfurt zfs 2015, 292, m. abl. Anm. Krenberger; OLG Koblenz zfs 2016, 652, m. abl. Anm. Krenberger).

Schließlich wird auch mit keinem Wort näher begründet, warum genau das OLG aus eigenem Ermessen heraus die Geldbuße auf 250 EUR herabsetzt. Die Vorstellung der Betr., welche Geldbuße angemessen sei, kann sicherlich kein ernsthaft belastbares Kriterium darstellen. Es wäre stattdessen durchaus angemessen gewesen, den § 28a StVG zu prüfen, anstelle eine derart drastische Absenkung, die einem Tatrichter mit der hier vorgenommenen knappen Begründung lustvoll um die Ohren gehauen worden wäre, vorzunehmen.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 8/2017, S. 468 - 469

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