1. Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.

2. Halter i.S.d. Straßenverkehrsrechts ist derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Dies ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt. Die Verfügungsgewalt übt derjenige aus, der Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann. Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis bzw. die Eigentümerstellung am Fahrzeug, vielmehr ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeugs ankommt. Allerdings kann die Frage, wer Eigentümer des Fahrzeugs ist und auf wessen Namen es haftpflichtversichert ist, wichtige, wenn auch nicht allein entscheidende Anhaltspunkte dafür ergeben, wer Halter des Fahrzeugs ist. Ebenso wenig ist derjenige zwingend Halter eines Fahrzeugs, auf den dieses zugelassen ist. Auch und gerade die Fahrzeugzulassung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Haltereigenschaft und kann bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall – insbesondere bei ungeklärten Verhältnissen – ausschlaggebende Bedeutung haben.

3. Ein Ermittlungsdefizit liegt nicht vor, wenn die Behörde bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Ordnungswidrigkeitenverfahrens aufgrund der für sie erkennbaren Umstände davon ausgehen darf, mit dem Zulassungsinhaber den (alleinigen) Halter des Fahrzeugs angehört zu haben.

4. Der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Eintragung in das Fahreignungsregister nach Ablauf bestimmter Fristen nicht mehr zur Grundlage für Beurteilungen des Täters eines Verkehrsverstoßes nach § 28 Abs. 2 StVG macht, ist ohne Bedeutung für die mit der Fahrtenbuchauflage verfolgte präventive Sicherstellung, dass künftig mit dem Fahrzeug des Halters begangene Zuwiderhandlungen aufgeklärt werden können. Die Tilgung von Eintragungen im Fahreignungsregister nach Ablauf bestimmter Fristen (vgl. § 29 StVG) ist ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Auferlegung eines Fahrtenbuchs.

(Leitsätze der Schriftleitung)

OVG NRW, Beschl. v. 7.2.2017 – 8 A 671/16

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