" … Die Bekl. ist jedenfalls deshalb von ihrer Eintrittspflicht frei geworden, weil der Kl. nach Eintritt des angeblichen Versicherungsfalls vertragliche Auskunftsobliegenheiten verletzt hat (Ziff. E.1.3, E 6.1 AKB; § 28 Abs. 2 S. 1 VVG):"

1. Der Kl. hat in den am 15.11.2014 unterzeichneten Schadensanzeigen falsche Angaben zum Vorhandensein von Vorschäden gemacht, indem er in den beiden ihm zur Beantwortung überlassenen Fragebögen die Fragen nach Vorschäden jeweils ausdrücklich verneinte, obschon dies nicht der Wahrheit entsprach. Dadurch hat er gegen die Auskunftsobliegenheit aus Ziff. E.1.3 AKB verstoßen.

a) Ziff. E.1.3 AKB verpflichtet den VN nach Eintritt des Versicherungsfalles dazu, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann, insb. Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Dazu gehört auch die Pflicht, den VR wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind. Es ist allgemein anerkannt, dass Fragen des VR nach Vorschäden zur Aufklärung sachdienlich und vom VN richtig und vollständig zu beantworten sind. … Denn frühere Schäden können, was allgemein bekannt ist, den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie – wie hier offenbar – repariert sind. …

aa) Vorliegend hat der Kl. die ihm gestellten Fragen objektiv unzutreffend beantwortet, indem er die Fragen nach Vorschäden sämtlich mit “nein' beantwortet hat. Denn unstreitig hatte das Fahrzeug im Jahre 2012 nicht nur einen Streifschaden in Folge eines “Ausparkunfalls' erlitten, von dem die Bekl. bei Bearbeitung des hiesigen Versicherungsfalles trotz der seinerzeit erfolgten Schadensmeldung nicht zwingend Kenntnis haben musste … , sondern darüber hinaus einen erheblichen Heckschaden aus Anlass eines Verkehrsunfalles, der durch einen SV mit Reparaturkosten in mittlerer vierstelliger Höhe kalkuliert worden war und der über einen dritten Haftpflichtversicherer abgerechnet worden war.

bb) Der Annahme, die Angaben des Kl. hätten nicht der Wahrheit entsprochen, steht im Streitfall nicht entgegen, dass der Kl. seine Antworten in dem “Ermittlungsbogen' um den handschriftlichen Zusatz “nicht bekannt' ergänzt und damit – nach seiner hier vertretenen Auffassung – relativiert hat, wovon auch das AG ausgegangen ist. Denn der Zusatz “nicht bekannt' ist vor dem Hintergrund, dass die Fragen nach Vorschäden ausdrücklich – und mehrfach – verneint wurden, aus der Sicht eines unbefangenen Lesers ganz im Gegenteil dahin zu verstehen (§§ 133, 157 BGB), dass die Angaben zur Nichtexistenz von Vorschäden “guten Gewissens' gemacht werden sollen und dadurch noch bekräftigt werden. Dem entspricht es, dass bei den Angaben in dem Fragebogen zum Vandalismusschaden hinsichtlich “nicht behobener Schäden' auf das “Gutachten Sachverständiger' verwiesen wird. Dieses Gutachten, das die Bekl. zur Akte gereicht hat, enthält als Angaben zu nicht reparierten Vorschäden nämlich nur den Hinweis auf “Lackschaden Stoßfängerecke vorne links, Delle mit Lackschaden an Seitenwand vorne rechts, allg. Gebrauchsspuren', und damit auf kleinere Lackschäden, die auf den Wert des Fahrzeugs erkennbar ohne Einfluss sind. Insb. der erhebliche Heckschaden aus dem Jahr 2012 wird darin nicht erwähnt. Die Verneinung der Frage nach Vorschäden verbunden mit einem Verweis auf das Gutachten enthält dadurch konkludent die Erklärung des Kl., andere Vorschäden seien an dem Fahrzeug nicht vorhanden. Das aber traf – wie gesehen – nicht zu.

b) Von der Unrichtigkeit seiner Angaben hatte der Kl. auch Kenntnis.

aa) In der Rspr. ist seit langem geklärt, dass in Fällen, in denen eine vertraglich vereinbarte, nach dem Versicherungsfall zu beachtende Obliegenheit an die Kenntnis des VN von einem bestimmten Umstand oder Ereignis anknüpft, ein bloßes “Kennenmüssen' nicht ausreicht, vielmehr positive Kenntnis erforderlich ist (BGH NJW-RR 2008, 1062). Die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalls mitzuteilenden Umstände gehört zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der VR zu beweisen hat. … Dass der Kl. selbst positive Kenntnis von den nicht offenbarten Vorschäden hatte, hatte die Bekl. erstinstanzlich nicht unter Beweis gestellt. Das AG hat gleichwohl gegenbeweislich die Ehefrau des Kl. als Zeugin vernommen. Diese hat bekundet, ihr Ehemann habe “wirklich nicht gewusst, dass an dem Fahrzeug Vorschäden eingetreten waren', bevor er es von ihr “übernommen' habe; sie selbst habe beide Schäden in einem Zug “machen lassen'. Das AG hat sich auf dieser Grundlage davon überzeugen können, dass die Ehefrau des Kl. diesem selbst zu keinem Zeitpunkt von den Schäden berichtet habe. Ob dem beizutreten ist, mag offen bleiben, weil es darauf nicht ankommt.

bb) Denn der Kl. muss sich als VN die unstreitig vorhandene und durch die erstinstanzliche Beweisaufnahme auch eindrucksvoll bestätigte Kenntnis seiner Ehefrau von den Vorschäden zurechnen lassen, weil dieser na...

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