Der Entscheidung ist voll zuzustimmen. Vor dem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass eine Gutachtensanordnung nicht isoliert mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, kann auf die strikte Einhaltung der vom Fahrerlaubnis-Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden. Nur eine solche Betrachtungsweise wird der "scharfen Sanktion des § 11 Abs. 8 S. 1 FeV" gerecht (vgl. auch OVG d. Saarl., Beschl. v. 14.6.2016 – 1 B 133/16, zfs 2016, 479). Diese setzt grds. eine vollständige und sowohl materiell als auch formell rechtmäßige Gutachtenanordnung voraus. Mit den in § 11 Abs. 6 S. 2 FeV geregelten Unterrichtungs- und Informationspflichten (in Verbindung mit der der Behörde in § 11 Abs. 6 S. 1 FeV auferlegten Verpflichtung, die Fragestellung für die Begutachtung konkret festzulegen) soll der betroffene Fahrerlaubnisinhaber in die Lage versetzt werden, sich frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob die an ihn gerichtete Gutachtensanordnung rechtmäßig oder – mit der Folge, dass er sich ihr verweigern kann, ohne die negativen Folgen des § 11 Abs. 8 FeV befürchten zu müssen – rechtswidrig ist (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 5.2.2015 – 3 B 16.14, Der Verkehrsanwalt 2015, 147). Zugleich soll er sich für den Fall der Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung auch darüber schlüssig werden können, ob er die mit einer Begutachtung regelmäßig verbundenen Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht und/oder sein Recht auf körperliche Unversehrtheit hinnehmen oder sich – mit der Gefahr, seine Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen – einer entsprechenden Begutachtung verweigern will (insg. dazu. Haus in Haus/Zwerger, Verkehrsverwaltungsrecht, 3. Aufl. 2017, § 15 Rn 43, 74 ff.). Liegt die Gutachtenanordnung im Ermessen der Behörde, so gilt es dies auch bei einer dabei anzustellenden Ermessensausübung zu beachten. Gerade auch die Begründung der Beibringensaufforderung muss dem Betr. eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt oder nicht. Dies gilt auch deshalb, weil mit der Entscheidung des Betr., ein von ihm gefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorzulegen, die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde mit Blick auf § 11 Abs. 8 S. 1 FeV eigentlich gefallen ist. Individuelle und am Einzelfall orientierte Ermessenserwägungen sind daher anzustellen und auch offenzulegen.

Klaus-Ludwig Haus

zfs 8/2017, S. 474 - 479

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