Die Entscheidung des OLG Frankfurt befasst sich mit einem Problem, das sich im Rahmen der zunehmenden elektronischen Kommunikation im Rechtsanwaltsbüro über den Bereich der Beratungshilfe hinaus täglich stellt. Die vom OLG Frankfurt vorgeschlagene Lösung ist praktikabel und m.E. noch mit dem Gebührenrecht vereinbar.

I. Begriff der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

Nach Nr. 7002 VV RVG kann der Rechtsanwalt eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen i.H.v. 20 % der Gebühren, höchstens jedoch i.H.v. 20 EUR berechnen. Werden Gebühren aus der Staatskasse gezahlt, sind diese nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 7002 VV RVG für die Berechnung der Höhe der Postentgeltpauschale maßgeblich. Was unter Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zu verstehen ist, definiert das RVG nicht. Deshalb kann insoweit auf die entsprechenden Spezialgesetze zurückgegriffen werden.

Unter einer "Postdienstleistung" versteht § 4 Nr. 1a) PostG die gewerbsmäßig erbrachte Beförderung von Briefsendungen. Dabei sind nach § 4 Nr. 2 S. 1 PostG Briefsendungen adressierte schriftliche Mitteilungen.
Unter einer "Telekommunikation" versteht § 3 Nr. 22 Telekommunikationsgesetz (TKG) den technischen Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen. "Telekommunikationsdienste" sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen.

Wenn auch diese Begriffsbestimmungen nach den genannten Vorschriften nur für das PostG bzw. das TKG gelten sollen, spricht viel dafür, dass diese Legaldefinition auch für die Bestimmung des Begriffes der "Post- und Telekommunikationsdienstleistungen" im RVG herangezogen werden können.

Damit stellt die Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze wie die von dem OLG Frankfurt genannte Übertragung per E-Mail, Skype, Videotelefonie oder Mobiltelefon eine Telekommunikationsdienstleistung auch i.S.d. RVG dar. Diese werden in der Regel auch gegen Entgelt erbracht, wie § 3 Nr. 22 TKD formuliert.

II. Begriff der Entgelte

Nach der bisherigen Rspr. erforderte die Berechnung der Postentgeltpauschale den Anfall zumindest eines einzigen Postentgeltes (s. OLG München JurBüro 1970, 242; LG Berlin JurBüro 1985, 1343). Das OLG Frankfurt hat darauf hingewiesen, dass diese Rspr. in der Zeit entstanden sei, in der es Flatrates nicht gab und für jeden einzelnen Telefonanruf genau gemessene Entgelte zu entrichten waren. Hieraus rührt auch die Einordnung z.B. von Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. Vorbem. 7 VV RVG Rn 10, wonach die Grundgebühr für den Fernsprecher, Fernschreiber und Internet unter die allgemeinen Geschäftskosten i.S.v. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG fällt, die mit den Gebühren des Rechtsanwalts mit abgegolten werden.

Das OLG Frankfurt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Art der Entgeltberechnung schon seit langem nicht mehr gilt. Die Telekommunikationsunternehmen berechnen in den allermeisten Fällen keine Grundgebühr und keine weiteren Entgelte für einzelne Gespräche, E-Mails usw. Vielmehr wird im Regelfall nur ein einziges Entgelt geschuldet, das sowohl den Betrieb der Telekommunikationsanlage als auch einzelne Gespräche usw., ggf. bis zu einer vertraglich vereinbarten Grenze, abdeckt. Dies hat zur Folge, dass die Benutzung eines Telekommunikationsmittels regelmäßig auch ein Entgelt auslöst. Dieses Entgelt wird wegen der vertraglichen Gestaltung mit dem Telekommunikationsdienstleister jedoch in der Rechnung nicht einzeln ausgewiesen. Diese Abrechnung von Telekommunikationsdienstleistungen führt jedoch nicht dazu, dass der Rechtsanwalt überhaupt keine Postentgeltpauschale berechnen kann (so aber AG Montabaur AGS 2011, 586 = JurBüro 2011, 474). Vielmehr hat dies lediglich zur Folge, dass der Anwalt die Berechnung eines konkreten Entgeltes im Einzelfall nicht gesondert darlegen kann.

Die vielfach übliche Abrechnung von Flatrates oder Pauschalbeträgen durch die Telekommunikationsunternehmen darf also den Blick nicht darauf verstellen, dass in dem Gesamtbetrag nicht nur ein Teilbetrag für die Bereitstellung der Telekommunikationsdienstleistungen enthalten ist, sondern auch ein Teilbetrag für Entgelte für die Nutzung des betreffenden Telekommunikationsmittels. Auch wenn bei Flatrates das einzelne Entgelt nicht mehr ausgewiesen wird, hat der Anwalt gleichwohl für die Nutzung des Telekommunikationsmittels Entgelte zu zahlen, die er lediglich nicht im Einzelnen aufzuschlüsseln vermag.

III. Auswirkungen auf die Anwaltsvergütung

Dies führt dazu, dass der Rechtsanwalt bei der vorgenannten Abrechnung mit den Telekommunikationsunternehmen kein Postentgelt nach Nr. 7001 VV RVG berechnen kann, da dies die Darlegung eines konkreten Entgeltes voraussetzt, was aus der gesetzlichen Formulierung "in voller Höhe" folgt. Jedoch hindert dies den Anwalt nicht, die in Nr. 7002 VV RVG geregelte Pauschale zu berechnen. Der Gesetzeswort...

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