Mit der von dem Geschädigten angezeigten Durchführung der Reparatur ist häufig nicht die Abwicklung des Schadensfalles durch den Haftpflichtversicherer des Schädigers gesichert. Vielmehr schließt sich häufig eine "Nachspielzeit" an, die zu prozessualen und sachlich-rechtlichen Änderungen des Schadensfalles führen kann.

1) Verlangt der Haftpflichtversicherer eine Nachbesichtigung des angeblich reparierten Fahrzeugs, wird der Geschädigte hierzu wenig geneigt sein und dies verweigern wollen. Er wird befürchten, dass die Haftpflichtversicherung die fachgerechte Durchführung der Reparatur in Zweifel ziehen wird und neuer Streit über die Zahlungspflicht der Haftpflichtversicherung entstehen wird, der schon längst beigelegt erschien. Grundsätzlich kann der Geschädigte die Einwilligung in eine Gewährung der Nachbesichtigung verweigern, da der Haftpflichtversicherer damit einen Eingriff in die Regulierungshoheit des Geschädigten plant, den dieser grds. nicht dulden muss. Als Herr des Restitutionsgeschehens kann er sich gegen diesen Eingriff wenden. Rechtsgrundlage für Besichtigungsrechte des Haftpflichtversicherers geben weder eine Schadensminderungspflicht des Geschädigten nach § 254 ff. BGB noch § 119 Abs. 3 S. 1 VVG her. Da die Prüfung der Schadenshöhe, die mit der Nachbesichtigung verfolgt wird, nicht zu einer Verminderung des Schadens führen kann, ergibt sich die Zubilligung eines Nachbesichtigungsrechts nicht aus § 254 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. Jaeger, VersR 2011, 50). Die für die Pflichtversicherung geltende Bestimmung des § 119 Abs. 3 S. 1 VVG billigt dem Haftpflichtversicherer gegenüber dem anspruchsberechtigten Geschädigten als Dritten ein Auskunftsrecht über das Schadensereignis und die Höhe des Schadens zu und damit gerade kein weitergehendes Besichtigungsrecht (Jaeger a.a.O.; a.A. AG Heilbronn DAR 2008, 90).

Andererseits kann nicht übersehen werden, dass dem Haftpflichtversicherer, der Leistungen an den Dritten zu erbringen hat, mit einer Versagung der Kontrolle der Berechtigung der Forderung des Geschädigten wesentliche und wirksame Verteidigungsmittel aus der Hand geschlagen werden.

Eine Rücksichtnahmepflicht des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer zur Lösung dieser Schwierigkeit der Regulierung ist damit angezeigt. Durch das Regulierungsverhältnis ist ein Schuldverhältnis zwischen dem geschädigten Dritten und der Haftpflichtversicherung begründet worden, das den Geschädigten zur Rücksichtnahme gegenüber dem Haftpflichtversicherer bei der Schadensfeststellung verpflichtet (vgl. BGH zfs 1984, 83; vgl. auch § 241 Abs. 2 BGB). Die Blankettvorschrift des § 241 Abs. 2 BGB kann durch Heranziehung des § 809 BGB in direkter Anwendung nicht in der Weise geschlossen werden, dass eine Besichtigung, des angeblich reparierten Fahrzeuges als Nebenpflicht angenommen wird. Das scheitert daran, dass ein Recht zur Besichtigung nach § 809 BGB nur bei einem Anspruch in "Ansehung der Sache" besteht, während es dem Versicherer darum geht, einen nach seiner Sicht unberechtigten Anspruch des Geschädigten abzuwenden (Jaeger, a.a.O.). Eine entsprechende Anwendung des § 809 BGB zur Konkretisierung der Verpflichtung zur Einwilligung in die Besichtigung erfolgt nach einer Abwägung der Interessen der Beteiligten (vgl. BGH NJW-RR 1986, 480; BGH NJW-RR 2002, 1617). Um das Recht des Geschädigten als Herr des Restitutionsgeschehens und damit sein Bestreben, alsbald den Schadensbetrag zu erhalten, zu sichern, darf ausnahmsweise nur dann eine Nachbesichtigung geschuldet sein, wenn der Versicherer sein berechtigtes Interesse hieran darlegt und nachweist (Jaeger, a.a.O). Begründete Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens und der Reparaturrechnung müssen nachgewiesen sein (BGH zfs 1984, 83).

Nur in Ausnahmefällen können Gründe für die Zubilligung eines nicht einklagbaren Rechts auf Nachbesichtigung angenommen werden. Als wichtige Fallgruppe wird die Besichtigung des unfallbeschädigten Fahrzeugs wegen des Verdachts der betrügerischen Geltendmachung von Unfallschäden angesehen (vgl. LG München I zfs 1991, 123; KG NZ 2010, 351; AG Rostock zfs 2000,151).

2) Die Gewährung der Nachbesichtigung (zu Ort, Zeit, Gefahr und Kosten vgl. Jaeger, a.a.O. S. 51) stellt eine Obliegenheit des Geschädigten dar, die bei Nichtvornahme für den Geschädigten lediglich prozessuale und materielle Nachteile begründet. Die Verweigerung der Nachbesichtigung zu Unrecht führt zu einem Wegfall der Fälligkeit (AG Heilbronn DAR 2008, 90) und kann zu einer Annahme der Beweisvereitelung mit der Folge der Beweislastumkehr führen (vgl. LG München zfs 1991, 123; LG Kleve zfs 1999, 239, 240; AG Rostock zfs 2000, 151, 152). Zur Indizwirkung für das Vorliegen eines manipulierten Unfalls bei verweigerter Nachbesichtigung vgl. auch KG NZV 2010, 351; OLG Koblenz VersR 2006, 523).

3) Folgt man der Auffassung des Gerichts über die erforderliche Detailierung der Reparaturbescheinigung durch den Sachverständigen, türmen sich für den Geschädigten große Hindernisse bei der Durchsetzu...

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