"Die Beschwerde gegen den … Beschl. des VG [VG des Saarlandes v. 27.4.2016 – 5 L 317/16] ist zulässig und begründet."

Die ASt. hält der auf § 11 Abs. 8 FeV gestützten Entziehung der Fahrerlaubnis in ihrer Beschwerdebegründung vom 11.5.2016 entgegen, dass bereits die ihr zugrunde liegende Gutachtenanordnung rechtswidrig sei. Diese basiere auf der nicht erwiesenen Annahme, sie habe mehrfach Betäubungsmittel zum Eigenkonsum via Internet bestellt. Von dem entsprechenden Tatverdacht sei sie schon vor Ergehen der Anordnung rechtskräftig freigesprochen worden. Die Anordnung entbehre damit in tatsächlicher Hinsicht einer tragfähigen Grundlage und habe ihrerseits nicht befolgt werden müssen.

Nach dem Ergebnis der im Eilrechtschutzverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die erhobenen Einwände nicht von der Hand zu weisen. Die auf § 11 Abs. 8 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken. Dies führt im Rahmen der Abwägung der beteiligten Interessen zum Erfolg der Beschwerde.

In der Rspr. ist seit langem geklärt, dass die Fahrerlaubnisbehörde aus der Weigerung eines Fahrerlaubnisinhabers, sich auf Fahreignung untersuchen zu lassen, bzw. aus der nicht fristgerechten Beibringung eines geforderten Eignungsgutachtens nur dann nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf, wenn die Anordnung der Untersuchung formell und materiell rechtmäßig, insb. anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, Urt. v. 9.6.2005 – 3 C 21/04, juris Rn 22 f. m.w.N.).

Die verfahrensgegenständliche Anordnung vom 2.12.2015, ein ärztliches Gutachten beizubringen, ist auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV gestützt. Die Vorschrift setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme begründen, dass Betäubungsmittel i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes eingenommen werden. Nach § 11 Abs. 6 S. 2 FeV hat die Behörde dem Betroffenen in der Gutachtenanforderung die Gründe für die Zweifel an seiner Fahreignung mitzuteilen. Erforderlich ist eine substantiierte Darlegung unter Angabe der Tatsachen, auf denen die Eignungszweifel beruhen (OVG Lüneburg, Urt. v. 18.4.2016 – 12 LB 178/15, Rn 22 m.w.N.). An die Begründung der Eignungszweifel sind strenge Anforderungen zu stellen, denn die Gutachtenaufforderung ist nicht selbstständig anfechtbar, weswegen dem Betroffenen – mit Blick auf die in § 11 Abs. 8 FeV vorgesehenen rechtlichen Konsequenzen – die Möglichkeit gegeben werden muss, sich frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Anordnung rechtmäßig ist (BayVGH, Beschl. v. 29.2.2016 – 11 ZB 15.2376, Rn 12, und v. 9.12.2014 – 11 CS 14.2217, Rn 22, jeweils m.w.N.). Die Beibringung eines Gutachtens darf nur aufgrund konkreter Tatsachen und nicht auf einen bloßen Verdacht hin “ins Blaue hinein’ verlangt werden. Ob ausreichende Tatsachen vorliegen, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BayVGH, Beschl. v. 3.9.2015 – 11 CS 15.1505, juris Rn 13). Diesen Anforderungen wird die Anordnung des AG vom 2.12.2015 nicht gerecht.

In den Gründen der Anordnung wird – ohne Angabe eines Az. – als Tatsache in den Raum gestellt, dass die ASt. laut einer polizeilichen Mitteilung vom 19.5.2015 unter ihrer Wohnadresse in mindestens drei Fällen via Internet Amphetamin, Marihuana und Ecstasy bestellt hat. Schon dies ist falsch. Denn es heißt in der besagten Mitteilung lediglich, dass die ASt. in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B-Stadt mit dem Az. 24 Js 2413/15 beschuldigt werde, entsprechende Bestellungen aufgegeben zu haben. Da der Anordnung keine Ablichtung der Mitteilung des Landespolizeipräsidiums beigefügt war, konnte die ASt. die aufgezeigte Diskrepanz zwischen dem Inhalt der Mitteilung und dessen Wiedergabe in der Gutachtenanordnung nicht erkennen und damit nicht nachvollziehen, welche Tatsachen Anlass zu den behaupteten Eignungszweifeln geben könnten.

Selbst den Hinweis des Prozessbevollmächtigten der ASt. vom 15.12.2015, sie sei in dem unter dem Az. 69 Cs 31 Js 586/15 (221/15) geführten Strafverfahren durch Urt. des AG B-Stadt vom 21.9.2015 von den nunmehr seitens des AG erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden, hat der AG nicht zum Anlass genommen, sich zunächst selbst Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen, sondern unbeirrt an seiner Anordnung festgehalten, wobei er der ASt. nunmehr “zum besseren Verständnis’ immerhin eine Kopie der polizeilichen Mitteilung zur Verfügung gestellt hat.

Eine so begründete Gutachtenanordnung wird weder in formeller Hinsicht den oben aufgezeigten Darlegungserfordernissen des § 11 Abs. 6 S. 2 FeV gerecht noch genügt sie den materiell-rechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV, wonach Tatsachen die Annahme eines Konsums sog. harter Drogen begründen müssen. Sie erging ohne eigene Erkenntnisse des AG zu den Hintergründen und damit der Berechtigung des in der polizeilichen Mitteilung formulierten Verdachts der Einnahme von Betäubungsmitteln. Ihre Aufrechterhaltung basiert auf der Annahme, die Mitteilung des Verdacht...

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