FeV § 46 Abs. 1; FeV Anl 4 Nr. 9.2.2

Leitsatz

1. Für eine gelegentliche Einnahme von Cannabis i.S.d. § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. 9.2.2 der Anlage 4 FeV genügt ein mehr als nur einmaliger, d.h. zumindest zweimaliger Konsum. Es bedarf also nicht der Feststellung eines fortlaufenden ununterbrochenen Konsums. Nach der Rspr. des Senats kann allerdings nicht jeder beliebig weit in der Vergangenheit liegende Drogenkonsum als Grundlage für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums herangezogen werden (vgl. Beschl. des Senats v. 4.12.2008 – 12 ME 298/08, juris; Beschl. v. 23.2.2009 – 12 ME 356/08 und v. 2.3.2012 – 12 ME 8/12). Der erfolgte Konsum muss vielmehr nach Gewicht und unter zeitlichen Gesichtspunkten von der Art sein, dass von einem gelegentlichen Konsum gesprochen werden kann. Eine aktuelle gelegentliche Cannabiseinnahme setzt einen inneren und zeitlichen Zusammenhang der Konsumereignisse voraus, wobei sich eine schematische Festlegung von Zeiten, nach deren Ablauf ein Cannabiskonsum im Rahmen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV unbeachtlich wird, verbietet.

2. Der Senat erachtet den Nachweis gelegentlichen Cannabiskonsums nicht schon i.d.R. dadurch als geführt, dass ein verkehrsauffällig gewordener Fahrerlaubnisinhaber zur Frage der Häufigkeit des Cannabiskonsums schweigt oder den erfolgten Konsum offensichtlich falsch darstellt (so aber wohl OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 2.3.2011 – 10 B 11400/10, DAR 2011, 279, juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 21.2.2007 – 10 S 2301/06, zfs 2007, 295, juris; vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 12.3.2012 – 16 B 1294/11 und v. 22.5.2012 – 16 B 536/12 –, jew. zit. nach juris).

3. Eine einmalige Einnahme von Cannabis führt auch dann nicht zur Fahrungeeignetheit, wenn zusätzlich Alkohol gebraucht worden wäre.

(Leitsätze der Schriftleitung)

NdsOVG, Beschl. v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12

1 Aus den Gründen:

“I. Die AG entzog dem ASt. mit Bescheid v. 30.11.2011 die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, bei dem ASt. liege ein Fahreignungsmangel i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11 bis 14 FeV vor. Er sei gelegentlicher Konsument von Cannabis und könne zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr nicht trennen. Dem Entziehungsbescheid lag zugrunde, dass der ASt. am 6.8.2011 ein Kfz unter dem Einfluss von Cannabis (2,6 ng/ml THC, 1,9 ng/ml THC-OH und 16 ng/ml THC-COOH) geführt hatte und auf Veranlassung der AG auf gelegentlichen oder regelmäßigen Cannabiskonsum untersucht worden war. Dem unter dem 26.9.2011 versandten verkehrsmedizinischen Gutachten des G. e.V. H. ist zu entnehmen: Der ASt. habe zum Betäubungsmittelkonsum angegeben, 2006 an einem Joint 2-3 Mal gezogen zu haben und danach nie wieder. Am 5.8.2011 habe er ein Glas Absinth getrunken, er habe kein Cannabis konsumiert und wisse nicht, wie es zu dem Befund gekommen sei. In der abschließenden Stellungnahme heißt es u.a., bei dem ASt. liege aktuell kein Cannabiskonsum vor, der die Fahreignung in Frage stellen könne. Es gebe Hinweis auf zumindest mehr als einmaligen bzw. gelegentlichen Cannabiskonsum.

Das VG hat die aufschiebende Wirkung der gegen den Entziehungsbescheid erhobenen Klage des ASt. (Aktenzeichen des VG: 7 A 10/12) mit dem im Tenor bezeichneten Beschl. wiederhergestellt. Zur Begründung hat das VG ausgeführt: Nach summarischer Prüfung sei die Entziehung der Fahrerlaubnis aller Wahrscheinlichkeit nach rechtswidrig. Zum einen stehe nicht hinreichend fest, dass der ASt. gelegentlich Cannabis konsumiere. Ein gelegentlicher Konsum sei anzunehmen, wenn Cannabis mindestens zwei Mal in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde. Die Konsumakte müssten nach Gewicht, unter zeitlichen Gesichtspunkten und nach ihrem Muster von der Art sein, dass von einem gelegentlichen Konsum tatsächlich gesprochen werden könne. Ob im Falle des ASt. ein gelegentlicher Konsum anzunehmen sei, sei nicht hinreichend geklärt. Vorliegend liege vermutlich ein zweimaliger Konsum vor, einmal 2006 im Alter von 17/18 Jahren und zum zweiten Mal vor der Fahrt im August 2011. Daraus folge zwar der Verdacht eines gelegentlichen Konsums. Er stehe aber nicht in der für eine Feststellung der Nichteignung erforderlichen Weise fest. Vor Erlass des angegriffenen Bescheids hätte die AG eine weitere Tatsachenaufklärung betreiben müssen. Sie hätte von § 14 Abs. 1 S. 3 FeV Gebrauch machen und dem ASt. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgeben müssen. Dies gelte auch dann, wenn man annehmen wollte, die Tatsachen betreffend die quantitative Gelegentlichkeit des Konsums seien bereits hinreichend ermittelt. Für diesen Fall gebiete der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die vorherige Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Abklärung des Konsummusters.

II. Die gegen den Beschl. des VG gerichtete Beschwerde der AG hat keinen Erfolg.

Die AG wendet mit ihrer Beschwerde ein: Entgegen der Annahme des VG sei im Falle des ASt. ein gelegentlicher Konsum gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, d...

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