I. Praktische Auswirkungen auf die anwaltliche Abrechnung

Die praktische Bedeutung der Entscheidung hinsichtlich zweier Probleme bei der Kostenerstattung von anwaltlichen Reiseauslagen kommt leider im amtlichen Leitsatz nicht so deutlich zum Ausdruck. Die Entscheidung betrifft die meisten als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte tätigen Anwälte, die umsatzsteuerpflichtig und damit gem. § 15 Abs. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die Entscheidung des BGH findet nur auf diejenigen Anwälte keine Anwendung, die unter den in § 19 Abs. 1 UStG aufgeführten Voraussetzungen als Kleinunternehmer nicht umsatzsteuerpflichtig sind und die auch nicht nach § 19 Abs. 2 UStG optieren.

Der somit im Regelfall umsatzsteuerpflichtige und vorsteuerabzugsberechtigte Anwalt hat in der Kostenberechnung gegenüber seinem Mandanten die von ihm gezahlten Reiseauslagen, wie Fahrtkosten für öffentliche oder private Verkehrsmittel, Parkgebühren oder Übernachtungsauslagen jeweils mit dem Nettobetrag zu berechnen. Die in dem Gesamtbetrag enthaltene Umsatzsteuer (7 % bzw. 19 %) ist somit herauszurechnen. Auf den Gesamtbetrag seiner Gebühren und seiner Auslagen hat der Anwalt dann nach Nr. 7008 VV RVG 19 % Umsatzsteuer zu berechnen.

Gelegentlich ist in der Praxis bezweifelt worden, ob 19 % Umsatzsteuer auch auf die Nettobeträge derjenigen Reiseauslagen zu berechnen sind, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen. Dies ist zu bejahen, obwohl der BGH dies nicht ausdrücklich erwähnt hat. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus der Regelung in Nr. 7008 VV RVG und dem in § 12 Abs. 1 UStG für die anwaltliche Tätigkeit bestimmten Umsatzsteuersatz von 19 %. Eine Ausnahme gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG, wenn die Leistung des Rechtsanwalts ein nach dem UrheberrechtsG geschütztes Werk darstellt, was bei Erstattung eines wissenschaftlichen Gutachtens der Fall sein kann; dann unterliegt der Vergütungsanspruch des Anwalts dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.

Demgegenüber ist auf die in den Bruttobeträgen der Reiseauslagen enthaltene Umsatzsteuer nicht Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG aufzuschlagen.

Die pauschalierten Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG enthalten bereits keine Umsatzsteuer, sondern sind Nettobeträge. Auf die gesetzlich bestimmten Nettobeträge ist nach Nr. 7008 VV RVG die Umsatzsteuer aufzuschlagen.

II. Einfluss auf die Kostenerstattung

Die Entscheidung des BGH wirkt sich auch auf den Kostenerstattungsanspruch des Mandanten aus.

Die in den Bruttobeträgen der Reiseauslagen enthaltene Umsatzsteuer kann der erstattungsberechtigte Auftraggeber in keinem Fall erstattet verlangen, weil deren etwaige Berechnung durch seinen Anwalt ihm gegenüber wegen der Vorsteuerabzugsberechtigung des Anwalts nicht notwendig ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Rechtsanwalt nicht optierender Kleinunternehmer ist, was von dem Mandanten darzulegen und im Streitfall glaubhaft zu machen wäre. Auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Auftraggebers selbst kommt es in keinem Fall an.

Die dem Auftraggeber von seinem Anwalt nach Nr. 7008 VV RVG sowohl auf die Netto-Gebühren als auch auf die Netto-Auslagen berechnete Umsatzsteuer kann der Auftraggeber vom erstattungspflichtigen Gegner nur unter den Voraussetzungen des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO erstattet verlangen.

III. Exkurs: Umsatzsteuer bei der Aktenversendungspauschale

Schuldner der vom Gericht berechneten Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG KostVerz., Nr. 2003 FamGKG KostVerz. oder § 107 Abs. 5 OWiG ist im Regelfall der Anwalt selbst, so BGH zfs 2011, 402 mit Anm. Hansens = RVGreport 2011, 215 (Hansens) = JurBüro 2011, 412 = AnwBl. 2011, 583. Der Anwalt schuldet demnach gegenüber der Justizkasse den ihm in Rechnung gestellten Nettobetrag der Aktenversendungspauschale i.H.v. derzeit 12 EUR persönlich. Auch hierauf berechnet der Anwalt seinem Auftraggeber nach Nr. 7008 VV RVG 19 % Umsatzsteuer, so BGH a.a.O. Die auf die Aktenversendungspauschale entfallende Umsatzsteuer gehört nämlich zur gesetzlichen Vergütung des Anwalts, die der Auftraggeber zu zahlen hat. Dies hat zur Folge, dass auch die Rechtsschutzversicherung des Auftraggebers Umsatzsteuer auf die Aktenversendungspauschale zu übernehmen hat, so BGH a.a.O. Der Auftraggeber erhält die auf die Aktenversendungspauschale entfallende Umsatzsteuer unter den Voraussetzungen des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO erstattet, wenn die Aktenversendungspauschale als solche überhaupt erstattungsfähig ist, was meistens der Fall sein wird.

Heinz Hansens

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